Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Den Tod im Blick- Numbers 1

Den Tod im Blick- Numbers 1

Titel: Den Tod im Blick- Numbers 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
Vom Netzwerk:
entfernt zuckelte der Lastwagen; er folgte uns.
    Als ich drauf achtete, waren plötzlich überall Lastwagen – einer ein paar Fahrzeuge vor uns und jede Minute oder so kam uns einer entgegen. Wenn der Typ uns gesehen und seinen Kumpeln Bescheid gesagt hatte, waren wir erledigt. Die konnten jede unserer Bewegungen genau verfolgen. Ein Laster kam uns entgegen, und als ich ins Führerhaus sah, schaute mir der Fahrer direkt in die Augen – nur für einen Moment – und dann weg. Er hatte Kopfhörer auf und redete, während er an uns vorbeifuhr.
    »Spinne, wir müssen verschwinden. Die sind uns auf den Fersen. Der Laster da eben – der Fahrer hat mich voll angesehen. Hast du das mitgekriegt?«
    »Nee, Mann. Ich seh auf die Straße, wie du gesagt hast.«
    »Achte mal auf den nächsten.«
    Ein paar Minuten später näherte sich ein weiterer Laster. Der Fahrer checkte uns eindeutig. Auch Spinne bemerkte es.
    Er fluchte, bog an der nächsten Abzweigung ab und fuhr eine schmale Straße entlang. Ich hielt mich mit der einen Hand an der Tür, mit der andern am Armaturenbrett fest und betete, dass uns niemand entgegenkam. Er bremste ab und hielt schließlich an einer Stelle, wo ein kleiner Weg, der nicht breit genug für ein Auto war, auf die Straße mündete.
    Es gab ein Schild, ein grünes, auf dem stand Fußweg . Ich verlor den Mut.
    »Such unser Zeug zusammen, den Rest müssen wir zu Fuß gehen.«
    »Kommt gar nicht in Frage. Wohin denn? Wie …?«
    »Wir laufen den Weg hoch und gehn ein paar Kilometer, dann suchen wir uns was zum Schlafen und ich besorg uns so schnell wie möglich ’nen neuen fahrbaren Untersatz. Klau was von ’nem Hof. Jetzt mach schon, pack unseren Kram zusammen.«
    Wir stopften so viel wir konnten in ein paar Plastiktüten. Ich blätterte hektisch in dem Kartenatlas und riss die Seiten raus, auf denen die Stelle, wo wir uns befanden, und sämtliche Orte zwischen dort und Weston zu sehen waren.
    »Super Idee. Kluges Mädchen.« Wieder konntest du spüren, dass Spinne voll auf Adrenalin war. Ich glaube, mir ging es nicht anders, aber es war wie mit den zwei Seiten einer Medaille. Er war erregt und genoss das Abenteuer, mich zerfraß die Angst – sie würden uns schnappen.
    Wir kriegten nicht alles in den Tüten unter. Ich zog den Mantel an, was leichter war, als ihn zu schleppen, und Spinne legte sich eine der Decken um die Schultern, dann gingen wir, nach einem letzten Blick auf den Wagen, den Fußweg hoch. Keine Ahnung, wie wir aussahen – wie so ein paar Penner, nehm ich an. Jedenfalls nicht wie Wanderer mit Rucksack und Stiefeln, mehr wie ganz normale Jugendliche mit Plastiktüten plus einem Hauch von Altkleidersammlung.
    Die Tüten waren echt lästig. Eine knallte mir ständig vors Bein, egal, wie ich sie hielt. Ich versuchte sie auf die andere Seite zu drehen, ich nahm sie in die andere Hand, nichts half. Rums, rums, rums. Das Plastik schnitt mir in die Hände – ein fieser bohrender Schmerz. Und meine Füße und Beine waren mir ständig im Weg. Der Weg war schrecklich uneben; er hatte zwei tiefe Spuren aus Schottersteinen, großen und kleinen, und einen Buckel aus Gras in der Mitte. Zuerst lief ich in einer der Senken, aber auf dem Schotter knickte ich dauernd um, also wechselte ich auf den Grasstreifen. Das war ganz okay, bis er sich plötzlich entschloss, einfach abzusacken, oder es war ein Loch, was weiß ich, jedenfalls knickte ich wieder um. Und die ganze Zeit, rums, rums, rums, die Scheißeinkaufstüten. Ich war so empfindlich, dass ich das Gefühl hatte, ein Schlaghammer würde mir vors Knie donnern.
    Nachdem das den halben Morgen so gegangen war, blieb ich stehen und ließ die Tüten fallen. Ich drehte meine Hände um und schaute die Innenflächen an; sie waren knallrot, durchzogen von fetten weißen Streifen, wo die Tüten in die Haut geschnitten hatten. Spinne lief weiter, ohne was davon mitzubekommen. Es war, als ob er Musik hörte. Er lief in seinem eigenen Rhythmus, nickte mit dem Kopf und die Beine federten irgendwie – aber natürlich war es nicht so, es sei denn, die Musik spielte in seinem Kopf. Nach ein paar Sekunden merkte er, dass ich nicht nachkam, und drehte sich um.
    »Was ist?«
    »Ich kann nicht mehr. Ich bin völlig fertig. Können wir nicht eine Pause machen?«
    Er schaute auf die Uhr. »Wir sind grad mal sechs Minuten unterwegs. Wenn du zu der Kurve da drüben zurückläufst, kannste den Wagen noch sehen.«
    Ich kickte mit dem Fuß gegen eine der Tüten.

Weitere Kostenlose Bücher