Den schnapp ich mir Roman
manchmal so kindisch sein. Wenn du es genau wissen willst, ich habe das Alicia zuliebe getan. Der gefällt so was.« Er lehnte sich zufrieden zurück. »Heute Abend gehen wir zusammen essen. In das teure italienische Restaurant im Nachbardorf. Ich verprasse meine Miete für Hummer und Champagner oder was sie sonst noch alles will.«
Milly trank nachdenklich einen Zug von ihrer Schokolade. »Versuchst du, sie ins Bett zu lotsen? Ein Geizhals wie du würde ohne niedere Beweggründe niemals so viel Geld ausgeben.«
David errötete und bewies Milly damit, dass sie den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. »Alicia ist noch Jungfrau«, vertraute er Milly plötzlich an, vermutlich nur, weil sie bereit war, ihm zuzuhören. Und mit einem Profi wie Freddie würde er solche Dinge nie bereden. »Natürlich ist das für mich kein Problem, aber sie ist so heiß auf mich, es wird langsam schwierig …«
»Das will ich gar nicht wissen«, quietschte Milly und tat so, als würde sie die Hände über die Ohren legen. »Um Mum würde ich mir allerdings keine Sorgen machen. Die ist momentan ständig fort. Seit sie in diesem Kurs war, ist sie wie umgewandelt. Sie trägt jetzt sogar Make-up.«
»Vielleicht hat sie einen Freund?«, meinte David und blickte auf sein Handy. »Wo Alicia wohl bleibt? Sie ist spät dran.«
»India auch. Vielleicht stecken die beiden zusammen. Sie sind inzwischen beste Freundinnen.«
»Ja, wirklich?«, fragt David achselzuckend. »Alicia erwähnt sie aber nie. Meinst du, Mum hat einen Freund?«
Milly tupfte ihren Finger in die Sahne. »Keine Ahnung. Wir reden nicht viel miteinander.«
»Das überrascht mich nicht.« David sah sie selbstgerecht an. »Freddie hat mir gesagt, wie du Mum auf dem Sommerfest
beleidigt hast. Ich finde, du solltest dich bei ihr entschuldigen. Du hast kein Recht, sie so zu behandeln.« Dann redete er eindringlich weiter. »Mum findet dich doch so toll, aber du greifst sie ständig an. Du gibst ihr an allem die Schuld, wie eine verzogene Göre.«
Milly spürte Tränen in ihren Augen aufquellen, hoffte aber, sich zu beherrschen. David streute wie immer Salz in ihre Wunden, so dass sie sich noch schlimmer fühlte.
»Ah, da ist Alicia!« David sprang hoch und überprüfte rasch im Spiegel hinter der Theke seine Pickel. Dann sah er Milly wieder an, deren Schultern leicht zuckten. »Ich wollte dich doch nicht ärgern, Schwesterchen«, sagte er freundlich. »Aber ganz ehrlich, du musst endlich aufhören, deine Wut immer an ihr auszulassen. Sie ist eine fantastische Mutter, und wir sollten uns eher um sie kümmern, statt ihr das Recht abzusprechen, glücklich zu sein. Also, ich sehe dich nächste Woche. Und kein Wort zu Mum!«
Milly winkte Alicia kurz zu und wischte sich dann mit dem Ärmel des neuen Pullovers über die Augen. David hatte völlig Recht. Sie behandelte ihre Mutter sehr schlecht. Es war Zeit, dass sie endlich erwachsen wurde und sich nicht mehr solche Frechheiten herausnahm. Der Schmerz in den Augen der Mutter war stets deutlich zu erkennen. Zum ersten Mal in ihrem Leben erkannte Milly, dass sie einen grausamen Zug hatte. Da fiel ihr Blick auf den aufgeschlagenen Gedichtband: »When you are old«, von Yeats. Ganz spontan war sie so davon angerührt, dass ihr die Tränen nur so übers Gesicht strömten. Doch anders als in dem Gedicht würde ihre Mutter jetzt nicht zusammen mit Vater alt werden. Milly hatte verächtlich über die Vorstellung gelacht, dass ihre Mutter vielleicht einen anderen Mann traf, mit dem sie ihr Leben teilen konnte.
Die arme Mummy, dachte Milly verzweifelt. Sie war die Hinterbliebene, sie war es, die weiterleben musste, trotz
ihres Kummers, obwohl sie absolut mittellos geworden war. Milly ballte die Hände zu Fäusten, so sehr schämte sie sich. Alles hatte sie ihrer Mutter zum Vorwurf gemacht – die Rückkehr nach Appleton, die sie sehr beschämt hatte, dass sie die Schulfreundinnen vermisste, die Milly in Wirklichkeit in der neuen Schule sofort vergessen hatte.
Da fiel ein Schatten auf ihr Buch. Sprachlos sah sie, dass Freddie vor ihr stand. Er trug einen sehr schönen Mantel aus Kaschmir zu engen Röhrenjeans. Der Regen hatte sein schwarzes Haar in einen glänzenden, glatten Helm verwandelt. Mit seinen schrägen Wangenknochen und den leuchtenden Augen sah er aus wie der Abgott eines Rockstars.
Milly fuhr sich panisch mit den Fingern durch ihre Platinmähne und rieb sich die verschmierte Wimperntusche von den Wangen.
»Alles in Ordnung, mein
Weitere Kostenlose Bücher