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Den Tod vor Augen - Numbers 2

Den Tod vor Augen - Numbers 2

Titel: Den Tod vor Augen - Numbers 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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Zeichnung gesehen hatte, musste sie damit leben. Mit dem Wissen um ihre Zahl. Ich hab ihr das angetan …«
    Er verstummt und ich sehe, wie er versucht die Tränen aufzuhalten.
    »Ist schon okay«, sage ich. »Ist doch in Ordnung, dass du traurig bist wegen deiner Mum. Ich hab noch irgendwo ein paar Taschentücher.«
    Er schnieft laut und wischt sich mit dem Ärmel unter der Nase entlang.
    »Nein«, sagt er. »Ich bin okay. Ich brauch nichts. Alles in Ordnung.«
    Er setzt sich aufrecht, sortiert seine ruhelosen Arme und Beine. »Entschuldigung.«
    »Wofür?«
    »Für alles. Für die Peinlichkeit. Dafür, dass ich in deinem Albtraum auftauche.«
    Ich zucke die Schultern. »Kannst du ja nichts für. Du hast ja schließlich nicht drum gebeten, in meinem Traum zu sein, oder?«
    Er beugt sich vor, umkrallt eine Hand mit der andern, drückt die Finger zusammen.
    »Sarah, was ist, wenn dein Albtraum überhaupt nicht wahr werden muss? Was, wenn wir ihn ändern können?«
    Nicht wahr werden muss. Ach, wenn Adam doch nur Recht hätte … wenn er doch nur …
    »Ich hab versucht, Leute zu warnen«, sage ich. »Es steht alles da draußen, in dem Bild.«
    »Ist das der Grund, wieso du es gemalt hast?«
    »Keine Ahnung. Vin hat es vorgeschlagen. Er hat gehört, wie ich jede Nacht geschrien hab. Er meinte, ich sollte es zeichnen. Ich hab Berge von Zeichnungen oben. Es ist so real, Adam. Ich wollte, dass die Leute Bescheid wissen. Ich wollte, dass es aufhört.«
    »Hat es aufgehört? Ich meine, hat der Albtraum aufgehört?«
    »Nein.«
    Ich sinke aufs Sofa zurück, plötzlich total erschöpft. Auf einmal drücken mich die monatelangen schrecklichen Nächte nieder.
    »Du siehst kaputt aus«, sagt er. »Ich geh dann mal lieber.«
    Er ist schon auf den Beinen, auch ich versuche aufzustehen.
    »Schon gut«, sagt er. »Bleib sitzen. Ich finde hinaus … aber … ist es okay, wenn ich noch mal wiederkomme?«
    Ich sinke wieder aufs Sofa zurück, alle Energie ist komplett aus mir gewichen. Ich war so darauf bedacht, mich gegen ihn zu wehren, mich gegen den Dämon aus meinem Albtraum zu sperren. Aber Vinny hatte Recht. Er ist nur ein Junge, ein Junge, der genauso verwirrt ist wie ich. Ich bin erschöpft und ich will, dass er geht.
    Doch ich will auch, dass er wiederkommt.
    »Ja«, sage ich. »Du kannst wiederkommen.«
    Da lächelt er, so ein schiefes Lächeln, denn dort, wo die Haut verbrannt ist, ist sie steif. Irgendetwas an dieser Haut macht mich innerlich weich. Er geht dicht an mir vorbei und zögert eine Sekunde.
    »Tschüss, Sarah«, sagt er.
    »Tschüss.«
    Meine Augen fallen zu, noch bevor er zur Tür hinaus ist, und ich versinke in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

ADAM
    Sie schließt die Augen. So wirkt sie weicher, jünger. Ihre Haut ist sehr blass, fast weiß. Als ich an ihr vorbeigehe, sind wir uns so nah, dass ich ihren Moschusduft rieche, und ich möchte nur noch meine Arme um ihren Körper legen, sie an mich drücken, mein Gesicht in ihren Haaren versenken und sie einatmen.
    Ich stehe eine Weile in der Tür und beobachte sie. Ich könnte ewig so dastehen.
    Irgendwo in den Zimmern über mir ist ein Geräusch. Tief im Schlaf muss auch Sarah es hören, denn sie rutscht ein bisschen hin und her, ehe sie wieder zur Ruhe kommt. Das Geräusch ist nur schwach, wie von einem Kätzchen oder so, irgendeinem Tier, aber etwas daran irritiert mich. Ich schleiche auf Zehenspitzen an Sarah vorbei in den Flur. Als ich unten an der Treppe stehe, schau ich hinauf. Nichts deutet darauf hin, dass noch jemand da ist. Nur dieses Wimmern. Plötzlich glaube ich zu wissen, was es ist.
    Ich bin hin- und hergerissen – ich will es sehen und ich will fortlaufen. Vielleicht siegt die Neugier, vielleicht ist es auch mehr. Dieses Haus und Sarah, ich sollte sie wohl finden. Und jetzt soll ich hier sein, das Geräusch hören. Wenn ich fortlaufe, muss ich mich dem Anblick ein andermal stellen. Ich suche vorsichtig meinen Weg über die blanken Stufen, das Geräusch über mir ist noch da. Im ersten Stock ist das Geräusch immer noch über mir. Aber inzwischen pocht mein Herz wie verrückt in der Brust. Ich höre mich seufzend ein- und ausatmen.
    Weiter rauf bis ganz nach oben. Das Geräusch ist jetzt lauter und wird verzweifelter. Vier Türen gehen von dem Flur ab. Ich stoße eine nach der anderen auf, trete zurück, als ob ich erwarten würde, dass jemand dahinter seine Waffe zückt. Als Erstes das Badezimmer – an den Wänden ist Schimmel, ein

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