Den letzten Abschied selbst gestalten
ob ein Redner kommt. Das schicken sie uns in einem Fax herüber und das war’s.« Zur Verdeutlichung dieses Gebarens verlässt prompt ein einsamer Friedhofsmit-arbeiter mit einer Urne in den Händen und einem alten Mann an der Seite die Halle. In anrührender Bemühtheit um Würde biegen die beiden in einen schmalen Weg zum entfernt lie-genden Grab ein. »Es gibt nur wenige Bestatter, die sich wirklich um die Menschen bemühen«, merkt Peter Mergel an. »Die kommen dann mit bunten Särgen und verbreiten eine ganz andere Stimmung.«
Später treffen wir den Friedhofsmitarbeiter am Grab des einsamen Abschieds. »Wissen Sie, wir dürfen die Urne ja niemals aus der Hand geben. Wir tragen die Urne hierher, versenken sie im Grab und machen alles wieder zu. Aber danach können wir nicht mehr kontrollieren, ob die ein Angehöriger vielleicht wieder herausholt.«
Am Beispiel München sei gezeigt, dass es sinnvoll ist, einmal in die örtliche Friedhofsgebührensatzung zu schauen. Manche Dienstleistungen erscheinen eher günstig, andere unverhältnismäßig teuer. Hier einige Merkwürdigkeiten:
• Aschenumfüllung inkl. Urne und Beschriftung: 49 Euro
• Urnentransport innerhalb der Stadt: 21 Euro
• Gebühren für Verlegungen von Leichen innerhalb der Stadt: 1321 Euro, nach auswärts: 885 Euro
• Zuschlag für über 30 Minuten dauernde Trauerfeiern in der Leichenhalle bei Erdbestattungen: 79 Euro, bei Feuerbestat tungen: 49 Euro
• Zuschlag für die Benutzung der Lautsprecheranlage mit einem Lautsprecher: 161 Euro, mit zweien: 218 Euro.
Ideen gegen den Trend zum Anonymen. Der Städtische Friedhof in Görlitz
Die alte Stadt Görlitz an der Grenze zu Polen kann mit einer Fülle von Bauwerken aus Gotik, Renaissance, Barock, Gründerzeit und Jugendstil prunken. Auch der 28 Hektar große städtische Friedhof von 1847 besitzt eine große Anzahl historischer Grabanlagen und eine ungewöhnlich stilvolle Außenmauer. Mittendrin die Alte Feierhalle von 1874 die mit ihrer großzügigen Freitreppe, der mit Mosaiksteinen besetzten Apsis und einem Gang aus weißem und schwarzem Marmor den Kontrast zu vielen eher hässlichen Trauerhallen so richtig deutlich macht. Auch die 2003 angebauten kleinen Abschiedsräume wirken in ihrer Wandelbarkeit durchdacht und klar. Und das Krematorium von 1913 ist mit seinen typischen Jugendstil-elementen sicher eine der schönsten Feuerbestattungsanlagen Deutschlands.
Der Friedhof hat viel zu bieten, aber zu wenig Nachfrage. Görlitz schrumpft, und viele Daheimgebliebene wollten ihre Asche im »Rosenbeet« begraben wissen, einem anonymen Gräberfeld auf dem Städtischen Friedhof. Bei 90 Prozent Urnenbeisetzungen fand zuletzt die Hälfte ohne Namensangabe statt und die alten Erdgräber verwaisten. Da entwickelte Friedhofsleiterin Evelin Mühle ein paar neue Ideen.
Wie läuft Ihr Konzept?
Die aus der Not heraus beschlossene Umwandlung großer Friedhofsteile in parkähnliche Anlagen zeigt erste Erfolge. Hier hat sich eine sehr artenreiche Tier- und Pflanzenwelt entwickelt. Im Sommer brüten Vögel in mehr als hundert Nistkästen. Man findet hier seltene Orchideen und Schlüsselblumen und kann den Waldkauz oder eine Nachtigall hören. Außerdem sind im waldähnlichen Teil jetzt auch Baumbestattungen möglich, was sehr gut angenommen wird.
Es gibt bei Ihnen Plätze in einer Mauergrabanlage. Was ist das?
Wir haben eine zweieinhalb Kilometer lange Friedhofsmauer, bei der sich jedes Stück vom nächsten unterscheidet. Das liegt daran, dass begüterte Familien in den Anfängen des Friedhofs erst mal ein Stück Mauer bauen mussten, wenn sie in deren Schutz eine exklusive und abgezäunte Grabstätte errichten wollten. Dadurch ergab sich eine Fülle von Stilen und Materia-lien aus Granit, Backstein oder Marmor mit den verschiedensten Zierelementen, Aufbauten und Säulen. An dieser Mauer bieten wir seit einigen Jahren Gemeinschaftsgrabanlagen für Urnen an, ohne individuelle Gestaltung und Pflege. Wir erhalten die alten Bezeichnungen und fügen die neuen Namen hinzu. Wir entscheiden auch, ob wertvolle Grabplatten erhalten werden und welche dazukommen. Die Leute kaufen gewisser- maßen die Katze im Sack, wenn sie sich für eine solche Anlage entscheiden. Aber die Bestattungen an der Friedhofsmauer sind sehr beliebt, die meisten finden es gut, dass wir alles für sie übernehmen. Gut laufen auch die Patenschaften für histori-sche, besonders schützenswerte Mauergrabanlagen. Die Paten kümmern sich um deren
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