Den schnapp ich mir Roman
überprüfen.
»Ich habe ihr Wasser zu trinken gegeben, als sie aufwachte, aber sie schien sehr verstört über etwas. Sie scheint
zu denken, dass sie dir etwas erzählt hat, was sie nicht weitersagen sollte, und dass du gerade dabei bist, die Regenbogenpresse anzurufen. Ich habe ihr gesagt, das sei ja paranoid. Was immer es war, du würdest es für dich behalten. Du wärest kein so fieser Reportertyp.«
Dabei lächelte sie Tessa offen an, aber ihre blauen Augen blickten auch eine Spur ernst. »Das stimmt doch, oder?«
Tessa biss sich so fest auf die Unterlippe, dass sie Blut schmeckte. Sie wusste genau, warum Clemmie solche Angst hatte. Diese Information war eine Menge wert. Jillys pechschwarzes Herz würde vor Begeisterung aufglühen, wenn Tessa ihr von Clemmies Gefängnisstrafe erzählte. Das war genau die Sensation, auf die Jilly oder Tessa ihr ganzes Leben lang gewartet hatten. Ihre Journalistenkarriere würde raketenhaft abheben, und sie würde sich nie wieder um Geld oder Jobs sorgen müssen.
Tessa spielte mit ihrem Handy, weil ihr klar war, dass sie jetzt die richtige Entscheidung treffen musste. Es stand nicht nur Clemmies Karriere auf dem Spiel, es ging auch um ihre eigene. Sie wusste, dass keine andere Journalistin auch nur im Entferntesten daran denken würde, einen solchen Skandal für sich zu behalten. Die meisten würden sogar ihren Chef übergehen und die Geschiche meistbietend versteigern … Aber …
Tessa zögerte, denn sie wusste, wie sehr sie sich selbst hassen würde, wenn sie Clemmie so bloßstellte. Verdiente Clemmie es, zur Zielscheibe zu werden, nur weil sie vor langer Zeit einen Fehler begangen hatte? Ihr Leben gehörte ja nicht der Öffentlichkeit, aber Tessa wusste, wenn sie preisgab, was sie gerade herausgefunden hatte, dann würde Clemmie den Rest ihres Lebens in einer anderen Art von Gefängnis verbringen. Und jede Hoffnung, ihre Karriere wieder aufzunehmen, wäre vergeblich.
»Natürlich hattest du damit Recht. So eine bin ich
nicht«, sagte Tessa entschieden. Sie wusste jetzt, was sie zu tun hatte. »Clemmie hat mir etwas mitgeteilt … etwas, das über Nacht zur Sensation würde … Und sie würde dann von aller Welt angeklagt. Oder zumindest missverstanden.« Sie hakte sich bei Henny ein, was sie sofort entspannte. »Aber das kann ich ihr nicht antun … nicht Clemmie. Sie ist meine Freundin, und ich respektiere sie zu sehr.«
Henny tätschelte ihr tröstend den Arm. »Du bist wunderbar, Tessa. Ich wusste, dass du so was nicht tust.«
Tessa unterbrach sie. »Ich habe aber daran gedacht. Bin ich deshalb ein schlechter Mensch?«
Henny sah sie nachdenklich an, während sie zusammen hinuntergingen. »Schatz, du wärst kein echter Mensch, wenn du nicht zumindest daran gedacht hättest. Die meisten Journalisten hätten allerdings ohne eine Sekunde zu zögern die Sache ausposaunt. Es wäre jetzt schon in allen Nachrichten.«
»Was bedeutet, dass ich meinen Killerinstinkt verloren habe«, erkannte Tessa. Ihr sank das Herz. Jilly und JB hatten also Recht gehabt.
»Nein, Tessa.« Henny wies auf einen Stuhl für sie und machte ihr eine Tasse starken, aromatischen Kaffee. »Es heißt bloß, dass du zu nett bist, um Journalistin zu sein, und dass du den falschen Job hast. Tristan sagte schon, dass du von allem ziemlich enttäuscht wärest. Das hier beweist es nur, oder?« Sie lächelte Tessa freundlich an und schob ihr einen Notizblock und einen Stift zu. »Ich an deiner Stelle würde mir jetzt keine Vorwürfe machen, sondern das Buch schreiben, das du schon so lange planst.«
Vielleicht war es kein schlechter Vorschlag, endlich etwas zu schreiben. Eine Flucht in die Fantasiewelt war viel besser als die Wirklichkeit. Tessa verdrängte all die furchtbaren Gedanken an Jilly, zog den Block zu sich heran und begann zu kritzeln.
Sophie starrte in den Spiegel. Das Brautkleid war hinreißend. Ein Meisterwerk an diskreter Eleganz und coolem Retrolook. Wie bei allem, was Gil anpackte, war auch hier sein Geschmack unverwechselbar. Sie konnte ihm wirklich nicht vorwerfen, kein Händchen für solche Dinge zu haben. Das galt auch für die anderen Kleider, die er eigens ausgewählt hatte. Sie hingen nun alle an einer Stange über ihr, und sie hatte alle bereits zweimal anprobiert, war aber noch keinesweg in der Lage, eine Entscheidung zu treffen. Wenn sie ein Kleid aussuchte, würde die Hochzeit mit Gil tatsächlich stattfinden, und damit kam sie momentan immer noch nicht zurecht.
Sophie
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