Den letzten Abschied selbst gestalten
von einem Bekannten. Dabei hatten wir doch so ein schönes Gesteck machen lassen! Ich habe später bei der Gärtnerin nachgefragt, wie das passieren konnte. Sie hatte pünktlich geliefert und die richtigen Anweisungen gegeben, aber sie meinte, die Leute auf dem Friedhof würden ganz oft einfach den größten Kranz nehmen oder die Gebinde vertauschen. Je prunkvoller, je lie-ber, glauben offenbar viele dort. Wir hatten in der engen Halle mit all den Freunden und Musikinstrumenten jedenfalls keine Chance mehr, noch irgendwas zu ändern und waren heilfroh, dass wir wenigstens die doppelte Zeit gebucht hatten.
Der schön gelegene Platz des Grabes und die Sonne haben dann vieles wieder wettgemacht, und ich war bei aller Traurigkeit glücklich über all die wunderbare Hilfe und Zuneigung von Verwandten und Freunden.«
»Mutters Asche haben wir unter dem Apfelbaum begraben« Uta, 53 Jahre
»Im Februar war mein früherer Mann gestorben. Auf dem Friedhof hatte eine Angestellte noch einmal die Überurne aufgemacht und den Deckel mit seinem Namen gezeigt. Als meine Tochter die Urne dann zum Grab trug, wurde mir klar, dass er doch sicher lieber in unserem Garten wäre, und ich dachte, hätte ich noch eine Chance, würde ich glatt die Urne klauen.
Noch im gleichen Jahr starb dann meine Mutter, einfach so, wir fanden sie plötzlich morgens tot im Bett, hier bei uns im Haus. Ich war total geschockt, aber gleichzeitig auch ruhig. Ich habe zu ihr gesagt, Mütterlein, wir machen jetzt alles ganz langsam, ich lass dich erst mal so liegen und setze mich zu dir. Dann habe ich das Arbeitszimmer aufgeräumt, habe meine Mutter gewaschen und hergerichtet und dort aufgebahrt. Am nächsten Tag hatte ich erst Angst, zu ihr reinzugehen, weil ich nicht wusste, wie sie aussehen würde. Sie hatte sich tatsächlich verändert, aber das war in Ordnung. Dann haben wir noch die Pastorin zur Aussegnung gerufen und am dritten Tag selbst den Sarg geschlossen.
Nach der Einäscherung habe ich mich mit meinem Bru- der wieder auf dem gleichen großstädtischen Friedhof getroffen, meine Mutter sollte offiziell neben meinem Ex-Mann bestattet werden. Wieder zeigte uns die Angestellte die Urne und wir baten sie, uns im Abschiedsraum noch ein bisschen mit der Mutter alleinzulassen und die Glocke zu läuten. Wir hatten uns fest vorgenommen, die Asche diesmal mitzunehmen und uns entsprechend präpariert. Mein Bruder packte sein Werkzeug aus der Tasche und versuchte, den Deckel der Aschenkapsel zu öffnen. Es klappte nicht, weil das Ganze so kompliziert verkantet war. Also die andere Variante. Ich holte eine leere Cappuccino-Dose hervor, steckte einen Quarzstein und einen aus dem Garten hinein, alles schön umwickelt, damit es nicht klapperte, und fügte Erde von zu Haus hinzu. Das Ganze kam dann in die Schmuckurne. Uns zitterten die Hände vor Auf-regung und wir bekamen nur mit Mühe den Deckel richtig zu. Dann gingen wir mit der Aktentasche unterm Arm und der Urne in der Hand nach draußen. Dort war niemand zu sehen. Wir gingen also allein und angemessenen Schrittes zum Grab, wo das Loch schon ausgehoben war. Wir versenkten die Schmuckurne samt Cappuccino-Dose und klopften Lage für Lage feste Erde darüber. Auch die Grasnarbe legten wir selbst wieder drauf. Auf dem Rückweg trafen wir die Angestellte und dankten ihr, dass sie uns allein hatte gehen lassen.
Am 85 . Geburtstag meiner Mutter haben wir uns dann alle im Elternhaus getroffen, auf dem Land, wo meine Eltern sich alles aufgebaut und den Garten urbar gemacht hatten. Dort haben wir Mutters Asche mit einem schönen Ritual unter dem Apfelbaum begraben. Es war eine so stimmige Sache, es hatte etwas Göttliches. Und im Jahr darauf hat der Baum geblüht wie nie zuvor.
Gedanken zum letzten Abschied
Immer mehr Menschen überlegen sich schon zu Lebzeiten genau, wie ihr letzter Abschied gestaltet werden soll, und erinnern sich dabei an gelungene Beerdigungen. Andere sind der Meinung, man solle nicht im Voraus alles festlegen, um den Angehörigen mehr Freiraum für ihre Trauer zu lassen.
Christian*, 38 Jahre
»Meine Tante war eine ganz selbstbewusste Frau. Sie hat ihre Beerdigung komplett selbst organisiert und einen ganz schlichten Sarg bestellt. Dann hat sie sich selbst ihr Totenhemd genäht und mit einem schönen Kreuz bestickt. Uns sagte sie, ihr könnt zur Trauerfeier anziehen, was ihr wollt.«
Marianne und Werner*, 85 und 86 Jahre
»Unsere Särge stehen schon in der Garage. Wir haben sie bereits vor
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