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Den Tod im Blick- Numbers 1

Den Tod im Blick- Numbers 1

Titel: Den Tod im Blick- Numbers 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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»Ich kann das nicht! Ich will nicht laufen!«
    »In London laufen wir kilometerweit, am Kanal lang und durch die Straßen. Kilometerweit, Mann. Du kannst das.«
    »Ja, aber das ist London, Zivilisation. Die haben da Teer und Bürgersteige. Das hier ist scheiße! Mir tun die Knöchel weh. Und die bescheuerten Tüten knallen mir ständig vors Bein. Und guck dir mal meine Hände an!« Ich hielt sie ihm entgegen.
    »Hör zu«, sagte er geduldig, »wir müssen so weit wie möglich von der Karre wegkommen und irgendwas finden, wo wir uns verstecken können. Warum folgen wir nicht einfach ein paar Stunden dem Weg und gucken, wo er hinführt?«
    »Du kapierst nicht! ICH KANN NICHT!« Ich stieß einen Frustschrei aus, vielleicht stampfte ich sogar mit dem Fuß auf. Dann nahm ich mit beiden Händen, eine Tüte und schmiss sie weg. Sie segelte elegant durch die Luft und landete auf einer Hecke, ungefähr zwei Meter hoch.
    Spinne kam auf mich zugetrottet und legte mir seine Hand auf den Mund. »Psst! Wenn du weiter so schreist, sind gleich alle hier, du Knallkopf.« In seinen Augen tanzte ein Licht und auf seinem Gesicht lag ein breites Grinsen. Er lachte mich aus.
    Er lachte.
    Mich.
    Aus.
    Ich drehte durch, schlug mit den Fäusten um mich, trat mit den Füßen, schrie und knurrte. »Wag es bloß nicht, mich auszulachen! Wag es nicht …!«
    Statt zurückzuweichen oder zurückzuschlagen, schlang er seine Arme und Beine um mich, er wickelte mich mehr oder weniger ein und drückte mich an sich. Meine Arme lagen seitlich am Körper, die Beine hatten keinen Millimeter mehr, sich zu bewegen. Ich wurde zusammengepresst, mein Gesicht in den stinkenden Bereich unter seinen Armen. Irgendwie presste er die Wut aus mir raus. Ich spürte, wie sie verschwand, wie sich mein Körper entspannte. Sein Kinn ruhte auf meinem Kopf und wir standen eine Weile so da, einfach nur atmend.
    »Alles wieder okay?«, fragte er nach einiger Zeit.
    »Nein.« Doch ich fühlte mich gut oder zumindest besser.
    Spinne ließ mich los und ging die Tüte von der Hecke angeln. »Na komm, wir essen ’n bisschen Schokolade und dann gehn wir weiter. Ich nehm deine Tüten.«
    Ich konnte das unmöglich zulassen – ich meine, ein bisschen Stolz hab ich ja auch.
    »Verpiss dich, ich trag die Tüten selber.«
    »Na gut.«
    Am Ende schlossen wir einen Kompromiss. Er nahm die bollernde Tüte und wir machten uns wieder auf, den Weg hoch. Genau in dem Moment, als durch die Zweige und Blätter über uns ein sanftes gelbes Licht schimmerte, hörten wir von der Hauptstraße die Polizeisirenen.

KAPITEL 14
    Der Weg endete an einem Gatter. Wir setzten unsere Tüten ab, stützten uns auf das Tor und spähten darüber. Der Weg schien geradeaus weiterzuführen, mitten durch eine Wiese. Das Ende war nicht zu sehen, weil es in einer Senke verschwand, aber dahinter erhob sich Wiese um Wiese, so weit das Auge reichte. Es war ein gottverlassenes Nichts.
    »Verdammte Scheiße, wo gehen wir hin?«, fragte ich.
    Spinne zuckte die Schultern. »Hauptsache, weg von der Karre. Irgendwohin.«
    »Wir können da nicht lang.« Ich nickte mit dem Kopf in Richtung Einöde.
    »Wieso nicht?«
    »Schau doch mal hin, Schwachkopf! Da sind keine Bäume, keine Hecken. Jeder im Umkreis von fünfzig Kilometern entdeckt uns sofort.«
    »Willst du zurückgehen? Dich ins Auto setzen, bis sie uns finden und rauszerren, uns auf den Boden werfen, breitbeinig, Knarre im Nacken?«
    »Wieso Knarre …?«
    »Die halten uns für Terroristen.«
    Ich legte den Kopf auf meine Arme und schloss die Augen. Ich weiß nicht, wie ich mir das Leben auf der Flucht vorgestellt hatte, aber so jedenfalls nicht. Ich war so erschöpft, eine bleierne Müdigkeit kroch in meinen Armen und Beinen hoch.
    »Können wir nicht einfach eine Weile hierbleiben?«, fragte ich, den Kopf noch immer nach unten gesenkt, die Stimme gedämpft von den Ärmeln.
    Spinne schüttelte den Kopf. »Das ist zu nah am Wagen. Wir müssen weiter.« Er unterbrach sich. »Schau mal, da oben stehn ’n Haufen Bäume. Da können wir uns verstecken, bis es dunkel wird.«
    Ich schaute auf. Ungefähr dreißig Kilometer entfernt klebte oben am Rand der Hügelkante ein dunkler Fleck.
    »Wie, das da? Da drüben?«
    Er nickte. »Ja, kostet ’ne halbe Stunde, höchstens vierzig Minuten. Das schaffen wir.« Er schnappte sich die Tüten und hob sie über den Zaun, danach nahm er die Holzstufen, was mit seinen langen Beinen kein Problem war.
    Ich seufzte und folgte ihm. Der

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