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Den lass ich gleich an

Den lass ich gleich an

Titel: Den lass ich gleich an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Berg
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wurde das Seelenheil der Gäste großgeschrieben. Giuseppe, der Besitzer, hatte Lotte quasi adoptiert. Nie verließ sie das Café ohne eine Extraportion Eis. Entkräftet schlich Lulu am Tresen vorbei. Giuseppe winkte ihr zu und schickte ein »Ciao, bella!« hinterher.
    Sie winkte zurück, dann rieb sie sich die pochende Stirn. Ihre Beine waren so wackelig wie das Mobiliar des Piccolo Mondo, ihr Magen rumpelte wie eine Kläranlage, und der Gedanke an ihre Ohnmacht trieb ihr einmal mehr die Schamröte ins Gesicht.
    Ihr Auftritt war oscarreif gewesen. Nur, dass es sich leider nicht um hohe Schauspielkunst gehandelt hatte, sondern um den schlimmsten Systemausfall, an den Lulu sich erinnern konnte. Sie war einfach auf den Boden des Studiosgebrettert wie ein Cowboy, den es beim Showdown erwischte. Philipp hatte sogar den Notarzt geholt, der einen Kreislaufkollaps diagnostiziert und strenge Bettruhe verordnet hatte. Aber Bettruhe konnte sie sich nicht leisten.
    Schon von weitem erkannte sie Sabrina, die Lotte von der Schule abgeholt hatte. Ihre rote Mähne leuchtete wie ein Feuerwehrauto. Sie war genau der Typ Frau, nach dem sich die Männer umdrehten. Und der Typ Frau, der das in vollen Zügen genoss. Im Moment hatte sie jedoch nur Augen für Lotte. Konzentriert gruben sich die beiden durch ein Gebirge aus Eis, Sahne und Schokosauce.
    Lulu hatte Sabrina bei einem Fotoshooting kennengelernt. Sie modelte manchmal zum Spaß, nebenher betrieb sie einen Blumenladen. Großen Ehrgeiz besaß sie allerdings nicht, denn ihre Eltern hatten ihr ein kleines Vermögen vererbt, das ihr alle Freiheiten bescherte, die man sich nur wünschen konnte.
    Ächzend ließ Lulu sich neben Sabrina und Lotte auf eines der Stühlchen sinken. Sabrina war ihre beste und im Grunde auch ihre einzige Freundin. Mit ihr konnte man Klartext reden. Genau das brauchte Lulu jetzt.
    »Oha!« Sabrina kniff die Augen zusammen. »Du siehst aus, als hätte dich ein Laster überfahren. Ist da noch Leben in den Ruinen?«
    »Mama hat geknu-hutscht«, grinste Lotte. »Sie ist erst mitten in der Nacht nach Hause gekommen!«
    »Ach nee …«
    Sabrina durchbohrte Lulu mit ihrem Blick. Wieso wusste ich nichts davon?, sprach aus ihren Augen. Warum war ich nicht eingeweiht? Wie? War? Er?
    Unterdessen hatte Lotte ihre Eisportion verschlungen. »Darf ich nach draußen, auf den Spielplatz?«, fragte sie und rannte davon, ohne eine Antwort abzuwarten.
    Amüsiert lehnte Sabrina sich zurück und verschränkte die Arme. »Erzähl schon, war es einer aus dem Internet? Ist er der Märchenprinz? Habt ihr euch wirklich geküsst?«
    Lulu seufzte tief. »Satz mit X: War wohl nix. Der Märchenprinz hat mich zum Essen eingeladen und dann auf sein Schloss entführt.«
    »Klingt doch zum Angewöhnen.«
    »Leider nicht. Meine Mutter hat mir dauernd SMS geschickt: Lotte hat Bauchschmerzen, Lotte spuckt, Lotte weint. Als ich es ihm erzählte, verwandelte sich der Prinz in einen bösen, hässlichen Frosch. Er fand mich unprofessionell! Es war nämlich gar kein Date. Der wollte mich nur abwerben. Und«, Lulu unterdrückte ein Schluchzen, »er hat gesagt, eine wie mich würde er nicht mal anrühren, wenn ich die einzige Frau auf einer einsamen Insel wäre!«
    Giuseppe trat an ihren Tisch. Er war so rund wie seine Eiskugeln und hatte die Gabe, wie ein Therapeut mitten in die Seele seiner Gäste zu sehen. Besorgt musterte er Lulu und stellte drei Gläser Prosecco auf den Tisch. Dann setzte er sich und erhob sein Glas.
    »Auffe dasse Leben«, sagte er.
    »Und auf die Liebe«, ergänzte Sabrina.
    Lulu sagte nichts. Weder das Leben noch die Liebe waren für sie geschaffen.
    »Unsere Freundin ist ein bisschen deprimiert, weil es mit den Männern nicht klappen will«, erläuterte Sabrina die Situation.
    Giuseppe rollte mit den Augen. Er kannte sich aus mit Gemütsverstimmungen aller Art.
    »Bei Liebeskummer iche empfehle Pistacchio«, erklärte er schlicht. »Bella Lulu, biste du jung, biste du hübsch, klappte schon noch.«
    »Sieht leider nicht danach aus, aber gut, dann bitte Pistazie, und zwar figurfreundlich, mit viel Sahne«, erwiderte Lulu. »Danke, Giuseppe.«
    Während der Wirt sich erhob, drehte Sabrina ihr Glas zwischen den Fingern hin und her und schlug die Beine übereinander. Sie trug eine hautenge Jeans mit einem Nietengürtel, dazu eine weit ausgeschnittene gelbe Seidenbluse. Kummerspeck hatte sie nicht. Wie auch? Ihr einziges Problem bestand darin, eine ganze Handvoll attraktiver Männer

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