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Den Tod im Blick- Numbers 1

Den Tod im Blick- Numbers 1

Titel: Den Tod im Blick- Numbers 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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erinner mich irgendwie an gar nichts. Ich dachte, wir laufen durch ’ne Wiese, und auf einmal lieg ich flach auf dem Rücken, total nass, und du weinst – tut mir leid, Miss Glücklich.« Er versuchte sich aufzusetzen und schaute sich um, als ob er von einem andern Stern käm und gerade erst hier gelandet wär. »Hey, du bist ja auch ganz nass«, sagte er und dann breitete sich langsam ein fettes Grinsen auf seinem Gesicht aus. »Du hast doch nicht etwa Mund-zu-Mund-Beatmung gemacht?«
    »Nein. Halt die Klappe.«
    »Du hast, stimmt’s?«
    »Nein! Ich hab auf deinen Magen gedrückt, bis das Wasser kam, aber inzwischen wünscht ich, ich hätt’s nicht getan, du verdammter Idiot.«
    Er streckte die Hand aus, fuhr mir über den rasierten Kopf und sein Lächeln verschwand, als ihm die Situation bewusst wurde. »Du hast mich gerettet. Du hast mein Leben gerettet. Verdammt, Jem. Ich bin dir was schuldig, Mann.«
    Ich schüttelte ihn ab. »Vergiss es. Ich hab bloß gemacht, was jeder getan hätte.«
    »Ist aber niemand anders hier, oder? Nur du warst da. Nur du konntest mich retten. Und du hast es getan.«
    »Lass einfach gut sein, ja? Ist keine große Sache. Zumindest sind wir schon mal auf der richtigen Seite vom Fluss. Wir müssen nur noch zu unseren Sachen zurück. Damit wir trockene Kleidung kriegen. Scheiße, mir ist nämlich verdammt kalt.« Das stimmte. Ich zitterte genauso heftig wie Spinne.
    Wir halfen uns gegenseitig auf die Beine, schwankten die Böschung hoch und schleppten uns wieder flussaufwärts. Spinne vorneweg wie immer, doch er blieb dauernd stehen und drehte sich um, dann lächelte er, schüttelte den Kopf und ging weiter. Und die ganze Zeit rasten die Gedanken wie blöde in meinem Kopf rum. Also stimmten die Zahlen doch. Heute war nicht sein Tag. Aber wenn ich nicht dort gewesen wäre, dann wär er bestimmt untergegangen – er war halb tot gewesen, als ich ihn aus dem Wasser zog. Spinne wusste es: Ich hatte ihn gerettet. Ich hatte ihn am Leben gehalten.
    In meinem Kopf drehte sich alles. Was, wenn er eigentlich heute hätte sterben sollen, ich aber dafür gesorgt hatte, dass es anders ausging? Die ganzen letzten Wochen hatte ich mich schuldig gefühlt wegen des alten Penners. Ich hatte nie vorgehabt, ihm was anzutun, aber ich konnte nicht dagegen an: Es war immer das Gefühl da, wir hätten ihn auf die Straße gehetzt. Vielleicht war es mit den Zahlen ja eine zweischneidige Sache. Was, wenn ich nicht nur für den Tod verantwortlich wäre – was, wenn ich auch Leben retten konnte? Und wenn ich heute Spinnes Leben gerettet hatte, konnte ich es dann auch am Fünfzehnten schaffen?

KAPITEL 16
    Unsere Tüten lagen noch dort, wo wir sie hingeworfen hatten. Spinne fischte mit einem Ast die letzte aus dem Fluss. Wir suchten uns beide was Trockenes zum Anziehen und drehten einander den Rücken zu, als wir uns umzogen. Mir war viel zu kalt – geradezu lähmend kalt –, um mir Gedanken zu machen, ob Spinne wohl linste, und ich selbst war viel zu beschäftigt, mich trocken zu kriegen, um ihn heimlich zu beäugen. In der Hektik hatte ich vergessen, Ersatzunterwäsche von Val einzupacken – ehrlich gesagt wollte ich lieber nicht wissen, was sie unter ihren Klamotten trug –, also behielt ich den nassen BH und die nasse Unterhose an und wechselte bloß die Jeans und das Oberteil. Ich zog so viele trockene Schichten übereinander, wie ich nur finden konnte, und zuletzt Vals Mantel. Dann stopften wir alle nassen Sachen in eine Tüte und machten uns wieder auf – frierend, geschockt, zitternd.
    Während wir uns vom Fluss entfernten, stießen wir auf immer neue Hügel. Ich war hundemüde von unserem Abenteuer im Fluss. Meine Beine fühlten sich an wie Blei, als wir uns den Weg entlangschleppten. Es überraschte mich nicht, dass auch Spinnes Bewegungen das Federnde fehlte.
    Wir waren noch immer unterwegs zu der kleinen Baumgruppe oben auf einem der Hügel. Langsam glaubte ich, die Bäume wären so was wie diese Phantomdinger in der Wüste, die verschwinden, wenn du näher kommst, aber schließlich erreichte Spinne eine Hügelkuppe und stieß einen kleinen Schrei aus: »Hey, wir sind da!« – und erstaunlicherweise stimmte es. Wir liefen den Hügel auf der andern Seite runter, dann die letzte Anhöhe rauf und befanden uns auf einmal im Schutz des kleinen Waldstücks.
    Am Rand sackte ich zusammen und schaute den Weg zurück, den wir gekommen waren. Ich konnte nicht glauben, wie weit es war. »Sieh nur,

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