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Den Löwen Zum Frass

Den Löwen Zum Frass

Titel: Den Löwen Zum Frass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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hier und wieder zu viel zu trinken. Außerdem waren durch die Aussicht auf ungeheuren Reichtum alle Probleme unseres Lebens gelöst.
    Vielleicht hätten wir gestern Abend was von unseren hartbackenen Rationen essen sollen, während wir von palastartigen Villen träumten, die wir eines Tages besitzen würden, Flotten von Schiffen, glitzernden Juwelen, mit denen wir unsere uns bewundernden Frauen schmücken würden, das gewaltige Erbe, das wir unseren gut ausgebildeten Kindern hinterlassen würden (solange sie genug vor uns krochen, wenn wir uns in den wohlverdienten Ruhestand begaben) ...
    Mein Kopf tat weh, als hätte ein Trupp tanzender Elefanten mir eine neue Frisur verpasst. Justinus sah grau aus. Sobald ich einmal in das blendende Sonnenlicht geschaut hatte, das von den Felsen zurückgeworfen wurde, zog ich es vor, mit geschlossenen Augen in der Horizontalen zu bleiben. Er war der arme Kerl, der sich aufsetzte und sich umschaute. Ein gequältes Stöhnen entrang sich ihm. Dann brüllte er auf. Danach musste er aufgesprungen sein und den Kopf zurückgeworfen haben, weil er mit voller Lautstärke losheulte.
    Inzwischen hatte auch ich mich aufgesetzt. Ein Teil von mir wusste bereits, was geschehen sein musste, denn Camillus Justinus war ein Senatorensohn und dazu erzogen, auf noble Art reserviert zu sein. Selbst wenn der Karren eines Weinhändlers über seinen großen Zeh fuhr, hatte Justinus das Brechen seiner Knochen zu ignorieren, seine Toga in ordentlichen Falten zu tragen wie seine Vorfahren, und dann den Fahrer höflich zu bitten weiterzufahren. Den Himmel auf diese Art anzuheulen konnte nur eine Katastrophe bedeuten.
    Es war ganz einfach. Als die mit Sternen erfüllte Wüstennacht in der Morgendämmerung verblasste und wir immer noch wie ahnungslose Holzklötze schlummerten, musste eine Gruppe von Nomaden vorbeigekommen sein. Sie hatten eines unserer Pferde mitgenommen (entweder gefiel ihnen meines nicht, oder sie hatten uns aus kurioser alter Wüstenhöflichkeit eine Fluchtmöglichkeit gelassen) und unser ganzes Geld gestohlen. Dazu hatten sie noch die Flasche Wein stibitzt, wollten aber, genau wie wir, von den hartbackenen Keksen nichts wissen.
    Dann hatte ihre Herde halb verhungerter Schafe und Ziegen die umliegende Vegetation verputzt. Und bevor die Nomaden auf ihrer uralten Reise ins Nirgendwo weiterzogen, hatten sie die letzten Reste des verhassten Silphions aus dem Boden gerissen.
    Unsere Chance auf ein Vermögen war dahin. Es war fast nichts mehr übrig.
    Während wir bestürzt auf die Stelle starrten, kam eine einsame braune Ziege über die Felsen gehüpft und kaute an den letzten Stücken der von der Sonne bereits verdorrten Wurzel.
    Für die Griechen war Kyrene ein gesegnetes Loch im Himmel, das zu Boden gefallen war, damit sie es kolonisieren konnten. Eine mindestens so alte Gründung wie Rom, sieht der Hügelkamm, auf dem die Stadt steht, so griechisch aus, dass die von Dürre geplagten Theraner, die vom Orakel von Delphi hierher geschickt worden waren, gedacht haben mussten, sie seien eingenickt und wieder nach Hause gesegelt. Von den grauen, mit Gestrüpp bewachsenen Hügeln, in denen sich die Wachteln tummeln, hat man einen herrlichen Blick über die ferne Ebene weit unten bis zu dem schimmernden Meer und dem geschäftigen Hafen Apollonia. Die tiefen, bewaldeten Täler des hohen Jebel sind so friedlich und mysteriös wie Delphi selbst. Und überall duftet es nach wildem Thymian, Dill, Lavendel, Lorbeer und kleinblättriger Minze.
    Dieser duftende Ort war, um ehrlich zu sein, kein guter Platz für zwei niedergeschlagene Burschen, deren Jagd nach einem verlorenen Kraut gerade fehlgeschlagen war.
    Justinus und ich waren langsam und niedergeschlagen an einem sonnigen, nach Pinien duftenden Morgen zur Stadt hinaufgestiegen und hatten den Weg der Grabmale erreicht; er führte durch eine etwas unheimliche Nekropole aus uralten grauen Totenhäusern, einige frei stehend vor dem Bergrücken, andere in den Fels hineingehauen. Manche wurden noch gepflegt, doch viele waren längst aufgegeben, die rechteckigen Eingänge unter dem verwitterten, in den Stein gehauenen Schmuckelementen standen weit auf und boten tödlichen, giftigen Hornvipern, die gern im Dunkeln lauerten, eine Heimstatt.
    Wir hielten inne.
    »Uns bleibt die Wahl, entweder weiterzusuchen .«
    »Oder vernünftig zu sein«, stimmte Justinus traurig zu. Darüber mussten wir beide nachdenken. Der gesunde Menschenverstand zwinkerte uns zu wie eine

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