Den letzten Abschied selbst gestalten
Jahren selbst konzipiert, ganz schlichte, klassische Holzkisten. Bei der Beerdigung sollen sie nur mit Efeu bedeckt werden. Wir wollen keine Blumen, keine Kränze und keine Grabreden, wohl aber einige Musikstücke, die wir schon zusammengestellt haben.
Nachdem wir uns ein Leben lang bemüht haben, uns so zu verhalten, anzuziehen, zu wohnen und zu leben, wie uns das richtig und schön erscheint, ohne Schnörkel und Brimborium, sollte auch die letzte Handlung dazu passen. Deswegen kümmern wir uns selbst drum, versuchen Pomp und Hässlichkeit zu vermeiden und müssen dadurch den Bestattungshaien auch nicht soviel Geld in den Rachen werfen.«
Marlies, 68 Jahre
»Im vergangenen Jahr starb mein früherer Lebensgefährte. Sein Freundeskreis und ich orderten einen schlichten hellen Tannenholzsarg, auf den alle mit farbigen Filzstiften kreuz und quer ihre Namen schrieben. Der Sarg war übersät damit und sah wunderschön aus. Bei der Bestattung lagen nur eine weiße Lilie und sein Lieblingsbuch von Albrecht Fabri auf dem Sarg. Wenige Meter entfernt spielte ein Trompeter La Paloma. So hatte er sich das immer vorgestellt.«
Bianca, 32 Jahre
»Ich möchte, dass die Menschen an meinem Grab nicht weinen, sondern lachen. Dass sie über mein Leben reflektieren und dabei die Wahrheit sagen. Denn ich finde es furchtbar, wie sehr bei den Beerdigungen gelogen wird. Wir sind doch alle Menschen und haben Fehler. Ich hätte gern eine lustige Rocknacht an meinem Grab, bei der meine Freunde tanzen und sich am Leben freuen.«
Lena, 29 Jahre
»Ich wünsche mir ein betretbares Grab mit einer Sitzbank, wie in Russland. Am liebsten mit einem schönen Baum, vielleicht im Sommer mit Erdbeerpflanzen, damit man die Früchte essen kann. Denn dieses abgetrennte »vor-dem-Grab-stehen«, wo man doch eigentlich Nähe zu den schmerzlich Vermiss- ten sucht, hält mich meist davon ab, auf den Friedhof zu gehen.«
Doro, 55 Jahre
»Ich finde es ganz wichtig, dass die Angehörigen und Freunde nach dem Tod eines nahen Menschen noch in Ruhe zusammensitzen. Dass sie über den Toten nachdenken, was ihm vielleicht wichtig wäre, welche Rituale oder Musik er mögen würde. Deshalb finde ich es schrecklich, dass manche Menschen ihre Beerdigung schon bis ins Detail vorausgeplant haben. Damit nehmen sie ihren Hinterbliebenen ein wesentliches Verarbeitungspotential.«
Abschiede von Prominenten
Große Trauerfeiern für prominente Zeitgenossen folgen oft einer eigenen Dramaturgie, bei der die Persönlichkeit des Verstorbenen in besonderer Weise gewürdigt und sein berufliches wie privates Umfeld in den Abschied miteinbezogen wird.
Eine detaillierte Anweisung zu seiner Beerdigung hinterließ der schwedische Regisseur Ingmar Bergman, der 2007 auf der Insel Farö beigesetzt wurde. Sein Sarg glich einer einfachen Holzkiste, die Rede hielt die Inselpfarrerin. Bei der schlichten Feier waren nur Freunde und Angehörige zugelassen, die Presse durfte von einer Schafswiese aus zuschauen.
Bei der Beerdigung des Dichters Wolfgang Hilbig im Juni 2007 auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin wurde keine einzige Grabrede gehalten. Aber alle bekannten Freunde und Schriftsteller aus der ehemaligen DDR waren da und trugen Gedichte aus dem Werk Hilbigs vor, einer nach dem anderen. Ursula März schrieb dazu in der ZEIT : »Hilbig muss sich die Privatheit, das ganz und gar Unsakrale, Konzentrierte dieser Feier gewünscht haben – die schlicht eben nur insofern war, als sie geradlinig und radikal jedes Repertoire außerhalb der Literatur erübrigte.«
Als die Schauspielerin Inge Meysel mit 94 Jahren starb, spielte ein Klarinettist Inge Meysels Lieblingslied »Junge, komm bald wieder« von Freddy Quinn. Und ihre Freundin, die Schauspielerin Ingeborg Wölffer, sagte bei der Trauerfeier in Hamburg: »Inge, vor vielen Jahren hast du mich gebeten, zu deiner Beerdigung einen roten Hut zu tragen. Ich habe mich nicht getraut. Du hättest den Mut gehabt. Deine Parole war: widersprecht, geht raus, lebt.«
Über die Bestattung von Max Frisch 1991 berichtet Peter von Matt: »In Berzona versammelte sich eine Schar mit Frisch befreundeter Frauen und Männer … Man saß in der einbrechenden Nacht auf langen Bänken, es wurde getrunken, kräftig getrunken … Aus der Finsternis tauchte der Bühnenbildner auf. Unter dem Arm trug er eine große Urne. Er trat nahe ans Feuer heran, fuhr mit dem nackten Arm in den roten Krug und warf eine breite Aschenfahne in die Flammen, und noch eine
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