Den Jakobsweg erfahren
selten anzutreffen. Da lobe ich mir die Tabac-Läden. Da gibt es (fast)
alles. Das Frankieren kostet 0,70 €.
Kurz vor dem „Zieleinlauf“ am Ende
des Tages wartet die Strecke noch mit einigen giftigen Bergwertungen auf, die
bei heißem Wetter im kleinsten Gang gemeistert werden. Wir sind klatschnass.
In Leon lassen wir uns in der Albergue
Municipal nieder. Die liegt etwa 1,5 Kilometer vom Stadtkern entfernt. In
unmittelbarer Nähe befindet sich die Bereitschaftspolizei. Um Sicherheit
brauchen wir uns darum wohl keine Sorgen machen. Die Herberge selbst könnte
früher ein Teil dieser gewesen sein. Die Fahrräder finden im Ständer draußen
noch so gerade einen Platz. Es sind wohl etliche Leute oder Pilger per Rad
hier. Die Herberge ist im zweiten Stockwerk untergebracht und es gibt zum Glück
einen, wenn auch kleinen, Fahrstuhl. So muss zwar einer etwas warten, denn mit
Gepäck passen wir drei unmöglich zugleich hinein, aber das ist allemal
bequemer, als mit den Fahrradtaschen, Schlafsack und Isomatte die Treppe
hochzulaufen.
Hier gibt es richtige Zimmer mit
je 8 Betten (4 Hochbetten). Und Steckdosen sind auch reichlich vorhanden. Heute
sind wir die ersten in dem uns zugewiesenen Raum. Wir machen uns in den unteren
Betten breit, denn wir wollen ja noch in die Stadt Tapas essen (;-)). Wir
machen uns rein und weil meine Radlerklamotten, meiner Meinung nach, schon
wieder muffen, wasche ich sie in dem großen Waschraum noch schnell durch. Hier
gibt es sogar Trockenständer. Die nassen Sachen hänge ich da auf und bin schon
ein wenig gespannt, ob sie morgen noch da sind.
Ein kroatischer Pilger hat sich
während essen auf unser Zimmer eingefunden. Ein junger Bursche, der gut
Englisch spricht und total fertig ist. Ich versuche, ihn zu locken, mit uns zu
kommen, aber er winkt lachend ab. Heute ist das DFB-Pokal Endspiel FC Bayern
gegen Dortmund. Mit etwas Glück können wir das in einer Sportsbar sehen. Siggi
und ich haben schon das Bayern-München-Shirt an, Timo, als bekennender HSV –
Fan, das Hemd seines Vereins und dann geht es mit einem Stadtplan, den wir an
der Rezeption der Herberge bekommen, in die City.
Nach einer gefühlten halben Stunde
erreichen wir die Innenstadt. Wir machen zunächst eine mit elektronischem
Touristenguide in deutscher Sprache geführte Besichtigung der monumentalen
Kathedrale. Am Vorplatz werden wir von einer Luxemburgerin um Geld angebaggert.
Sie sei beklaut worden und möchte von uns Bares, um wieder nach Hause zu
kommen. Als wir nachhaken, wird sie pampig und geht. Die Geschichte war zu
wenig glaubhaft, darum gab es kein Geld.
Danach widmen wir uns dem
leiblichen Wohl. Als wir uns auf die Terrasse eines Lokals setzen, bemerken
wir, wie eine relativ große Demonstration mit erheblicher Polizeipräsenz auf
dem Vorplatz der Kathedrale abgehalten wird. Die Teilnehmer sind mit
Transparenten ausgestattet und skandieren laut irgendwelche für uns nicht
verständlichen Parolen. Nach einer knappen Stunden löst sich die Demo auf und
Ruhe kehrt wieder ein. So wenden wir uns dem Wein und Tapas zu. Als wir die
dritte oder vierte Gaststätte angesteuert haben, wir sitzen natürlich draußen,
kommt eine „Horde“ junger Männer auf uns zu. Im letzten Moment denke ich, dass
wir eine Abreibung bekommen, weil wir ja kein Real Madrid oder Barca Shirt
tragen. Weit gefehlt. Wir werden in die Arme genommen, man macht Fotos mit uns
und findet sogar lobende Worte für unsere Vereine. Der eine oder andere kennt
sogar einige Spieler und dann müssen sie weiter.
Wir finden schließlich eine
Gaststätte, in der außer uns nur zwei Frauen tuschelnd an der Theke sitzen,
aber hier können wir Fußball gucken. Das Spiel verläuft aus unserer Sicht nicht
so toll. Dortmund gewinnt mit 5:2. Egal. Dann wird Bayern eben Meister.
Weiter geht’s in die nächste
Kneipe und in die nächste und so weiter. Ziemlich zum Ende unsere Tour finden
wir eine schmale Gasse, in die wir noch mal hineinsehen wollen. Hier herrscht
das pure Leben. Als wir entdeckt werden, findet eine umfangreiche
Verbrüderungsaktion mit der spanischen Jugend Leons statt. Nach etlichen
weiteren feucht-fröhlichen Minuten müssen wir aber doch gehen. Es wird Zeit.
Morgen ist auch noch ein Tag und überhaupt.
Wir sind froh, wieder in der
Herberge zu sein. Die Radlersachen im Waschraum sind beinahe trocken und unser
Mitpilger schläft selig. Wir krabbeln leise in unsere Schlafsäcke und dann
fällt die Klappe.
57 gefahrene km, gesamt 2264,8
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