Den letzten beissen die WerWölfe
an der Grenze nach Belgien. Von Gottfried Zimmermann war weit und breit nichts zu sehen. Nusselein parkte neben einem Glascontainer und überlegte, in welcher Müllverbrennungsanlage wohl dessen Inhalt entsorgt würde. Der Gedankengang über den Weg allen gelben Sackes wurde jäh unterbrochen, als der blaue Ford der Monschauer Kripo mit Lichtzeichen auf den Parkplatz bog. Nusselein steckte seine kleine »Samsung«- Digital-Kamera in die Seitentasche seines fleckigen Trenchcoats, den er einmal bei ebay für viel zu viel Geld ersteigert hatte. (»Wahnsinn! Original-Kommissar-Columbo-Mantel aus Hollywoodfundus garantiert, Herren-Größe, in vielen Folgen zu sehen«) Dann stieg er aus seinem Mazda und ging zu dem Wagen des Kripomannes:
»Hoffentlich hat die Staatsmacht wenigstens für Winterreifen gesorgt«, maulte er, als er sich auf den Beifahrersitz zwängte, »hier oben auf dem Venn ist gerne Glatteis.«
»Du kannst gerne zu Fuß gehen«, konterte Zimmermann und startete Richtung Eupen. Während der Fahrt tauschten die beiden noch einmal ausführlich ihre Informationen aus. Nusselein glaubte dabei eher an die Schmugglerspur:
»Irgendetwas Hochbrisantes hatte der Rumbach in seinem Schließfach bei der Sparkasse. Und da sagt mir mein Urin, das hatte was mit – wie sagen die immer? – ›Der verrückten Zeit‹ zu tun. In Richtung Nazis und Neonazis kann ich mir dagegen kaum etwas vorstellen.«
Gottfried Zimmermann war ganz anderer Meinung:
»Du weißt doch nicht, was in so bekloppten Nazi-Hirnen vor sich geht: Vielleicht hat Feldhofer erfahren, dass er unheilbar krank ist und wollte in seinem rechten Wahn den letzten Himmler-Werwolf-Befehl erledigen, ehe er in den braunen Orkus einzieht, wo ihn dann 72 stramme BDM-Mädchen verwöhnen. Wenn er Rumbach nicht ermordet hätte, würde er dagegen in ein Zimmer mit dem schwulen Röhm kommen.«
»Ich glaube, du wirfst da was durcheinander«, gackerte Nusselein, während Zimmermann auf der Nazi-Spur beharrte:
»Da sind Irre am Werk, denke nur an die Zahlen-Schmierereien am Haus. Über Schmuggelgeschichten lacht heute doch jeder. Das ist doch alles verjährt.«
»Auch wenn es um Mord geht?«
»Auch das, ich habe vorhin extra noch im Präsidium angerufen. Da hat man mir gesagt, dass Akten zu Schmuggel-Morden bei uns nicht mehr vorhanden sind. Die wurden damals der Staatsanwaltschaft übergeben und nach einer Wartefrist vernichtet. Nein, nein, die Nazispur ist heiß, die Schmugglerspur ist nur Nostalgie.«
Nusselein wollte sich damit nicht zufriedengeben:
»Und wenn jetzt plötzlich rauskommt, dass der Kling, nur mal so, 1950 zwei Zöllner umgelegt hat. Das ist doch für den verdienten Gemeinderat und Unternehmer ein dicker schwarzer Fleck auf der weißen Weste mit Bundesverdienstkreuz. Leute in dem Alter denken doch schon an ihren Nachruhm. Mit zwei Morden wird in Eicherscheid keine Straße nach ihm benannt. Die lokale Unsterblichkeit wäre auf jeden Fall futsch.«
Zimmermann nickte:
»Natürlich kannst du Recht haben! Wir vernachlässigen ja auch keine Spur. Aber heute Nacht sind erst einmal die Neonazis in der Villa im Venn dran. Vielleicht sind wir um Mitternacht schlauer und können morgen alles zu den Akten legen.«
»Dann hätten wir ja Zeit, um Schleiden zu zerstören.«
Zwanzig Minuten später parkten die beiden auf dem Hof der Eupener Polizei und eilten sofort in das Büro des Kollegen der »Brigade Spéciale de Recherche«. Karl Jerusalem war nicht alleine, daher schwieg sein Plattenspieler. Er stellte den beiden Neuankömmlingen aus Monschau sechs belgische Polizisten und zwei Eupener Förster vor:
»Die Sechs hier sind meine Kollegen vom Bezirk ›Polizeizone Weser-Göhl‹ und die beiden Forstbeamten sind Georg Hamacher und Walter Groteclaes, die kennen sich da oben im Venn wie in ihrer Westentasche aus.
Nachdem sich alle begrüßt hatten, schloss Karl Jerusalem:
»Dann sind wir elf Mann! Wir fahren erstmal bis ›Belle Croix‹ und halten an der Abzweigung Richtung Jalhay und Gileppe-Talsperre, dort schließen wir uns dann kurz. Später werden wir die Autos an dem Forstweg nach Plénesses parken und uns an die ›Villa Jägersweiler‹ ranschleichen. Ist jeder bewaffnet?«
Bis auf Nusselein nickten alle, auch die beiden Forstbeamten.
Wenig später verließen drei Fahrzeuge den Hof der Eupener Polizei und fuhren Richtung Hohes Venn. Da Eifeler Glatteiswetter herrschte, bewegte sich die Karawane nur langsam durch das riesige Waldgebiet Richtung
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