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Den Tod im Blick- Numbers 1

Den Tod im Blick- Numbers 1

Titel: Den Tod im Blick- Numbers 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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auch gesehen, aber was hieß das schon? Doch es half nichts, Spinne war nicht mehr zu bremsen.
    »Los, schmeiß die Tüten rüber, danach helf ich dir.«
    Ich warf sie auf die andere Seite, dann sah ich mir den Zaun an. »Ich weiß nicht …«, sagte ich zweifelnd.
    »Jetzt komm schon, stell den einen Fuß auf den Draht, leg die Hand auf den Zaunpfahl und dann spring. Ich fang dich auf.«
    Weil ich keine bessere Idee hatte, tat ich, was mir gesagt wurde. Der Draht bog sich unter meinem Gewicht, aber ich dachte: Scheiß drauf! , und versuchte hochzuklettern. Im selben Moment streckte Spinne die Hände rüber, packte mich unter den Armen, hob mich einfach auf die andere Seite und setzte mich sicher auf. Wir lächelten und klatschten uns ab. Dann sammelten wir die Tüten ein und gingen zwischen den Bäumen hindurch.
    Der Boden fiel steil ab. Unten war ein Fluss, bloß vier oder fünf Meter breit, aber er rauschte in wildem Tempo und lehmig aufgewühlt vorbei.
    »Wie tief der wohl ist?«, fragte ich.
    »Keine Ahnung, gibt nur einen Weg, das rauszufinden. Lass uns die Tüten ans andere Ufer werfen, dann geh ich rein und probier’s aus.«
    »Wieso probierst du’s nicht vorher aus? Wenn er zu tief ist, kommen wir eh nicht rüber. Ist also Quatsch, wenn wir die Tüten vorher ans andere Ufer werfen.«
    »Jem«, sagte er ernst, »wir müssen da rüber. Ich fürchte, wir haben gar keine andere Wahl. Klappt schon, ich versprech’s dir.« Er nahm eine Tüte, band die Griffe zusammen, schwang das Teil vor und zurück und ließ es dann mit einem leichten Stöhnen los. Die Tüte segelte übers Wasser und landete auf der andern Seite. Er grinste und machte sich an die restlichen. Alles ging gut bis zur letzten. Erst bekam er sie nicht richtig zu, dann flog sie zu steil in die Luft und landete schließlich mitten im Fluss.
    »Scheiße!«, sagte er, setzte sich hin und zog wie wild an seinen Schuhen und Socken. Er krempelte noch seine Jeans hoch, dann rutschte er mehr oder minder die Böschung hinab. »Hilfe!«, schrie er wie ein Mädchen. »Ist ja eisig!«
    Die Tüte war ungefähr zehn Meter flussabwärts getrieben und hatte sich in der Nähe des andern Ufers verhakt. Er begann hinzuwaten, das Wasser reichte ihm genau bis zu den Knien. »Wirf schon mal meine Schuhe auf die andere Seite und dann deine. Man kommt rüber, ist zwar saukalt, aber es geht«, rief er.
    Ich stopfte seine Socken in die Schuhe und schleuderte sie rüber, erst den einen, dann den andern. Spinne arbeitete sich zu der Einkaufstüte vor. Ich bückte mich, um meine Schuhe auszuziehen.
    »Uaaah!« Spinne hatte den Fluss halb durchquert und wedelte mit den Armen. »Ist ’n bisschen glitschig, musste echt aufpassen«, rief er.
    »Okay«, schrie ich und machte mich wieder dran, den Knoten zu lösen, in dem sich meine Schnürsenkel verheddert hatten. Spinne spritzte um sich und fluchte wie üblich, doch ich sah nicht hin. Schließlich, als ich Schuhe und Strümpfe ausgezogen hatte, stand ich auf, um sie rüberzuwerfen. Die Plastiktüte war immer noch da und tanzte umher, während das Wasser sie von dem wegzureißen versuchte, worin sie sich verhakt hatte. Aber Spinne nicht. Er war verschwunden.

KAPITEL 15
    Ich schaute die Uferböschung rauf und runter. Nichts. Meine Augen suchten die Wasseroberfläche ab – keine Spur von ihm. Die Unwirklichkeit der Situation war bleischwer. Ich fühlte mich, als wär in meinem Gehirn irgendwas aus den Fugen geraten und verrutscht: Ich war allein, Spinne hatte nie existiert, denn wenn es ihn gegeben hätte, wie konnte er dann so plötzlich verschwinden?
    Auf einmal gab es ein Stück weiter links in dem wirbelnden Wasser eine merkwürdige Bewegung. Irgendwas brach an die Oberfläche – ein Knie, ein Ellenbogen oder sonst was. Spinne war schon dreißig Meter entfernt, fortgespült von der Strömung. Ich lief die Uferböschung hinab. Verschiedene Körperteile tauchten auf, als das Wasser ihn wie eine Stoffpuppe herumwarf – sein Arm, sein Rücken, der Hinterkopf – nur nicht sein Gesicht. Sein Gesicht blieb unter Wasser.
    Ich geriet in Panik und rannte, so schnell ich konnte. Die Zweige am Ufer peitschten mir um die Ohren, als ich mich duckte und drunter wegtauchte. Ich war auf gleicher Höhe wie er und schrie und rannte gleichzeitig. Er hörte mich nicht. Ich schaute wie wild um mich, ob es nicht irgendwas gab, womit ich ihn erreichen konnte. Ich zerrte an einem langen Ast und versuchte ihn abzubrechen, aber ich war nicht

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