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Den Tod im Griffl - Numbers 3

Den Tod im Griffl - Numbers 3

Titel: Den Tod im Griffl - Numbers 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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hinein. Er murmelt etwas von Essen und einem Bett, aber ich nehme es gar nicht richtig auf. Unsere Schritte hallen dumpf auf dem Betonboden. Im Hintergrund höre ich ein tiefes, mechanisches Pochen.
    Jeder Schritt fühlt sich an wie ein Schritt fort vom Leben, vom Licht und von allem, was ich je gekannt habe, aber gleichzeitig ist er ein Schritt näher zu Mia und das allein zählt. Ich versuche mir den Weg zu merken, aber wir gehen um so viele Ecken, an so vielen Türen vorbei und überall herrscht das gleiche Kriegsschiffgrau, dass ich bald aufgebe.
    Dann höre ich etwas, das mich erstarren lässt. Ein Kind weint. Das Geräusch ist nur ganz leise zu hören, aber unverkennbar. Mia.
    Wir bleiben an einer Tür mit der Nummer 1214 stehen. Der Wachmann klopft und die Tür schwingt auf. Mias Stimme ertönt im Flur. Ich erhasche einen Blick auf den kahlen quadratischen Raum mit einem einzelnen Bett in der Ecke. Auf dem Bett sitzt eine Frau, neben ihr Mia mit zusammengekniffenem, knallrotem Gesicht und wild um sich schlagenden Armen und Beinen.
    »Mia!«, schreie ich. »Mia!« Ich schiebe mich an dem Wachmann vorbei und jage in den Raum hinein. Der Soldat hält mich nicht zurück.
    Mia hört schlagartig auf zu schreien und öffnet die Augen, dann wirft sie sich mir entgegen und klammert sich schluchzend an mich wie ein kleiner Affe. Ich küsse ihre Haare und drücke sie fest.
    Die Frau erhebt sich. »Sie war gerade dabei, sich zu beruhigen«, sagt sie wenig überzeugend.
    Als sie die Stimme hört, schreit Mia noch lauter.
    Das ist meine Tochter, meine Mia , denke ich.
    Die Frau schaut beleidigt, als sie den Raum verlässt und die Tür hinter sich zuschlägt. Ich höre den Schlüssel, der die Tür verriegelt. Auf dem Bett liegen Handtücher und Anziehsachen in zwei verschiedenen Größen. Doch die Wände sind kahl und es gibt kein Fenster. Es ist eine Zelle.
    »Wir sind eingesperrt, Mia«, sage ich und versuche die plötzlich aufkommende Panik zu unterdrücken.
    Mia hebt den Kopf von meiner Schulter. Ihre Augen sind ganz geschwollen vom Weinen. Ich spüre den heißen Atem in meinem Gesicht. Möglich, dass wir Gefangene sind, aber Mia ist bei mir. Sie lebt.
    »Einesperrt«, wiederholt sie.
    Ich drücke sie noch mehr und schaue mich dabei in dem Raum um. Nebenan ist ein Bad – einen Moment lang denke ich an fließendes Wasser und dass ich zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder heiß duschen kann.
    »Komm, wir waschen uns«, sage ich.
    Das Bad wirkt nüchtern, aber sauber. Ich drehe die Dusche auf. Die Rohre knarren und ächzen, dann kommt heißes Wasser aus dem Duschkopf gespritzt.
    Mia schüttelt den Kopf und klammert sich noch heftiger an mich.
    »Mia, das ist wie Regen – schöner, warmer Regen. Es wird dir gefallen.«
    Ich lasse kein Nein gelten. Zuerst ziehe ich mich aus, dann Mia, und ignoriere alle Proteste. Ich nehme sie an der Hand, trete unter die Dusche und ziehe sie sanft hinterher. Ich kippe mir Shampoo in die Handfläche und reibe es uns in die Kopfhaut. Das Shampoo, die Seife, der Dampf, selbst das Wasser – alles riecht klinisch, als wären wir in einem Krankenhaus. Doch sie erfüllen ihren Zweck. Das Wasser, das um unsere Füße fließt, ist grau. Reste von Zweigen und Blättern sammeln sich im Abfluss.
    Wir treten aus der Dusche und ich wickle mir ein Handtuch um, dann trockne ich Mia ab und ziehe sie an. Ihre Haut ist ganz rosa, sauber und warm. Die kleineren Sachen, die auf dem Bett liegen, sind zwar zu groß für Mia, doch sie kuschelt sich trotzdem hinein.
    Als ich die andern Sachen hochhalte, wird deutlich, sie haben nicht erwartet, dass ich schwanger bin. Es gibt Unterwäsche und ein T-Shirt, ein Sweatshirt und eine Jogginghose. Die Hose dehnt sich, sitzt aber trotzdem ziemlich eng über dem Bauch.
    Ich nehme den chemischen Geruch aus der Dusche wahr, der im Raum hängt, und starre auf das Schloss in der Stahltür und die kahlen, fensterlosen Wände.
    Wo kommt die Luft her? Wie können wir hier drinnen atmen, dreißig Meter unter der Erde?
    Der sicherste Ort in ganz England. Nur ein Weg rein und einer raus.
    Es ist mir egal, was der Mann gesagt hat. Wir können nicht bleiben. Ich muss hier raus.

ADAM
    Ich befinde mich in einem Zustand zwischen Schlafen und Wachsein. Keine Ahnung, wie lange das schon so geht, aber immer, wenn ich aufwache, steht ein Fremder da und stellt mir Fragen.
    »Wer bist du?«
    »Spürst du das?«
    »Wie viele Finger halte ich hoch?«
    Und ich werde untersucht –

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