Den letzten beissen die WerWölfe
ehemalige Zöllner aus Mützenich, der immer die Kleinanzeige ›Suche Briefmarken‹ aufgibt?«
»Bin ich Jesus?«, schrie Elli zurück.
»Nein, noch nicht einmal eine Jungfrau!«, antwortete Nusselein. Sekunden später stand Elli im Türrahmen und beförderte eine Handvoll Büroklammern in Richtung Nusselein. Die Trefferquote war sehr hoch:
»Der heißt Peter Heininger, hier ist die Telefonnummer und jetzt sage: Danke! Du Esel.«
»Danke, du Esel!«, antwortete Nusselein prompt und schmiss sich flach hinter seinen Schreibtisch. Doch Elli war offensichtlich die Munition ausgegangen, denn sie verließ grußlos das Büro.
Nusselein wählte sofort die Nummer des ehemaligen Zollbeamten in Mützenich. Dieser meldete sich erst nach einer längeren Zeit:
»Heininger!«
»Hier ist Nusselein, Charly Nusselein, der Redakteur vom ›Hammer‹ in Monschau. Ich arbeite gerade an so einer Zöllnergeschichte von früher. Und da wollte ich einfach mal mit einem Fachmann sprechen, damit ich nichts falsch mache. Und da dachte ich, Sie als Spezialist …?«
Heininger antwortete offensichtlich kurz, da Nusselein weitersprach:
»Gut, dann bin ich in einer halben Stunde bei Ihnen. Ich freue mich darauf.«
Dann beendete er das Gespräch, während Elli das Büro erneut betrat und ihre erfolgreiche Nachrüstung mit Büroklammern Richtung Nusselein abfeuerte:
»Das war mein persönlicher NATO-Doppelbeschuss!«
»… beschluss«, erwiderte Nusselein.
***
14.45 Uhr
Gottfried Zimmermann fluchte:
»Kann mal einer die Tassen spülen? Man kann sich auf dem Klo noch nicht mal mehr die Hände waschen! Sechs dreckige Becher liegen im Becken!«
Sein Ruf verhallte ungehört, da sich außer ihm kein Beamter in den Polizeibüros in Monschau befand. Dann klingelte das Telefon, es war Karl Jerusalem aus Eupen:
»Karl aus der heiligen Stadt …«
»Eupen?«, fragte der Monschauer Kommissar ungläubig.
»Jerusalem! Also, vorhin waren zwei Gendarme in Zivil mal im Venn und haben vorsichtig nachgeschaut. Also, da trudelt zurzeit wieder einiges an Volk ein. Daher haben wir beschlossen, dass wir heute Abend in Plénesses mit einer großen Gruppe einfallen und uns die ›Villa Jägersweiler‹ etwas näher anschauen. Wir haben auch schon eine Begründung für unser Erscheinen: Verbotener Aufenthalt nach Einbruch der Dunkelheit im Wald, daher kommen auch noch zwei Förster aus Eupen mit. Hast du nicht auch Lust …«
»Klar«, ließ Zimmermann seinen Kollegen erst gar nicht ausreden, »wann soll ich in Eupen sein?«
»18.30 Uhr in meinem Büro, das müsste reichen. Und unseren Charly kannst du ruhig mitbringen.«
»So hieß im deutschen Fernsehen eine Serie mit einem Schimpansen«, bemerkte Zimmermann.
»Warum meinst du, dass ich das gesagt habe?«, beendete Karl Jerusalem das Gespräch.
***
15.00 Uhr
Charly Nusselein parkte seinen Wagen am Grenzweg und ging zu Fuß zur ehemaligen Zollsiedlung, die etwas von einer Wagenburg an sich hatte. Peter Heininger stand schon in der Haustür, winkte und begrüßte den Journalisten herzlich:
»Endlich mal Besuch! Wenn man seit einer Ewigkeit am Vennrand lebt, freut man sich über jede Abwechslung.«
Er führte Nusselein in ein gemütliches Wohnzimmer mit zwei dieser Sessel, in die man gerne versinkt, von denen man aber später nur mithilfe eines Flaschenzuges aufstehen kann. Auf dem Couchtisch lagen jede Menge Bücher und Briefmarkenalben. Der ehemalige Zöllner zeigte stolz auf einen aufgeschlagenen Sammelband: »Hier, ein tolles Stück: Deutsche Post von 1949 – 200. Ge-
burtstag Goethe, gestempelt.«
»Hoffentlich verwickelt der mich jetzt nicht in ein Sammlergespräch«, dachte Nusselein und schwenkte daher sofort zum Thema über:
»Herr Heininger, Sie erzählen in unserer Redaktion immer so spannende Sachen vom Zoll, von damals, und daher wollte ich in einer etwas heiklen Sache zu Ihnen kommen. Sie können doch schweigen …«
»Ich bin deutscher Beamter!«, antwortete Heininger stolz.
»Genau«, antwortete Nusselein. »Sie haben doch von dem Mord in Roetgen gehört.«
»Klar, Rumbach, den kannte ich. Ich war ja zwischen Roetgen und Losheimergraben fast überall mal im Dienst, und da kennt man seine alten Kunden.«
»Rumbach war Kunde?«, forschte Nusselein nach.
»Nee, nee, schreiben Sie das um Himmels Willen nicht. Den hatten wir zwar x-mal im Verdacht, in der Eifel wird viel erzählt, da liefen auch schon mal Hausdurchsuchungen, aber dem haben wir nie etwas nachweisen können.
Weitere Kostenlose Bücher