Den schnapp ich mir Roman
als würde er im nächsten Moment explodieren, daher ging sie zur Tür und ließ ihn stehen. Als Tessa schließlich auf ihr Handy sah, sank ihr das Herz – drei SMS von Jilly waren eingetroffen.
Will, ihre Chefin und JB machten ihr Leben momentan recht unangenehm. Tessa warf die Notizen auf den Rücksitz ihres Audis und sprang auf den Fahrersitz. Die Unterhaltung mit Will zuletzt war sehr unangenehm verlaufen. Was sie noch mehr besorgte, war, dass sie eines der Notizblätter von Jilly verlegt hatte. Der Gedanke, dass sie es vielleicht in Wills Büro zurückgelassen hatte, war fürchterlich, daher redete sie sich ein, es anderswo verloren zu haben.
Tessa beschloss, zurück in ihr Cottage zu fahren und das Kleid auszuziehen, ehe sie weiter im Internet recherchierte, um etwas Negatives über Rufus und Clemmie zu finden. Jillys Journalisten-Antenne machte momentan Überstunden, denn sie war sicher, dass ein Skandal in der Luft lag. Jilly drückte es charmant so aus, sie »habe es im Urin«.
Auf der Fahrt über die gewundenen Landsträßchen nach Appleton Manor fragte Tessa sich, warum sie ausgerechnet bei diesem Job so wenig Lust hatte. An den meisten Tagen konnte sie sich nur schwer konzentrieren, sie wunderte sich über ihre Apathie und war von den geringsten Kleinigkeiten abgelenkt.
Dann entspannte sie sich einen Moment lang und hing Gedanken nach, wie sie den Roman, den zu schreiben sie plante, beginnen sollte. Bisher hatte sie kaum Ideen dazu gehabt, was für eine Geschichte es werden sollte, aber etwas, das Henny über ihre schöne französische Mutter Gabrielle und deren wilde Affäre mit diesem Alain gesagt hatte, war auf Tessas Interesse gestoßen. Sie fuhr auf Umwegen zurück zum Schlösschen und begann dabei diesen Gedanken auszuformen. Eine tolle Frau mit wilden blonden Locken und veilchenblauen Augen war in eine heiße Affäre mit ihrem Liebhaber in Paris verstrickt, und der trauernde Ehemann schwor, er würde die untreue Frau ewig lieben. Tessa parkte den Wagen vor dem Haupthaus und schlenderte in Gedanken versunken weiter.
Als sie die Tür zu ihrem Cottage öffnete, erlitt sie fast einen Herzanfall. In einem Sessel saß, ein Glas Weißwein in der Hand, ihren üblichen, wie ein Weihnachtsbaum blinkenden Laptop auf dem Schoß – Jilly.
»Da sind Sie ja, Kindchen.« Jilly lehnte sich zurück und sah sie mit ihren dunklen Korinthenaugen abschätzend an. »Ich habe mich schon gefragt, wo Sie sind, denn JB sagte, die Dreharbeiten seien schon vor einer Weile abgeschlossen.«
So eine Petze, dachte Tessa und versuchte, die Situation einzuschätzen. Ihre Chefin saß hier. In Appleton. Jilly, die ihr Viertel in London eigentlich nie verließ.
»Ich war zufällig in der Nähe, daher dachte ich, schaue ich mal rein und sehe, wie es läuft. Setzen Sie sich, Tessa – immerhin ist das Ihr Cottage hier.« Jilly deutete auf einen Sessel ihr gegenüber. Ihre kurzen Fingernägel trugen den üblichen dunkelroten Nagellack. Für eine Frau, die immer auf dem Sprung nach dem Allerneuesten war, war ihr Äußeres eine Sache von reinen Gewohnheiten.
Stumm folgte Tessa der Aufforderung. Obwohl draußen
über dreißig Grad herrschten, trug Jilly eins ihrer üblichen dunkelblauen Nicole-Farhi-Kostümchen. Es war tailliert und umschmiegte ihren dürren Körper wie ein Handschuh. Dazu trug sie ein Paar Chanel-Schuhe in Kontrastfarbe.
»Nettes Häuschen«, meinte Jilly, deren präzise geschnittene blonde Pagenfrisur kaum die Schultern streifte, als sie den Kopf drehte. »Praktisch auch, so nahe beim Haupthaus zu wohnen, um alles auszuschnüffeln.«
»Ja«, erwiderte Tessa, die der Mut verließ. Sie wusste, dass dies kein Zufallsbesuch war. Jilly war hier, um sie zu kontrollieren, was bedeutete, dass sie ihr nicht über den Weg traute … was hieß, dies würde eine sehr unangenehme Unterhaltung. Es war vermutlich nicht der richtige Augenblick, um zu gestehen, dass ihre Notizen über die Forbes-Henrys verloren gegangen waren. Sie atmete langsam aus und bemühte sich, gelassen zu wirken.
»Na, was haben Sie denn bisher herausgefunden, Kindchen? JB sagte, die Interviews mit Rufus und Clemmie seien bisher sehr gut gelaufen.«
Tessa kannte Jilly viel zu gut, um dies als Kompliment zu werten. »Ja, aber es gab ein paar kritische Augenblicke. Heute zum Beispiel hat Clemmie ziemlich heftig auf meine Fragen reagiert und sogar mit ihrem Oscar geprotzt. Was für mich hieß, dass ich sie verunsichert habe«, erklärte sie, doch Jilly
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