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Den Tod vor Augen - Numbers 2

Den Tod vor Augen - Numbers 2

Titel: Den Tod vor Augen - Numbers 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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Wasserhahn tropft auf einen rostigen Fleck im Waschbecken. Dann ein Zimmer mit lauter Klamotten auf dem Fußboden, auf den blanken Fußbodenbrettern eine Matratze. An die Wand gelehnt eine Gitarre. Im zweiten Zimmer ein altes Sofa, das jemand als Bett benutzt, und überall Bücher- und Zeitschriftenstapel. Alle Zimmer sind leer.
    Bleibt noch ein letztes.
    Die Tür steht halb offen. Das Geräusch dringt jetzt voll in die Ohren und es ist eindeutig kein Tier. Ich bleibe vor der Tür stehen. Ich darf das nicht tun. Mach schon, sage ich mir, na los, jetzt bist du schon so weit gekommen.
    Ich drücke die Tür weiter auf, stehe da. Verglichen mit den anderen Zimmern ist dieses überraschend ordentlich. In einer Ecke liegt eine Matratze auf dem Boden, darüber ist eine Decke gebreitet und glatt gestrichen. Kleider, Decken und Handtücher liegen sorgfältig zusammengefaltet übereinander auf ein paar Regalbrettern – man sieht, dass sich jemand Mühe gegeben hat.
    Neben dem Bett liegt eine große Schublade auf dem Fußboden. Von der Tür aus kann ich nur zwei kleine rosa Hände sehen, die in der Luft hin und her schlagen.
    Ich gehe drauf zu und schaue hinab. Das Baby ist im Gesicht ganz rot vom Weinen. Die Augen sind fest geschlossen, die Wimpern tränenfeucht. Es wedelt mit den Händen herum, auch die Beine bewegen sich – links, rechts, links, rechts, reiben gegen das Laken.
    Ich geh in die Hocke.
    »Was soll denn der ganze Lärm?«, frage ich.
    Auf einmal kommen die Arme und Beine zur Ruhe, es schlägt die Augen auf. Die Augen sind leuchtend blau. Wie die seiner Mum. Ich keuche. »Nein. O bitte, Gott, nein.«
    Wie eine Kugel, die auf mein Hirn gerichtet ist, jagt seine Zahl durch mich hindurch.
    01012028.

SARAH
    »Verdammt, was machst du? Geh weg von ihr.«
    Er ist da, in meinem Zimmer, und kniet an ihrem Bett. Die ganze Zeit war er nur hinter ihr her. Die ganze Geschichte von wegen armer verlorener Junge war Scheißdreck. Er wusste, dass das Baby hier ist – er wollte an Mia ran.
    Er schaut über die Schulter. Schuldbewusst. Auf frischer Tat ertappt. Und ich sehe sein Gesicht, Mias Gesicht und weiß, der Albtraum wird wahr.
    »Sie hat geweint. Ich bin nur raufgegangen, um zu sehen, ob …«
    »Geh weg von ihr!«
    Ich remple an ihm vorbei, stoße ihn mit der Schulter zur Seite und hebe Mia hoch. Ich nehme sie von ihm fort, auf die andere Seite des Zimmers und gehe hin und her, um sie zu beruhigen, aber es ist nicht leicht, jemanden zu besänftigen, wenn du innerlich kochst vor Wut.
    »Du hättest hier nicht raufgehen dürfen. Du hättest mich wecken müssen.«
    Natürlich hätte er das nicht getan. Er wollte sie ja finden und hat mich genau dort gehabt, wo er mich haben wollte – in tiefem Schlaf.
    »Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Du warst so müde.«
    »Natürlich bin ich scheißmüde. Du wärst auch müde, wenn du seit Monaten nicht mehr richtig geschlafen hättest. Geh einfach. Verschwinde!«
    Er hebt die Hände, bewegt sich rückwärts und stößt an die gegenüberliegende Wand.
    »Okay, okay. Ich gehe. Es tut mir leid. Was ist mit ihr?«
    »Nichts. Babys weinen nun mal. Wahrscheinlich hat sie nur Hunger.«
    Er steht schweigend auf.
    »Ich hab dich gebeten zu gehen. Verschwinde, Adam«, sag ich entschieden. Er zögert. »Verdammte Scheiße, hau ab!«
    Das bringt ihn auf Trab. Er stolpert zur Tür und murmelt: »Okay. Aber ich darf doch wiederkommen?«
    »Nein. Nein. Besser nicht.«
    »Sarah, bitte.« Sein Hundeblick täuscht mich nicht noch mal.
    »Kapierst du es nicht?«, schrei ich ihn an. »Ich will dich nicht mehr sehen, du Arschloch. Ich will nicht, dass du noch mal herkommst. Wenn ich noch ein Mal dein Gesicht hier sehe, kannst du was erleben.«
    Da geht er, poltert die Treppe hinab. Ich höre die Küchentür zuschlagen und dann auch das Tor zum Hof. Ich setze mich auf das Bett und hebe mein T-Shirt hoch.
    »Na, komm, Mia«, sage ich. »Jetzt beruhige dich. Hast du Hunger?« Natürlich hat sie Hunger. Ein paar Sekunden sucht sie wütend, dann dockt sie an. »Er ist weg, Mia«, sage ich. »Der böse Mann ist weg. Ich werde nicht zulassen, dass er dir wehtut.«
    Doch als ich so dasitze, denke ich drüber nach, was er gesagt hat. Das Ganze über die Zahlen. Ich hatte ihm geglaubt, als er davon erzählte. Es ergab einen Sinn. Ich wette, als ich ihn in der Schule mit dem Notizbuch sah, hat er Zahlen aufgeschrieben, wie so ein Trainspotter, der die Nummern von Zügen aufschreibt. Wenn er sie

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