Den lass ich gleich an
abzuholen.
Alex, dachte sie. Was für ein schöner Name. Der schönste Name der Welt. Und wo war der Haken? Es musste einen Haken geben, es gab immer einen. An genau dem hing siejetzt. Doch sosehr sie sich auch den Kopf zerbrach, noch deutete nichts auf irgendwelche Sollbruchstellen hin. Sie hatten sich sogar für den nächsten Tag am Strand verabredet. Lulu zählte innerlich schon die Stunden.
Als sie in ihrem Zimmer ankamen, huschte sie als Erstes ins Bad. Was sie dort im Spiegel sah, war der Super-GAU. Ihre Haut leuchtete purpurfarben wie ein Pavianpo. Ihr Haar war vom Salzwasser verkrustet. Unter den Augen zeichnete sich das typische Waschbärmuster verlaufener Wimperntusche ab. Und dieser Notfall hatte einen Urlaubsflirt?
Nun piepste auch noch das Handy, das sie neben dem Bett liegengelassen hatte. Drei SMS waren gekommen.
Die erste war von ihrer Mutter. Lulu, warum meldest du dich nicht? Seid ihr gut angekommen? Wie ist das Hotel?
Die zweite stammte von Philipp. Häng richtig ab und mach jede Menge Dummheiten, Miss Sunny Beach! Schönen Urlaub wünscht Dein Therapeut.
Die dritte hatte Sabrina geschrieben. Süße, tu nichts ohne mich. Falls Du Dich verliebst, schick mir eine SMS !
Gedankenverloren löschte Lulu die Nachrichten. Ob sie Sabrina über Alex informieren sollte? Besser nicht. Sie brauchte keine Tipps und Tricks, denn alles hatte sich von selbst ergeben. Und bis auf ihre Notlüge fühlte es sich gut an, wie es war. Immerhin schrieb sie ihrer Mutter eine SMS: Sind gut angekommen, tolles Hotel, tausend Dank.
Das musste fürs Erste reichen. Jetzt wollte sie nur noch träumen. Von ihm. Von den Wassertropfen, die über seine Brust perlten. Von seinen grünen Augen, in denen sie fürimmer versinken wollte. Von seinem Blick, der verriet, dass er im Gegensatz zu anderen Männern die Frau in ihr entdeckt hatte. Sie ließ sich aufs Bett fallen. So war es also, wenn ein Mann Interesse zeigte. Lass es nie wieder aufhören, bat sie stumm.
»Ich habe Hunger!«, rief Lotte, die währenddessen den Wasserhahn der Badewanne aufgedreht hatte und geräuschvoll planschte. »Wann gehen wir nach unten?«
Ach ja. Es gab noch Menschen, die so etwas wie Appetit hatten. Lulu stand vom Bett auf und ging ins Badezimmer.
»Gleich gibt es was zu essen, mein Schatz.«
Auf lärmende Familien hatte sie allerdings überhaupt keine Lust.
»Ich bin todmüde, wir könnten was aufs Zimmer bestellen«, schlug sie vor. »Eine Pizza vielleicht. Eine riesengroße! Was hältst du davon?«
»Nix«, antwortete Lotte ohne Zögern. »Gar nix! Die anderen Kinder essen auch unten. Und danach will ich in die Kinderdisco.«
Hatte Lulu das Recht, Lotte den Urlaub zu verderben? Natürlich nicht. Es war schlimm genug, dass sie dieses Kind heute schnöde verleugnet hatte.
»Also gut«, gab sie nach. »Ich dusche, du ziehst dich an, und dann machen wir Jagd aufs Essen.«
Als sie im Speisesaal ankamen, wich Lulu unwillkürlich zurück. Lautstarkes Stimmengewirr schlug ihnen entgegen. Das Gedränge war noch dichter als am Morgen, alle Tischewaren voll besetzt. Am Buffet tobte ein Krieg, als hätte es seit Tagen nichts zu essen gegeben. Die Köche kamen kaum nach. Alles wurde ihnen aus den Händen gerissen: Berge von Brathähnchen und Schnitzeln, ganze Wagenladungen Nudeln, riesige Kuchenplatten.
Lulu hatte sich gerade in die Schlange vor dem Buffet eingereiht, als ihr jemand auf die Schulter tippte. »Na, gut gebräunt?«
Sie drehte sich um und blickte in das triumphierende Gesicht von Fusselbart, der einen Teller voller Schweinenackensteaks schwenkte.
»Ich habe einen Tisch für uns reserviert«, verkündete er bestens gelaunt.
Lulu widerstand der Versuchung, ihn mit einem treffsicher platzierten Brathähnchen zum Schweigen zu bringen.
»Furchtbar nett«, murmelte sie. »Ein andermal vielleicht. Wir suchen uns einen eigenen Tisch.«
»Fehlanzeige«, widersprach Fusselbart. »Wer nicht um sechs hier ist, muss im Stehen essen. Ich war sogar schon um halb sechs da und habe drei Stühle mit Handtüchern belegt. Na, was sagen Sie nun?«
Also war dieser Typ auch noch ein Handtuchterrorist. Unüberwindliche Abneigung kroch in Lulu hoch. Dem muss man mal zeigen, wo der Hammer hängt, dachte sie. Jetzt sage ich ihm gepflegt die Meinung. Doch Lotte kam ihr zuvor. »Komm schon, Mama, wir nehmen den Tisch. Ich habe schrecklichen Hunger. Und wenn wir nicht bald essen, verpasse ich die Disco!«
Im Handumdrehen landeten sie an einem winzigen Tisch
Weitere Kostenlose Bücher