Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Den Tod vor Augen - Numbers 2

Den Tod vor Augen - Numbers 2

Titel: Den Tod vor Augen - Numbers 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
Vom Netzwerk:
blitzende Pumps. Sie haben nur einen kleinen Absatz, aber das ist immer noch mehr als bei ihren üblichen Hausschuhen und Crocs, weshalb sie ein bisschen Schwierigkeiten mit dem Gehen hat. Sie hat sich so viel Mühe gegeben, sich zurechtzumachen und gepflegt auszusehen, trotzdem werde ich den Eindruck nicht los, dass sie aussieht wie ein Mann in Frauenkleidern. Sie hat von mir verlangt, dass ich saubere Jeans und ein Schulhemd anziehe. Der Kragen drückt, deshalb öffne ich die oberen Knöpfe.
    »Oma, wir hätten ganz normale Sachen anziehen sollen. Ich fühl mich bescheuert so …«
    »Psst, jetzt sind wir hier.«
    Die automatischen Türen gleiten vor uns auf und wir gehen in den Lobby-Bereich. Dort gibt es einen Touchscreen, der verschiedene Optionen anbietet. Wir wählen »Termin«, »14.30« und »Vernon Taylor«, daraufhin öffnet sich ein weiterer Eingang, durch den wir in einen Warteraum geschickt werden.
    Er ist hell und freundlich eingerichtet mit Stühlen, die um kleine Kaffeetische gruppiert sind, auf denen jede Menge Zeitschriften liegen. Die Wände bestehen vorwiegend aus Glas, so dass man durch sie hindurch in die Gesprächsräume auf der anderen Seite blicken kann. An den Wänden hängen Bildschirme, auf denen Filme über Menschen laufen, die uns erzählen, wie sehr ihnen die Stadtverwaltung geholfen hat. Zwischen den Videoclips blitzt immer wieder ein Slogan auf: »Leistungen des 21. Jahrhunderts für Menschen des 21. Jahrhunderts.«
    Ich schaue mich im Warteraum nach den anderen »Menschen des 21. Jahrhunderts« um. Eine junge Frau sitzt da und starrt ins Leere, während ihr kleiner Sohn immer und immer wieder um die Stühle herumläuft und mit voller Lautstärke schreit; ein Mann in den Fünfzigern, der einen Bademantel über seinen Sachen trägt, redet mit sich selbst. Die Videoschleife wird unterbrochen und auf dem Bildschirm erscheint eine Nachricht.
    »Mrs Dawson bitte in Suite 3.«
    Ich stoße Omas Arm an.
    »Das sind wir.«
    »Suite 3. Wo soll das denn sein, Adam?«
    Raum 3 ist rechts von uns in der Ecke. Durch die Glasscheibe sehen wir schon jemanden, der auf uns wartet, einen Mann in einem zerknautschten Anzug mit dazu passendem zerknautschem Gesicht. Er erhebt sich leicht, als wir eintreten, wischt sich die Hand an seiner Jacke ab und streckt sie Oma entgegen.
    »Vernon Taylor«, sagt er.
    »Valerie Dawson«, antwortet Oma und schüttelt seine Hand. Mir reicht er sie nicht. Der Raum ist leer bis auf einen Schreibtisch, drei Stühle und einen Laptop.
    »Setzen Sie sich. Setzen Sie sich. Also, Mrs … äh …«
    »Dawson«, sagt Oma noch einmal.
    »Richtig. Wie kann ich Ihnen helfen?«
    Oma holt tief Luft und beginnt zu reden. Es klingt so lahm, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich meine, wer würde schon meine Geschichte glauben, wenn er sie erzählt bekommt? Ich zucke beim Zuhören auf meinem Stuhl zusammen, schäme mich für uns alle drei. Mein Blick wandert umher auf der Suche nach Ablenkung. Der kleine Junge im Warteraum sieht zu uns herein. Er drückt sein Gesicht an die Scheibe, so dass es aussieht wie die Unterseite einer Schnecke. Oma und Mr Taylor beachten ihn nicht, aber ich streck ihm die Zunge raus. Sein Gesicht verändert sich. Er weicht so schnell von der Scheibe zurück, dass er über seine eigenen Füße stolpert und anfängt zu weinen. Er sitzt da, auf dem Fußboden, seine Mutter kümmert sich immer noch nicht um ihn.
    Ich hasse die Art und Weise, wie ihm niemand Aufmerksamkeit schenkt, und ich hasse mich, dass ihn mein Gesicht zum Weinen gebracht hat. Ich drehe mich wieder zu Mr Taylor um. Oma ist inzwischen zum Kern der Sache gekommen. Mr Taylor macht sich Notizen auf seinem Laptop, während sie spricht, doch als sie das Datum nennt, den 1. Januar 2028, hört er auf zu schreiben. Sein Blick springt vom Bildschirm zu Oma und dann zu mir. Ich habe bereits seine Zahl gecheckt, doch sie trifft mich erneut. Er ist einer von ihnen, ein Achtundzwanziger, aber er wird ertrinken. Ich habe inzwischen Unzählige wie ihn gesehen, in meinen Ohren das Rauschen gehört, gespürt, wie das Wasser meiner Lunge die Luft nahm, in meinen Bauch lief und mich schließlich hinabzog.
    Er sieht mich noch immer an, dann unterbricht er Oma und spricht mich zum ersten Mal direkt an.
    »Der 1. Januar, Neujahr. Was, glaubst du, wird an dem Tag geschehen?«
    »Ich weiß es nicht. Etwas Großes. Es führt dazu, dass Gebäude einstürzen und Feuer ausbrechen. Es gibt auch Wasser, Massen von

Weitere Kostenlose Bücher