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Den schnapp ich mir Roman

Den schnapp ich mir Roman

Titel: Den schnapp ich mir Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sasha Wagstaff
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für Clemmie auch nur annähernd herausfordernd gewesen wäre. Sie hatte ein Bild von Jilly vor dem inneren Auge, wie sie angesichts ihrer – wie sie es nannte – »seicht-lockeren« Interviewtechnik die Augen himmelwärts drehte. Tessa wusste, dass sie sich ziemlich bald etwas einfallen lassen musste.
    Ihre Augen brannten unter den starken Scheinwerfern und der Hitze, aber sie widerstand dem Drang, sie zu reiben und die dicken Schichten Eyeliner zu verwischen, die Susie so kunstvoll aufgetragen hatte. Joe mit seiner Kamera hinter ihr wechselte nervös von einem Fuß auf den anderen, und Tessa spürte den Druck, dass sie nicht weiteres Filmmaterial verschwendeten.
    »Wann haben Sie sich denn entschieden, Schauspielerin zu werden, Clemmie?«, fragte Tessa. Sie blickte kurz zu Rufus, der in einer Boulevardzeitung blätterte. Er war heute gut aufgelegt, denn seine Laune spiegelte sich in einem dottergelben T-Shirt, das er statt des üblichen Schwarz trug. Es war bereits August, und Appleton litt unter einer fast tropischen Hitzewelle. Im Dorfladen war Eiscreme fast ausverkauft, und das Geschäft mit Sonnenschutzcreme und teuren Mineralwasserfläschchen blühte.
    Tessa bemerkte, wie Rufus wieder sehnsüchtig nach draußen blickte, als würde er lieber sonstwo sein, nur nicht hier. Das konnte sie ihm kaum zum Vorwurf machen, sie
selbst hätte auch lieber in der Sonne gelegen. Das Drehteam war Rufus und Clemmie ununterbrochen gefolgt, und zumindest für Rufus hatte es den Reiz des Neuen verloren.
    Clemmie schüttelte ihre dunklen Locken, die sich anschließend wieder im klassischen Hollywood-Stil um ihre Schultern legten. »Ich glaube, ich wollte das immer schon.« Dann lächelte sie und rekelte sich ausgiebig, bis sie fast aus dem schulterlosen korallenroten Sonnenkleid platzte, das sie schmeichend umhüllte. Es war ganz offensichtlich eine klassische Designer-Nummer – ohne eine einzige sichtbare Naht. Der Stoff wirkte auf sehr diskrete Weise teuer. »Ich bin früher oft an dem riesigen Hollywood-Schriftzug vorbeigefahren und habe mir dann gesagt, egal was passiert ist und wie die Leute mich beurteilen, eines Tages werde ich berühmt sein.«
    »Bedeutet das, dass Ihnen der Ruhm wichtiger war als künstlerische Glaubwürdigkeit?«, sprang Tessa rasch hinzu. Clemmie kniff bei diesem geschickten Versuch, ihr die Worte im Mund zu verdrehen, enttäuscht die haselnussbraunen Augen zusammen.
    Tessa schwitzte in dem weißen Stella-McCartney-Kleid, das Jilly ihr aus London geschickt hatte. Es war sehr elegant, wirkte aber auf sie irgendwie wie ein Bestechungsversuch, etwas, das ihr Appetit darauf machen sollte, den Anweisungen zu folgen und ein paar unangenehme Wahrheiten ans Tageslicht zu fördern. Tessa unterdrückte einen Seufzer. Manchmal fühlte sie sich gespalten. Ein Teil in ihr hasste es, dass Prominente manipuliert und von der Presse ausgebeutet wurden, der andere Teil aber stellte genau die Fragen, die das Publikum an ihrer Stelle fragen würde.
    »Nein, es bedeutet nicht, dass mir der Ruhm wichtiger war als meine künstlerischer Arbeit«, erwiderte Clemmie scharf. »Es bedeutet bloß, dass ich anstrebte, etwas in der
Welt zu bewirken, es bedeutet, dass ich wie die Idole sein wollte, die ich seit meiner Kindheit bewundert habe, und diesen Traum habe ich verfolgt.« Sie beugte sich vor und bot den Kameras einen tiefen Einblick in ihr sahneweißes Dekolletee. Sie legte eine kleine weiße Hand auf Tessas Knie. Sie fühlte sich kalt an und irgendwie missbilligend. Tessa spürte, wie ihr eine Schweißperle den Rücken herabrann.
    »So selten ich meinen Oscar auch erwähne«, fuhr Clemmie sehr ruhig, aber unmissverständlich bestimmend fort, »darf ich Sie kurz daran erinnern, dass Ruhm und Geld nichts sind im Vergleich zu einer solchen Auszeichnung. Falls ich wirklich nur an Berühmtheit interessiert wäre, hätte ich mich nicht dem Trauma unterzogen, die vergewaltigte Frau zu spielen, denn ich kann Ihnen versichern, Spaß hat das nicht gemacht. Ich hätte dann besser eine eher kommerzielle Rolle angenommen und hätte mit den Paparazzi in Nachtbars herumgehangen.«
    Rufus in seiner Ecke stieß einen Juchzer aus, der auch auf einem Rugbyplatz angemessen gewesen wäre. Er hob beide Hände mit emporgereckten Daumen, ehe er sich wieder seiner Zeitung zuwandte.
    Tessa schluckte und spürte die Spannung im Raum. Dann senkte sie den Blick, um Clemmies stählernen Augen zu entgehen, und überprüfte ihre Notizen. Sie spürte, wie

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