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Den letzten Abschied selbst gestalten

Den letzten Abschied selbst gestalten

Titel: Den letzten Abschied selbst gestalten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalena Koester
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sie gab und sich dann bewusst auf ihr Ende vorbereitet. Mit meinem Vater und uns drei Kindern zwischen 17 und 25 Jahren hat sie ganz offen über alles gesprochen. Bevor sie ins Hospiz kam, gab sie mir als Ältester eine ganze Liste von Freunden, die sie noch einmal sehen wollte. Ich musste also sehr vielen Leu- ten mitteilen, dass meine Mutter sterben würde, und mich so zwangsläufig mit ihrem Tod auseinandersetzen. Es war manchmal sehr hart, aber ich gewöhnte mich langsam an den Gedanken. Hilfreich war, dass ich drei Monate Verlängerung für meine Diplomarbeit bekam und mich dadurch ganz auf meine Mutter konzentrieren konnte. Tag für Tag empfing Mama dann Besuch im Hospiz, sprach über gemeinsame Erinnerun-gen und sagte allen Lebewohl. Ihren Abschied hat sie weit-gehend allein gestaltet, sie hat eine Rede geschrieben, Musik herausgesucht und mit dem Bestatter über den Ablauf gesprochen. Sie wünschte sich auch von meinem Vater, der Schreiner ist, einen selbstgebauten Sarg, aber das hat er nicht übers Herz gebracht.
    An ihrem letzten Abend waren wir alle bei ihr, mein Vater spielte Harmonium, als sie starb. Sie ist nur 51 Jahre alt geworden. Wir haben meine Mutter zusammen mit der Betreue-rin gewaschen, ihr Bruder kam dazu, wir haben Kerzen angezündet und Vater spielte immer wieder ein bisschen. Anfangs sah meine Mutter sehr schön aus, aber sie veränderte sich nach und nach in den zwei Tagen, an denen wir abwechselnd bei ihr saßen. Die Mitarbeiter des Hospizes haben alles getan, um uns diesen geschützten Rahmen zu ermöglichen.
    Zum Abschied kamen 130 Menschen in die Aussegnungshalle des Krematoriums. Über dem Sarg war ein regelrechtes Dach aus Blumen aufgebaut, daneben stand ein großes Foto meiner strahlenden Mutter im gleichen orangefarbenen Kleid, das sie auch im Sarg trug. Jeder konnte in Körbe mit Rosenblättern greifen und Blüten über den Sarg werfen. Die Besucher waren gebeten worden, selbst keine Blumen oder Kränze mitzubringen, sondern lieber etwas für die Ausbildung von uns Kindern zu spenden. Am Anfang und Ende der Feier gab es Livemusik von Mutters Meditationsgruppe, die auf ihren Sitars und Tablas spielte. Dann redeten ein Freund von uns, ihre Chefin und eine Freundin, die den Text meiner Mutter vortrug. Zum Schluss las ich einen Auszug aus der Bhagavadgita vor, ›Es gibt keinen Tod – was lebt, das lebt für immer‹, sehr tröstliche Worte über unseren unsterblichen Geist, der vom Tod unberührt bleibt.
    Später haben wir dann den Umweg über die Schweiz gewählt, um die Asche unserer Mutter zurückzubekommen. Wie sie es sich gewünscht hat, versammelten wir uns in der abendlichen Dämmerung an einer schönen Flussstelle und verteilten den größten Teil ihrer Asche über dem Wasser. Einen kleinen Teil werden wir nächstes Jahr mit nach Indien nehmen und dem Ganges anvertrauen. Uns geht es allen gut, so weit man das nach dem Tod des allernächsten Menschen sagen kann. Aber wir haben mit der Trauerarbeit schon vor ihrem Tod begonnen, das hat Mama und uns vieles erleichtert.«
    »Sobald andere eingriffen, wurde es furchtbar« Cornelia*, 62 Jahre
    »Vieles, was wir selbst organisieren konnten, ist sehr gut und stimmig gelaufen nach dem Tod meines Mannes. Die letzte Nacht mit ihm zu Hause, später die Klavier- und Cellostücke unserer Freunde und die Rede meines Schwagers in der Aussegnungshalle, die schönen und positiven Gedichte unserer Kinder am Grab, auch der Spaziergang bei schönstem Wetter mit Freunden und Verwandten durch den Park zum gemeinsamen Essen.
    Aber sobald andere eingriffen, wurde es furchtbar. Als die Leute des städtischen Bestattungsunternehmens meinen Mann abholten, zogen sie ihm als erstes die Schuhe aus, ohne mir zu erklären, dass die nicht mit ins Grab dürfen. Warum eigentlich nicht? Waren doch Lederschuhe! Weil mir so elend war, ›erlaubten‹ sie mir immerhin, mich noch einmal kurz von ihm zu verabschieden, und warteten vor der Tür. Am schlimmsten aber ging es auf dem Friedhof zu. Dort herrschte ein durch-gehend rauer Ton und es wurde uns absolut nichts von den Abläufen erklärt. Wir hatten meinen Mann zuletzt in der dortigen Kühlkammer besucht und trafen uns zur Beerdigung dann auch dort, weil wir annahmen, wir gingen mit ihm gemeinsam in die Aussegnungshalle. Aber er war weg und wir irrten nervös umher, bis wir den Sarg aufgebahrt in der Halle fanden, geschmückt mit dem falschen Kranz, einem fürchterlich bombastischen Ding mit schwarzer Schleife

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