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Den lass ich gleich an

Den lass ich gleich an

Titel: Den lass ich gleich an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Berg
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es aus einem Kleidercontainer vom Roten Kreuz gezogen. Was du mit deinen Haaren anstellst, ist mir sowieso ein Rätsel.«
    Lulu schaute zur Decke. Bis jetzt hatte sie alles hingekriegt. Sie hatte aufreibende Jahre hinter sich, hin- und hergerissen zwischen Jobs und Mutterpflichten. Und sie war stolz darauf, dass Lotte nie zu kurz gekommen war. Ihre Tochter war ein fröhliches, ausgeglichenes Kind, das sagten sogar ihre Lehrer. Doch jetzt war Lulu an einen Punkt gekommen, an dem sie nicht mehr weiterwusste.
    Sie wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Wie lange sollte sie denn noch warten, bis ein Mann in ihr Leben passte? Bis Lotte achtzehn war? Dann war sie selbst über fünfzig. Musste sie sich etwa damit abfinden, dass die nächste Affäre im Seniorenheim stattfinden würde? Und würde jemals ein Mann etwas anderes in ihr sehen als den burschikosen Kumpel?
    »Du tust mir leid, Kind«, sagte Gill mit ungewohnter Sanftheit. »Ich hätte dich besser in Ruhe gelassen heute Abend. Aber ich war so unsicher, weil Lotte geweint hat …«
    Lulu machte eine abwehrende Handbewegung.
    »Es war ein Fehler«, fuhr Gill fort. »Und ich mache ihn wieder gut. Von nun an komme ich öfter. Du wirst sehen, Lotte gewöhnt sich schon noch an mich.«
    Wie war das? Noch nie hatte Gill einen Fehler eingeräumt, die selbstgewisse Mrs. Perfect.
    »Lass es gut sein, Mutter. Wir hatten beide eine lange Nacht. Und morgen früh muss ich eine neue Kampagne fotografieren. Wir können ein andermal darüber reden.«
    Nachdenklich sah Gill zu, wie Lulu ihr Weinglas in die Spüle stellte. »Ich meine es ernst. Auch das mit dem Urlaub.«
    »Schade, aber den kann ich mir nicht leisten.«
    »Überlass das mal mir.«
    Gill stand auf und machte einen Schritt auf Lulu zu. Sie zögerte einen Moment, dann nahm sie ihre Tochter in die Arme. Das hatte sie lange nicht mehr getan. Steif ließ Lulu es über sich ergehen. Ein Schluchzen stieg in ihrer Kehle hoch. Sie war völlig ausgebrannt, so sehr, dass sogar Gill es gemerkt hatte.
    »Alles wird gut, glaub mir«, sagte Gill.
    Lulu nickte, auch wenn sie wusste, dass absolut gar nichts gut werden würde. Jedenfalls nicht, bevor sie Pflegestufe drei erreichte.
    Sie wartete, bis die Haustür hinter ihrer Mutter ins Schloss gefallen war, dann schleppte sie sich ins Wohnzimmer. Wie ferngesteuert öffnete sie ihren Laptop. Die Herzchen schwebten in alle Richtungen davon. Mutter sucht Schraube. Selten so gelacht. Sie klickte ihr Profil an.
    Sie haben null Flirtmessages .
    »Kind und Kerl, das funktioniert einfach nicht«, schluchzte sie. Das war’s also. Der heutige Abend markierte den absoluten Tiefpunkt ihres Lebens. Schlimmer konnte es kaum noch kommen. Sie hatte ein für alle Mal eine Abfuhr erhalten, als Frau, als Fotografin, und sie musste dringend etwas ändern. Aber was?
    Dann überwältigte sie der Schlaf so schnell, als hätte ihr jemand eine dunkle Decke über den Kopf gezogen. Aus der Tiefe des Raums tauchten grinsende Kellnerinnen auf, die sie mit Champagner überschütteten, während Mike mit Papierknödeln Fußball spielte. Nun erschien auch noch Gill, in ein rabenschwarzes Tuch gewandet, und tanzte um sie herum.
    Schweißgebadet wachte Lulu auf. Unbarmherzig hell schien die Sonne auf das Sofa, die Uhr zeigte Viertel nach sieben. Sofort lief sie ins Kinderzimmer, wo sich ihr ein Bild des Friedens bot: Lotte kämmte gerade ihre Lieblingsbarbie und summte bestens gelaunt vor sich hin. Nichts deutete darauf hin, dass sie noch am Abend zuvor sterbenskrank gewesen war.
    Lulu strich ihr über das Haar. »Guten Morgen, mein Herz! Was macht der Bauch? Willst du heute lieber zu Hause bleiben?«
    »Wieso denn?«, erwiderte Lotte. »Wir machen heute einen Ausflug. In den Zoo. Den darf ich nicht verpassen.«
    So schnell ging das. Aber so war das immer mit Lotte. Gestern noch die Drama Queen, heute schon wieder quietschfidel.
    »Was war denn gestern Abend los?«, fragte Lulu. »Wieso war dir so schlecht?«
    »Weiß nicht«, antwortete Lotte. »Oma ist komisch.«
    Das fand Lulu auch. Obwohl sie seit dem gestrigen Abend etwas freundlicher über ihre Mutter dachte.
    »Na, wenn du in den Zoo möchtest, müssen wir uns beeilen«, sagte Lulu. »Katzenwäsche mit Zähneputzen, weiches Ei, Brötchen auf die Hand?«
    »Aye, aye, Käpt’n!«, rief Lotte.
    Inzwischen war es fünf vor halb acht. In Windeseile kochte Lulu ein Ei für Lotte, knipste die Espressomaschine an, stellte einen neuen persönlichen Rekord im

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