Den letzten Abschied selbst gestalten
Lichtwechsel verändert. »Gerade hier in Berlin gibt es einige sehr aufgeschlossene Friedhofsverwalterinnen, die sich mit mir an die Umgestaltung alter Grabstätten wagen«, erzählt die Künstlerin. »Die Kosten für die Investition liegen mit rund 50 Euro pro Beisetzung sehr günstig.« Auf dem evangelischen Friedhof Berlin-Friedrichshagen hat Erler eine Anlage für 280 Urnen realisiert, von denen auf Anhieb die Hälfte verkauft war. Entlang einer alten Urnenmauer wechseln sich zwölf rot leuchtende rechteckige Glas-tafeln mit zwei halbrunden Elementen ab, auf denen nach und nach die Namen der Bestatteten aufgetragen werden. Ein Vorteil der haltbaren Folienbeschriftung: das Nachtragen ist innerhalb weniger Tage möglich. Die Mitte des neuen Grabmals wird dominiert von einem Edelstahlkreuz und bietet Platz für Blumen und Lichter. Nach einem ähnlichen Prinzip entstand in Friedrichshagen eine Erdgrabanlage für Paare. Weitere Glaslösungen der Architektin sind in Friedrichswerder, auf dem Luisen- und Sophien-Friedhof in Berlin und auf ihrer Homepage zu sehen.
Das innovative Steinmetzunternehmen Spittel-Meister in Pforzheim arbeitet ebenfalls mit Glas und Edelstahl. Vor allem die schmalen Edelstahlsäulen mit einer Tafel aus durchsichti-gem Sicherheitsglas und gestrahlter, weiß hinterlegter Inschrift fallen auf jedem Friedhof auf. Möglich ist damit auch eine Beschriftung von beiden Seiten. Die 1,50 Meter hohe Stelengruppe aus Edelstahl mit 96 einzelnen Namenstäfelchen fällt ebenfalls aus dem üblichen Rahmen. Eine gute Idee für Menschen, die ein wenig Grabpflege selbst übernehmen möchten: Einzel- oder kleine Gemeinschaftsgräber werden mit einer weißen Marmorplatte abgedeckt, die eine Aussparung für eine Pflanzschale aus Edelstahl enthält.
Wettbewerbe zeigen eine Fülle weiterer guter Einfälle, wie aus monotonen Grabfeldern schön gestaltete Ruheinseln entstehen können. So hat etwa der Bildhauer Helmut Hirte die Ausschreibung der Frankfurter Aids-Hilfe für eine Gemeinschaftsgrabstätte für Aids-Tote gewonnen. Die Anlage auf dem Hauptfriedhof Frankfurt ist für 100 Verstorbene konzipiert, von denen jeder einen Würfel innerhalb einer »Namens-skulptur« aus Jura-Marmor zwischen Stahlstützen bekommt. Die Würfel sind drehbar und lassen sich von allen Seiten in-dividuell gestalten. Ein symbolischer »Seelenstuhl« bietet die Möglichkeit, Beigaben und Blumen abzulegen. »Der Friedhof muss Platz lassen für die Sehnsüchte der Menschen«, meint der Bildhauer.
Vom »Lebensgarten« zum »Letzten Garten«
Der Karlsruher Hauptfriedhof
»Kann ich Ihnen behilflich sein?« Sind Sie das jemals beim Betreten eines Friedhofs gefragt worden? Gehen Sie mal auf den Karlsruher Hauptfriedhof, den mit 130 Jahren angeblich ältesten kommunalen Parkfriedhof Deutschlands. An dessen Eingang wurde das bundesweit erste (Saarbrücken folgte) Informations-Center eingerichtet, in dem freundliche Menschen Auskunft rund um alle Fragen zu Bestattungen und Friedhof geben. Die Stadt Karlsruhe hat zusammen mit Steinmetzen, Gärtnern und Bestattungsunternehmen 2002 dazu eigens einen Verein zur Pflege der Friedhofs- und Bestattungskultur gegründet und mit Geldern aus einer Erbschaft ein schönes denkmalgeschütztes Wartehaus zum Info-Point umgebaut. Außerdem gibt es hier regelmäßig Ausstellungen, Führungen und Informationsabende und in ausliegenden Heften wird mit großer Genauigkeit beschrieben, was an Bestattungen möglich ist.
Der Friedhof verfügt über ein großes Areal von 34 Hektar, auf dem zwischen alten Gräbern und freien Flächen rund 4000 Bäume stehen. Deren Pate kann man schon zu Lebzeiten werden, sich innerhalb von fünfzig Jahren darunter bestatten lassen und sechs Urnen von Freunden oder Verwandten dazuholen. (Kosten zwischen 3500 und 4700 Euro, plus 446 Euro für jede Urnenbeisetzung.) Die Freiflächen sind so groß, dass in einigen Bereichen sogar Körperbestattungen unter dem eige-nen Baum möglich sind, was sehr selten ist.
Vorzeigeobjekt ist der »Lebensgarten«, »ein Ort für die Lebenden, ein Ort des Überlebens, ein tröstender Lebensraum, in dem die Trauer ihren eigenen Weg gehen kann«. In diesem durchkomponierten parkähnlichen Areal, in dem es keine Bestattungen gibt, wurde auf jedes Detail geachtet. Sträucher, Steine und Bäume stehen auf wechselndem Untergrund wie Sand, weißem Kies, grobem Schotter oder Wiese. Überall stehen Info-Tafeln und Bänke zum Ausruhen. Ein mäanderförmig angelegter
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