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Den letzten beissen die WerWölfe

Den letzten beissen die WerWölfe

Titel: Den letzten beissen die WerWölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Venn
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vorderen Bereich geflochten waren und klobige Absätze hatten: High Heels in der platten Niedrigausgabe. In der Hand hielt sie ein Messer – ein Kartoffelmesser:
    »Ich wollte gerade ein paar Augen ausstechen! Diese Kartoffeln zeigen oft erst nach dem Kochen ihr wahres Gesicht.«
    Nusselein überreichte seiner Mutter die Geschenke. Während sie das Gebäck achtlos auf den Tisch stellte, ging sie mit den Blumen zum Spülbecken und ließ Wasser in eine bereitstehende Vase laufen:
    »Ich dachte mir, dass du Blumen mitbringst, Fantasie beim Schenken war ja noch nie deine Stärke. Aber so seid ihr Nusseleins immer schon gewesen. Dein Vater hat mir mal zu Weihnachten ein Fingernägel-Pflegeset geschenkt.«
    Nusselein versuchte, sich seinen Vater vorzustellen, der schon über zwanzig Jahre tot ist. Ein Gesicht sah er nicht, nur diesen blauen, typischen Eifeler Arbeitsanzug und eine braune Kappe. Als sein Vater, ein selbständiger Schreinermeister, nach einem harmlosen Eingriff starb, sagten die Leute:
    »D’ hat sich kaputt jearbeitet.«
    Franziska Nusselein wuselte weiter durch die Küche:
    »Gut, dass du wenigstens vorher angerufen hast. Wenn ich alleine bin, habe ich sonst immer meinen fiesen Rock an. Warum soll man sich groß rausputzen, wenn man nur hier sitzt und auf den Tod wartet.«
    Charly Nusselein winkte ab:
    »Mutter, du wirst uns alle überleben.«
    »Darauf kann ich verzichten, wenn mein Herr Sohn mich nur einmal im Jahr besuchen kommt«, schimpfte Franziska Nusselein und drückte Charly an den Küchentisch. Dabei sprach sie ununterbrochen weiter:
    »Ich habe Pilze gemacht mit Himmeroder Klößen, dick gefüllt mit Leberwurst und dann Specksoße. Damit du wenigstens einmal im Jahr richtig satt wirst. Wahrscheinlich isst du ja nur bei diesem Mäx-Dingsbums mit den Frikadellen-Brötchen bei euch da oben. Da ist es schon gut, dass wir in Prüm so was nicht haben. Wenn der Amerikaner hier geblieben wäre, hätten wir das bestimmt auch. Hast du gesehen, wie leer die Ami-Häuser am Stadtrand rumstehen?«
    Nusseleins Mutter sprach von »Prüm Housing«, das früher fast ausschließlich von Soldaten der Air Station am »Schwarzen Mann« bewohnt wurde. Bis Anfang der Neunziger arbeiteten oben im Schneifelwald rund 1.000 Soldaten und 100 Zivilisten.
    Franziska Nusselein schaufelte am Herd einen Teller voll und stellte ihn vor ihren Sohn. Sie selbst nahm sich nur wenig:
    »Wenn man mit einem Bein im Grab steht, isst man nur noch wie ein Vögelchen.«
    Charly Nusselein konnte nicht verhehlen, dass ihm das Essen seiner Mutter immer noch ausgezeichnet schmeckte und so mampfte er kräftig los. Seine Mutter schwieg – wenige Sekunden:
    »Du hast hier auch noch dienstlich zu tun?«, fragte sie neugierig.
    Charly Nusselein log nur ein wenig:
    »Ich schreibe an was Historischem, über Schmuggel hier. Und da gab es mal so ungeklärte Todesfälle: zwei Zöllner und eine Nu   …, eine Frau …«
    Franziska Nusselein machte eine wegwerfende Handbewegung:
    »Kenn ich doch. Das war, lass mich nicht lügen, lange nach dem Ende der verrückten Zeit. Du hattest gerade das neue Lederhöschen mit den roten Herzen bekommen, das war bestimmt schon 1963. Du kennst doch noch das Lederhöschen?«
    Da Nusselein verneinte, brauste seine Mutter auf:
    »Du erinnerst dich aber auch an nix mehr, was mit deinem Elternhaus zu tun hat: Das schöne Leserhöschen mit der grün-rot gerippten Hirschprägung, das ich mir für 57,80 Mark vom Munde abgespart hatte und dann in dem Trachtengeschäft in Trier gekauft habe, das bankrottgegangen ist, weil der Besitzer mit einer Verkäuferin durchgebrannt ist, die den dann zwei Jahre später in Nizza wegen eines Spaniers verlassen hat.«
    Nusselein nickte wissend, zumindest tat er so und fragte nach:
    »Und du kannst dich genau so gut wie an das Lederhöschen auch an den Zöllnermord erinnern?«
    »Aber sicher doch. Ich bin doch für mein Alter noch völlig klar im Kopf. 63 war ja keine richtige Schmuggelzeit mehr. Nur noch Zigaretten und Kaffee. Da wurden innerhalb einer Woche erst zwei Zöllner und dann die Wölfin ermordet. Die war aber keine Nutte, wie du …
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Dir lag es aber auf der Zunge. Ein Luder war die schon, aber die nahm sich die Männer und nicht umgekehrt. Die hatte in Niederprüm so ’ne zweifelhafte Kneipe ›Zum letzten Wolf‹ hieß die, das Haus ist schon lange abgerissen, steht heute ’ne Werkstatt. Und da traf sich allerhand Volk. Aber ein Puff

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