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Den Tod vor Augen - Numbers 2

Den Tod vor Augen - Numbers 2

Titel: Den Tod vor Augen - Numbers 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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hast.«
    Er hebt die Hand an sein Gesicht.
    »Scheiße«, sagt er. »Du hast mein Unglück gesehen, das Feuer.«
    »Nein, das glaub ich nicht. Ich seh Feuer, Gebäude, die einstürzen, überall Flammen, aber das alles … das alles, der Traum, mein Albtraum, ich glaube, es ist die Zukunft. Nicht, was geschehen ist, sondern das, was passieren wird.«
    Die meisten Menschen hielten mich für verrückt, wenn ich ihnen das erzählen würde. Adam nicht.
    »Am Neujahrstag«, sagt er.
    »Ja, das ist das Datum in meinem Albtraum. Ich habe das Datum erst geträumt, seitdem ich dir begegnet bin. Es tauchte in der Nacht, nachdem ich dich zum ersten Mal in der Schule gesehen hatte in meinem Traum auf.«
    »Ich hab dir eine Zahl gebracht«, sagt er. »Das ist es nämlich, was ich sehe, Zahlen, Todesdaten. Wenn ich jemandem in die Augen schaue« – er sieht mich an –, »dann sehe ich eine Zahl, das Datum, wann derjenige stirbt. Und ich spüre es auch. Manchmal seh ich es oder hör es, wie ein kurzes Aufblitzen. Ich weiß, ob der Tod gewaltsam oder friedlich sein wird, ob er von irgendwo innen kommt oder von außen.«
    Das Feuer hat seine Augen nicht verändert. Sie sind wunderschön: ein kristallklares Weiß, eine dunkle, dunkelbraune Iris, von dichten Wimpern umsäumt. Wenn ich es zuließe, könnte ich mich in seinen Augen verlieren … nur dass ich jetzt weiß, er sieht mehr als bloß einen andren Menschen, und ich frage mich – kann einfach nicht verhindern, mich zu fragen –, was er wohl sieht, wenn er mich anschaut.
    »Kannst du meinen Tod sehen?«
    Er schaut nicht weg, ich auch nicht. Ich weiß nicht, ob er mich gehört hat. Er schaut so gebannt, als ob er ganz woanders wäre.
    »Kannst du meinen Tod sehen, Adam?«
    Er holt tief Luft und ist wieder bei mir im Zimmer.
    »Ja«, sagt er. Das ganze Gesicht entspannt sich. Er schaut noch immer, doch jetzt nimmt er nicht mehr nur meine Augen wahr. Sein Blick wandert an mir rauf und runter, über meinen Körper, mein Gesicht. Es ist, als ob er mich mit einem Scheinwerfer anstrahlt. Sein Blick ist intensiv und unangenehm.
    »Du weißt, wann ich sterbe«, sage ich und meine Worte brechen den Bann.
    Er schaut weg und antwortet mit leiser Stimme: »Ich kann es dir nicht sagen, Sarah. Ich verrate niemandem seine Zahl. Es wäre falsch.«
    »Ich will sie auch gar nicht wissen«, sage ich. »Nicht dass ich Angst habe«, (was eine Lüge ist,) »ich will sie nur einfach nicht wissen. Sag sie mir nie.«
    Nie. Wieso habe ich das gesagt? Gerade so, als ob wir Freunde würden. Als ob wir uns noch lange kennen werden. Als ob wir eine gemeinsame Zukunft haben.
    »Ich werde sie dir nicht verraten«, antwortet er. Und dann: »Hast du wirklich keine Angst?«
    »Ich hab keine Angst zu sterben. Ich habe Angst …« Ich schweige. Angst, Mia zu verlieren. Angst, dass Mia mich verliert.
    »Angst wovor?«
    »Vor meinem Albtraum«, antworte ich zögernd. Das stimmt zumindest. »Er macht mich wahnsinnig. Immer derselbe Traum und dieses Datum. Ich kann damit nicht leben. Und ich kann nichts dagegen tun.«
    »Geht mir genauso«, sagt er. »Es gibt Hunderte, Tausende mit den Zahlen für den 1., 2. oder 3. Januar. Es sind gewaltsame Tode. Das Datum rückt immer näher. Jetzt sind es nur noch fünf Tage. Manchmal hab ich das Gefühl, dass es mich erdrückt. So als ob ich nichts tun kann, aber unbedingt etwas tun will. Ich möchte dagegen ankämpfen. Die Menschen warnen. Sie fortbringen. Fort aus London.«
    Er wird jetzt ganz erregt, ballt die Fäuste, bewegt sich im sitzen, schaukelt förmlich hin und her. Seine Energie wirkt irgendwie erschreckend. Aber zugleich ist sie auch aufregend.
    »Ich glaube, wir können es schaffen«, sagt er. »Ich glaube, wir können die Zahlen überlisten, Menschen retten. Ich bin mir nur nicht sicher, wie …«
    »Betreffen sie nur London?«
    »Keine Ahnung, jedenfalls gibt es hier mehr als in Weston.«
    »In Weston?«
    »Da, wo ich herkomme. Aus Weston-super-Mare. Am Meer. Ich hab da mit meiner Mum gelebt.«
    »Was ist passiert?«
    »Sie ist gestorben. Als ich acht war. Krebs. Ich hab ihre Zahl gesehen und wusste nicht, was sie bedeutete. Also hab ich sie ihr gesagt, das heißt gezeichnet, und sie hat sie gesehen. Sie hat gleich Bescheid gewusst, denn sie hat auch die Zahlen gesehen. Sie war das Mädchen am London Eye 2010, das Mädchen, das wusste, dass das London Eye in die Luft fliegen würde. Sie sah die Zahlen der Menschen in der Schlange. Nachdem sie meine

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