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Den ersten Stein

Den ersten Stein

Titel: Den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elliott Hall
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verstricken, als du es ohnehin schon bist«, sagte ich. »Ich bin vom Pech verfolgt.«
    »Ich auch. Wenn wir uns zusammentun, wendet sich unser Schicksal vielleicht«, meinte sie, aber keiner von uns beiden glaubte
     daran. Sie entzog mir ihre Hand und ging ins Schlafzimmer. Ich folgte ihr nicht.
    Ich breitete die Unterlagen des
Kreuzzugs
auf ihrem Couchtisch aus. Darin waren die moralischen Fehltritte des Thorpe-Clans mit einer Detailgenauigkeit verzeichnet,
     wie sie nur vom Buch des Lebens übertroffen werden könnte. Die Berichte endeten vor zwei Wochen und reichten Monate zurück.
     Privatdetektive hatten den Auftrag erhalten, beiden Männern zu folgen. Ihre Post war geöffnet und ihre Telefone und Handys
     waren abgehört worden. Jede Übertretung war katalogisiert und entsprechend dem Buch nummeriert worden, das ich im
Kreuzzugs büro
gesehen hatte. Vor einem Monat hatte Thorpe Junior auf Pferde gewettet, eine Frau um vorehelichen Sex gebeten und im Gespräch
     zehn Mal verschiedene Varianten des Wortes »Penis« verwendet. Es gab Hunderte von Seiten, die genauso detailliert waren. Ich
     widerstand dem Drang, einen Überfall auf Iris’ Hausbar zu machen.
    Nachdem ich eine Stunde lang Juniors Abenteuer in den Bars und Amüsierbetrieben der Stadt durchstöbert hatte, war die einzige
     Schlussfolgerung, zu der ich kam, dass ich ihn um sein Leben beneidete. Ich ging zum Vater über. Es gab gewiss irgendeine
     Geschäftsverbindung, die die Ermordung einer der führenden Erweckungsbewegungsvertreter des Landes zu einem Akt ökonomischen
     Selbstmords machte. Die meisten Unterlagen waren öffentlich zugängliche Finanzberichte, dieich schon beim ersten Mal gesehen hatte, als ich meine Nase in sein Leben steckte. Hier lagen sie beieinander und waren miteinander
     in Beziehung gesetzt, und ich begann, ein Gefühl für das schiere Ausmaß von Marcus Thorpes Reichtum zu entwickeln. Wenn man
     die Hunderte von Millionen beiseite ließ, die Thorpe in einem verschachtelten System von Nummernkonten in Übersee liegen hatte,
     besaß er zwei Häuser in New York City, zwei Privatjets, eine Flotte luxuriöser Wagen, vier weitere Häuser in Europa, drei
     in Asien und dieses palastähnliche Waldhaus in den Adirondacks.
    In den Unterlagen befand sich auch das mir bereits bekannte Foto von Thorpe und White, die mit den anderen Mitgliedern der
     Free Enterprise Foundation vor dem Waldhaus standen. Irgendetwas an dem Foto störte mich, und zwar nicht nur das zur Schau
     gestellte, beschissene Grinsen. Ich schaute genauer hin, betrachtete die Kleidung der Männer und das, was sie in den Händen
     hielten, alles, was die Ursache meiner Irritation sein könnte. Nichts war anders, als es zu erwarten war: teure Zigarren,
     uralter Whisky und ein geradezu toxisches Maß an Überheblichkeit. Ein Wunder, dass die Bäume es auf demselben Foto mit diesen
     Männern aushielten.
    Ich unterdrückte einen Schrei und dann einen Schwall von Flüchen. Die Bäume, die Thorpes Waldhaus umstanden, waren Kiefern,
     vielleicht Vertreter derselben Art, von der auch die Nadeln stammten, die auf Bruder Isaiahs Leiche gefunden worden waren.
     Ein rascher Abgleich im Internet bestätigte, dass es sich bei beidem um Weymouth-Kiefern handelte. Das war nebensächlich,
     aber die Wahrscheinlichkeit, dass es sich dabei um einen Zufall handelte, war nicht existent.
    Die anderen Auffälligkeiten, denen ich zwischendurch begegnet war, ergaben nun einen Sinn. Bruder Isaiahs Fahrer war nördlich
     von New York in seinem Wagen gefunden worden, zwischen der City und den Adirondacks. Die Stichwundendes Fahrers waren zu elegant für einen Straßenkriminellen und anders als alles, was man mir beim Militär beigebracht hatte.
     Sie waren das Werk eines Mannes mit tödlicher Geschicklichkeit, eines Kampfkunstprofis wie Mr Lim.
    Thorpe war also doch in Bruder Isaiahs Ermordung verwickelt. Iris hatte Recht, und wenn ich ihr das sagte, würde sie wahrscheinlich
     keine Ruhe geben, bis man sie umbrachte.

Der Tag der Ruhe
    Ich war den größten Teil der Nacht durchgefahren und hatte die Interstate Nord in die Wälder von New York State genommen.
     Mein Führerschein war mir wegen des Syndroms entzogen worden, daher hielt ich mich an die Geschwindigkeitsbeschränkung und
     fuhr wie eine Nonne. Ich konnte mir keine Begegnung mit der Autobahnpolizei leisten.
    In den Unterlagen des
Kreuzzugs
war die Lage des Waldhauses verzeichnet gewesen, aber es befand sich am Ende einer

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