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Den Tod vor Augen - Numbers 2

Den Tod vor Augen - Numbers 2

Titel: Den Tod vor Augen - Numbers 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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tut es nicht. Stattdessen schließt sie wieder die Augen, doch ihre Lippen bewegen sich. Ich beuge mich dichter heran, um zu verstehen, was sie sagt.
    »Sie ist weg«, flüstert sie. »Sie haben mir Mia genommen. Sie ist weg.«

SARAH
    Es braucht eine Weile, alles zu erklären. Ich bin taub vor Kälte und von dem, was geschehen ist. Erst als ich einen Teller Suppe gegessen habe und das Kaminfeuer mich aufgetaut hat, gelingt es mir, zu erzählen, was mir passiert ist. Adam und seine Oma hören schweigend zu.
    Als ich fertig bin, sagt Adam: »Wir bekommen sie wieder, Sarah. Bestimmt. Wir bekommen sie zurück.«
    »Sie werden sie mir aber nicht wiedergeben.«
    »Du bist ihre Mum. Du bist eine gute Mum. Ich hab dich mit ihr erlebt. Wieso solltest du sie nicht zurückbekommen?«
    »Ich bin sechzehn. Ich hab in allen Schulen, auf denen ich war, Ärger gehabt. Ich bin von zu Hause weggelaufen. Ich habe mit Drogendealern zusammengehaust und zu guter Letzt auch noch einen Bullen verletzt, ihm das Gesicht von oben bis unten zerkratzt.«
    »Dafür muss es ja Gründe gegeben haben.« Val zündet sich ganz cool eine neue Zigarette an, und ich denke, wie glücklich Adam sein kann, dass er sie hat. Sie verurteilt mich nicht oder sagt mir, was ich zu tun habe.
    »Erzähl Oma auch noch den Rest«, sagt Adam. »Über deinen Dad.«
    Ich kann nicht. Sie mag ja ein Goldstück sein, aber ich kenne sie einfach nicht gut genug. Jedenfalls nicht dafür. Ich schüttle den Kopf.
    »Hast du was dagegen, wenn ich es tu?«
    Ich zucke die Schultern und er erzählt es. Die Zigarette brennt bis zu den Fingern herunter, ungeraucht, während Val zuhört.
    »Und Mia ist …?«
    »Mia ist Sein Kind«, sage ich. »Also, Er ist der Vater. Aber sie ist nicht seins. Das wird sie nie sein. Sie gehört mir.«
    »Schatz«, sagt Oma, »geh zur Stadtverwaltung. Erzähl ihnen die Wahrheit. Sie müssen dir zuhören. Mia ist dein Baby. Sie sollte bei dir sein. Wir gehen mit dir. Wir helfen dir, nicht, Adam?«
    »Klar. Klar gehen wir mit.«
    »Das machen wir«, sagt sie und hüllt uns beide in ihre Nikotinwolke ein. »Das machen wir, verdammt. Wir können doch diese Scheißkerle nicht gewinnen lassen.«
    Aber so einfach ist es nicht. Denn am nächsten Tag, als ich tatsächlich zum Kundencenter der Stadtverwaltung gehe und endlich einen Sozialarbeiter zu Gesicht bekomme, ruft er sofort die Polizei. Und ich werde runter auf die Polizeiwache gebracht und wegen Körperverletzung verhaftet.
    Das Schlimmste ist, dass sie mich unter meinem richtigen Namen festnehmen. Meine Tarnung ist aufgeflogen. Sie haben meinen Mantel gefunden, nachdem ich aus der Polizeistation Paddington Green geflohen war, und natürlich steckte mein Ausweis noch in der Tasche. Ich kann nicht glauben, dass ich so dämlich war. Ich hätte ihn in den Müll werfen oder ihn schreddern sollen. Wieso hatte ich ihn behalten? Warum hatte ich daran festgehalten? Hatte ein Teil von mir immer noch geglaubt, ich würde eines Tages in mein altes Leben zurückkehren?
    So haben sie meine Geschichte zusammengesetzt, die Polizei gemeinsam mit der Kinderfürsorge. Stück für Stück haben sie die Teile meines Puzzles eingefügt: Zuhause, Schule, Giles Street, Mia, außer dass niemand ihren Namen kennt. Vinny und die Jungs haben offenbar überhaupt nichts rausgelassen. Deshalb nennen sie sie hier weiter Louise und ich denke: Wenigstens das ist mir geblieben. Ihr richtiger Name. Wer sie wirklich ist.
    Und während der ganzen Verhöre, des ganzen Rumhängens und der Warterei ist sie immer in meinem Kopf – ihr Gesicht, das Gefühl, sie in den Armen zu halten, ihr Geruch, ihr Lächeln. Es bringt mich um, an sie zu denken, aber andererseits ist es das Einzige, was mich durchhalten lässt.
    Jetzt, da sie mich haben, wollen sie mich nicht mehr gehen lassen. Sie gehen die Möglichkeiten durch: Pflegeeinrichtung, ein Heim für jugendliche Straftäter … oder nach Hause.
    »Wir haben deinen Eltern Bescheid gesagt, dass du gefunden wurdest. Sie sind schon auf dem Weg.«
    Mir ist, als ob ich in ein schwarzes Loch falle.
    »Nein. Nein. Ich will sie nicht sehen.« Die Frau zieht die Stirn kraus. Sie ist über fünfzig und sieht so aus, als ob sie schon mit über fünfzig zur Welt gekommen wäre.
    »Sie sind deine Eltern. Du bist erst sechzehn.«
    »Ich bin weggelaufen. Kapieren Sie das nicht? Ich bin vor ihnen weggelaufen.«
    »Du bist weggelaufen, weil du schwanger warst.«
    »Nein, das war nicht der Grund. Okay, ja, es war

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