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Den Tod im Blick- Numbers 1

Den Tod im Blick- Numbers 1

Titel: Den Tod im Blick- Numbers 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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was wir geschafft haben! Kein Wunder, dass ich platt bin.« Ich ließ mich nach hinten fallen, mir war völlig egal, worauf ich lag.
    »Wenn wir das alles sehen können, dann kann uns auch jeder von dort sehen. Lass uns weiter reingehen.« Ich weiß nicht, was mit Spinne los war. Es schien, als hätte er plötzlich eine Vernunftpille oder so was geschluckt.
    Ich stöhnte, mühte mich wieder auf die Beine und folgte ihm tiefer in das kleine Waldstück. Er hatte sich sämtliche Tüten geschnappt und einen Platz zwischen vier Baumstämmen gefunden, wo wir uns niederließen. Im Stehen konnten wir die Wiesen noch sehen, aber im Sitzen war alles von Pflanzen und Büschen verdeckt. Wir waren geschützt.
    Der Boden war hart und uneben. Spinne breitete die Decke aus, die er getragen hatte. Man spürte zwar noch immer die Buckel und Dellen darunter, aber es war zumindest ein bisschen weicher.
    Spinne saß gegen einen Baumstamm gelehnt, ich dagegen lag flach und schaute hinauf in die Bäume. Es war verrückt. Obwohl ich wusste, dass die Stämme ziemlich gerade waren, schien es, als ob sie sich, je höher sie über mir in den Himmel ragten, immer weiter zueinander neigten. Ihre Äste wirkten schwarz vor der Helligkeit und erzeugten ein Muster, das so kompliziert war, dass man kaum hingucken konnte. Es schien, als ob sie eine hypnotische Wirkung ausstrahlten. Der Wind rauschte durch die Zweige und machte dieses wahnsinnig irre Geräusch – es hätte Wind oder Wasser oder sogar Verkehr sein können –, total beruhigend.
    »Ich kann nicht glauben, dass wir das wirklich gemacht haben«, sagte ich nach einer Weile.
    »Was?«
    »Dass wir die ganze Strecke gelaufen sind.«
    Spinne schnaubte. »Ja, ziemlich cool, was man so schafft, wenn man muss. Wir können ja den ganzen Weg bis nach Weston zu Fuß gehen.«
    »Wie weit ist das?«
    »Keine Ahnung. Weit, Mann.«
    Ich stöhnte wieder, schloss die Augen und konzentrierte mich auf das Geräusch, nur auf das Geräusch …
    Als ich aufwachte, tat mir der Kopf weh und ich hatte ein grässliches Gefühl im Mund – innen wie ausgetrocknet und um die Lippen klebrig. Ich hatte Probleme, mich zu erinnern, wo ich eigentlich war, und als ich mich aufsetzte und umschaute, wusste ich nicht, ob es Morgen oder Abend war. Meine Uhr zeigte halb fünf. Spinne schnarchte mit dem Rücken zu mir, eingerollt wie ein Baby. Ich betrachtete sein Gesicht von der Seite. Wenn er schlief, konntest du ihn für ein Kind halten – er wirkte friedlich, irgendwie unschuldig. Ganz kurz spielte ich mit dem Gedanken, wie es wohl wäre, Mutter zu sein. Es machte mir Angst – unvorstellbar, dass das was für mich wär. Mit so viel Verantwortung würde ich nie klarkommen. Abgesehen davon, wie sollte ich je einem Kind – meinem Kind – ins Gesicht schauen, wenn ich sofort das Todesdatum sah, noch bevor es richtig gelebt hatte? Manche Leute sind einfach nicht geschaffen für Kinder. Ich war so jemand. Keine große Sache.
    Ich rieb mir Augen und Stirn, doch der Schmerz im Kopf pochte weiter. Ich streckte die Hand aus und suchte in den Tüten nach was zu trinken. Die Cola tat gut, aber lieber wär mir was Heißes gewesen – ein schöner Becher Tee oder heißer Kakao. Irgendwas Wohltuendes. Spinne musste gehört haben, wie ich in den Plastiktüten rumwühlte, denn er reckte sich plötzlich und drehte sich um.
    »Wie spät ist es?«
    »Halb fünf.«
    »Mann, wir haben den ganzen Tag verschlafen.« Er setzte sich langsam auf. »Fühl mich echt scheiße.«
    Ich reichte ihm die Cola. »Wir haben auch noch nichts Richtiges gegessen oder getrunken.«
    Er nahm einen Schluck. »Ah, schon besser. Irgendwelche Anzeichen, dass sie uns auf den Fersen sind?«
    »Keine Ahnung. Ich hör nichts.«
    »Wir schauen gleich mal nach. Und dann lass uns was essen.« Wieder durchforsteten wir die Tüten und mümmelten uns durch Chips, Cracker, Kekse und Schokolade.
    Spinne stand auf, während wir aßen, und spazierte durch unser kleines Waldstück, erst bis zum Rand auf der einen Seite, dann wieder zur Mitte zurück, wo er sich einen neuen Keks nahm, danach weiter zum Rand auf der andern Seite. »Ich seh nichts«, sagte er, gleichzeitig kauend und sprechend. »Eigentlich hatt ich gedacht, wir gehn noch ’n Stück, aber jetzt wird’s ja schon dunkel. Ich glaub, wir sollten lieber hierbleiben und morgen in aller Frühe aufbrechen.«
    Dagegen hatte ich überhaupt nichts einzuwenden. Am liebsten wär ich nie mehr weitergelaufen.
    Nachdem wir

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