Den Tod im Griffl - Numbers 3
Handgelenk wird festgeschnallt.
Ein anderer Assistent schiebt einen Trolley mit diversen Monitoren und einem Haufen Kabeln herein, die wie Spaghetti aussehen. Als er näher rückt, begreife ich, dass er die meisten Kabel an meinem Kopf befestigen will.
»Nein –«
»Das gehört alles zur Begutachtung deines Zustands«, sagt Newsome ruhig. »Ein notwendiges medizinisches Verfahren. Nichts weiter. Lehn dich einfach zurück. Versuch dich zu entspannen.«
Ich kann nichts anderes tun als dasitzen, doch ich beiße die Zähne zusammen und meine Arme und Beine sind angespannt und steif, als sie mich anschließen. Den Kopf müssen sie nicht rasieren: Das meiste Haar ist verbrannt, während ich an dem Abend, als Junior starb, ins Feuer stürzte, und der Rest ist so kurz geschoren, dass sie kein Problem haben, die Elektroden zu befestigen.
Sie verkabeln auch meine Brust, damit sie während der Tests mein Herz beobachten können. Und sogar meine Fingerkuppen. Was soll das alles? Das Ganze kommt mir vor wie eine Szene aus einem Spionagefilm. Gehört das zu einem Lügendetektortest?
»Schluss. Aufhören. Aufhören!«
Die ganze Sache kommt mir verdächtig vor. Verdammt verdächtig.
Newsome hat mir gegenüber zwei weitere Stühle aufgestellt, im Abstand von ungefähr einem Meter. Inzwischen sitzt er auf dem einen und der Grauhaarige auf dem andern. Der hat noch immer kein Wort gesagt. Aber seine Augen … diese dunklen Augen … und diese Zahl … ich kann meinen Blick nicht davon lösen.
»Ich werde dir jetzt ein paar Fragen stellen«, sagt Newsome, »und ich will, dass du mir ganz spontan antwortest. Das, was dir als Erstes in den Sinn kommt.«
»Okay.« Ich spüre, wie ich innerlich aufbrause. »Mach die Gurte los.«
»Was?«
»Das geht mir gerade durch den Kopf.«
»Ich hab ja noch gar nicht angefangen. Ich hab doch noch keine Frage gestellt.«
Er wird allmählich gereizt. Aber schließlich hat er das mit den Armgurten angefangen. Deshalb werde ich es ihm bestimmt nicht leicht machen.
Er wendet sich der Reihe von Monitoren zu, die neben ihm stehen, und fummelt an ein paar Reglern rum. Immer wieder fasst er nach oben und streicht sich die Haare hinters Ohr – die dichten braunen Haare, die zwanzig Jahre jünger aussehen als er selbst. Es ist ein Toupet. Es muss ein Toupet sein.
»Woran denkst du?«, fragt er. Ich zögere und er hakt sofort nach. »Was läuft da drinnen in deinem Kopf ab? Jetzt gerade, in diesem Moment.« Er schnippt mit dem Finger vor meinem Gesicht.
»Ich habe überlegt … wer dir die Haare geschnitten hat.«
Einer der Assistenten unterdrückt ein Lachen. Ich glaube zu sehen, wie ein Mundwinkel des Grauhaarigen zuckt, aber ich bin mir nicht sicher. Newsomes Augen ziehen sich zusammen, wenn auch nur ein kleines bisschen, und er läuft rot an im Gesicht. Er wendet sich ab und tut so, als ob er die Monitore überprüft, dann dreht er sich wieder zu mir um.
»Wie heißt du?«
Erst mal die leichten Fragen.
»Adam.«
»Adam und?«
»Adam … Marsh.« Meine Mum hieß Marsh. Heiße ich auch so? Ich erinnere mich nicht.
»Wie alt bist du?«
»Achtzehn.«
»Wann genau bist du geboren?«
»Am 23. August 2011.« Manches ist in meinem Kopf da, anderes nicht.
Er schaut nicht mehr auf die Monitore, sondern konzentriert sich auf mich.
»Wo bist du geboren?«
»Keine Ahnung.«
»Was siehst du, wenn du anderen Leuten in die Augen schaust?«
Du darfst es niemandem sagen. Niemandem.
»Nichts.«
Der Assistent, der direkt vor dem Monitor steht, sagt: »Lüge«, ohne aufzusehen.
»Du hast es gehört, Adam. Lass uns versuchen, bei der Wahrheit zu bleiben. Was siehst du in den Augen der Menschen?«
»Das Schwarze, das Farbige und das Weiße.«
»Du siehst noch etwas anderes.«
»Ist das eine Frage?«
Er beißt sich jetzt richtig fest.
»Ich weiß genau, dass du noch etwas anderes siehst«, sagt er mit Betonung auf jedem einzelnen Wort. »Was ist es, Adam?«
Wir sehen uns direkt an und er beugt sich sogar noch dichter zu mir heran.
»Nichts. Null. Gar nichts.«
»Siehst du vielleicht eine Zahl, Adam?«
»Nein.«
»Lüge, Sir.«
»Siehst du eine Zahl?«
Du darfst es niemandem sagen.
»Nein.«
»Nun sag schon, was siehst du, du kleines Arschloch? Was ist es? Was?« Jetzt rastet er aus.
Der Grauhaarige mischt sich ein. Er steht auf und legt Newsome eine Hand auf den Arm.
»Lass gut sein, Newsome. Mach fünf Minuten Pause.«
»Was?«, fragt Newsome.
»Komm erst mal wieder
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