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Den Tod im Blick- Numbers 1

Den Tod im Blick- Numbers 1

Titel: Den Tod im Blick- Numbers 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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konntest genau sehen, wie die Knochen hervorstachen, als er die Zähne zusammenbiss.
    »Holt eure Mathebücher heraus«, bellte er. »Ich vergeude bloß meine Zeit«, murmelte er vor sich hin. »Vergeude bloß meine Zeit.«
    Als wir die Klasse verließen, klatschte mich Spinne ab. Normalerweise machte ich so was nicht, doch meine Hand hatte ihren eigenen Willen und fuhr nach oben, um seine zu berühren.
    »Gefällt mir, deine Art, Mann«, sagte er und nickte zur Bestätigung. »Den haste echt fertiggemacht. Klarer Sieg.«
    »Danke«, antwortete ich. »Spinne?«
    »Ja.«
    »Du nimmst doch keine Drogen, oder?«
    »Nee, keine harten. Hab ihn nur verarscht. Geht manchmal echt einfach, was? Läufste nach Hause?«
    »Nein, muss noch nachsitzen.« Ich wollte mich ein paar Minuten zurückziehen, die Massen von Jugendlichen ausdünnen lassen. Karen würde draußen vor dem Schultor warten. Sie brachte mich zurzeit jeden Tag zur Schule und holte mich auch wieder ab, so lange, bis ich mir »ihr Vertrauen verdient« hatte. Auf gar keinen Fall sollte mich irgendwer mit ihr zusammen sehen.
    »Bis dann.«
    »Ja, bis dann.« Er ließ seine Tasche fallen, kickte sie durch die Klassentür und folgte ihr. Und während ich ihn beobachtete, dachte ich: Verdammt, halt dich bloß von Drogen fern, Spinne. Die sind gefährlich.

KAPITEL 03
    Es war einer dieser grauen Novembertage, an denen es überhaupt nicht richtig hell wird. Der Regen fiel nicht wirklich – er war einfach da, hing in der Luft, legte sich aufs Gesicht und löschte alles. Ich spürte, wie er in mein Kapuzenshirt drang, weil die Schultern und der ganze obere Teil des Rückens kalt wurden. Wir standen hinter dem Einkaufszentrum, wo die grauen Betonplatten der Wände auf das triste grüne Band des Kanals stießen.
    »Wir sollten reingehen, da ist es wenigstens trocken«, schlug ich vor. Spinne zuckte die Schultern und schniefte. Selbst seine Bewegungen waren heute reduziert, als ob das Wetter ihn schwächte.
    »Kein Geld. Außerdem sind die Wachleute hinter mir her.«
    »Hier bleib ich jedenfalls nicht. Ist mir zu kalt, zu unangenehm und zu langweilig.«
    Spinne fing meinen Blick auf. »Und sonst?«
    »Ist es scheiße.«
    Er schnaubte anerkennend, dann wirbelte er herum und lief den Treidelpfad entlang. »Los, komm, wir gehn zu mir. Ist nur meine Oma zu Hause und die ist okay.«
    Ich zögerte. Wir waren da irgendwie reingeschlittert, dass wir auf einmal zusammenhingen, nach der Schule, an den Wochenenden, seitdem Karen die Zügel wieder ein bisschen lockerer ließ. Nicht ständig – Spinne zog manchmal nach der Schule auch mit einer Jungsgang los. Soviel ich wusste, war er mit denen schon früher zusammen gewesen, bis es irgendwann Streit gab oder auch eine Schlägerei, danach hielt er sich eine Weile fern. So läuft das ständig bei Jungs. Die sind wie Tiere, wie Affen oder Löwen, die die Hackordnung klären müssen von wegen, wer Boss ist. Egal, was auch immer der Grund war, an diesem Samstag war er jedenfalls nicht mit ihnen unterwegs und wir langweilten uns zu Tode. Es gab einfach nichts, was wir tun konnten.
    Zu irgendwem nach Hause zu gehen war was Besonderes für mich. Es hatte mich noch nie jemand gefragt. Selbst als ich klein war, hatte ich nie zu den Mädchen gehört, die zu zweit aus der Klasse hüpften, sich an den Händen hielten und vor Aufregung kicherten. Eine Freundin mit nach Hause zu bringen passte einfach nicht zu Mas Lebensstil.
    »Weiß nicht«, sagte ich zögernd. Wie üblich. Ich hatte Angst, jemand Neuem zu begegnen, weil ich nicht wusste, ob ich ihn ansehen sollte oder nicht. Die Leute halten mich für verschlagen, weil ich sie nicht anschauen mag, aber in Wirklichkeit will ich mich ja nur aus ihrem Leben raushalten – zu viel Information.
    »Wie du willst«, sagte er, steckte seine Hände in die Taschen und stiefelte allein los.
    Der Regen lief mir ins Gesicht und nervte mich jetzt. »Nein, warte!« Ich rief und rannte hinterher, um ihn einzuholen, und schließlich gingen wir zusammen, Kapuze auf, Kopf nach unten, durch den ekligen Londoner Nieselregen.
    Es dauerte ungefähr fünf Minuten – zu so einer Maisonettewohnung an der Vorderseite der Parksiedlung. Die Wohnung lag in der Mitte einer Reihenhaussiedlung, im Erdgeschoss, mit einem kleinen Garten davor. Der Garten war nichts Besonderes, bisschen Gras, paar Blumen und so, aber der Hammer waren all diese kleinen Figuren: Zwerge, Tiere. Es war zum Brüllen.
    »Cooler Garten«, sagte ich,

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