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Den Toten dienen

Den Toten dienen

Titel: Den Toten dienen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Delrio
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Schmerzspur quer über ihren bloßen Bauch.
    Die Klinge flog zurück in Marks' Rechte, und er warf sich nach vorn, das Messer auf ihre Brust gerichtet. Anastasia drehte sich weg, und die Klinge zuckte vorbei.
    In dieser Bewegung spürte sie das verletzte Gewebe ihrer Bauchdecke reißen. Der Schmerz glühte auf wie ein grellweißes Licht hinter ihren Augen und ließ, als er verklang, Schwärze zurück. Sie schüttelte den Kopf, um wieder klar zu werden. Ihr Körper setzte den Kampf derweil ohne bewusste Steuerung fort, blockte ab und schlug zurück, bevor sie den Schmerz in der Gewalt hatte und in eine abgelegene Ecke ihres Geistes verbannte, um sich später mit ihm zu befassen.
    »Ich könnte hier einfach stehen bleiben, dir aus dem Weg gehen und warten, bis du verblutest oder dir die Eingeweide herausfallen«, stellte Marks fest. »Oder du kannst mir deinen Hals anbieten, und ich verspreche dir einen schnellen, sauberen Tod. Was ist dir lieber?«
    »Keins von beiden«, erwiderte Anastasia. Sie ließ die Stimme ruhig und kühl klingen. Eher wäre sie gestorben, als erkennen zu lassen, welche Schmerzen sie hatte, sei es durch Wort, Geste oder Gesichtsausdruck. Außerdem hatte sie den Schmerz jetzt im Griff, auch wenn sie das Blut an ihren Beinen hinablaufen fühlte. »Ich ergebe mich nicht.«
    »Wie du willst«, kommentierte Sterncolonel Marks.
    Anastasia bewegte sich etwas nach rechts, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Der Sterncolonel hielt Distanz - und seine Position bei.
    Du glaubst, du hast alles im Griff, dachte Anastasia. Aber du folgst nur meinen Vorgaben. Ich habe die Initiative. Ich agiere, du reagierst. Und du hast dich viel zu weit aus dem Fenster gelehnt.
    Sie trat einen Schritt vor, die Hände in Kampfhaltung. Der Sterncolonel wich einen Schritt zurück. Sie bewegte sich erneut nach rechts, und er spiegelte ihre Bewegung. Er beobachtete jede ihrer Regungen. Sie allerdings beobachtete nicht ihn. Ihre Aufmerksamkeit war auf den Decksboden hinter ihm gerichtet, wo Sterncolonel Dorn mit einem Seidenschal um den eingedrückten Hals lag.
    Perfekt. Anastasia hatte Marks in Position manövriert. Sie sprang vor und setzte zu einem seitlichen Aufwärtstritt an. Marks wich außer Reichweite zurück und stieß gegen Dorns Leiche.
    Er zögerte. Er stolperte weder, noch stürzte er, aber seine Bewegung stockte, und darauf hatte
    Anastasia nur gewartet. Sie warf sich auf ihn und stieß ihn mit zu Boden.
    Sie landete auf ihm, die Knie zu beiden Seiten seines Brustkorbs, beide Hände um seine Rechte geschlungen, in der er das Messer hielt. Sie drehte seine Faust, bis die Messerspitze abwärts zeigte. Dann ließ sie sich nach vorne fallen und drückte mit ihr em ganzen Gewicht auf seinen Arm.
    Das Messer bohrte sich in seine Brust. Er bäumte sich auf. Rötlicher Schaum sprühte ihm aus Mund und Nase.
    Sie rollte zur Seite, stand auf und schaute zu, wie er versuchte, das Messer herauszuziehen. Die Versuche wurden zunehmend fahriger. Er bäumte sich noch einmal auf, dann regte er sich nicht mehr.
    Sie wirbelte herum und stierte den Rest der Stahlwolf-Sterncolonels an.
    »Sonst noch jemand?«, brüllte sie. »Will sonst noch wer jede Tradition brechen und mich zu einer Messerstecherei herausfordern? Dann soll er es hier und jetzt tun!«
    Niemand sagte etwas. Die Schmerzen der Schnittwunde beanspruchten einen immer größeren Teil ihrer Aufmerksamkeit, aber sie weigerte sich, zu Boden zu gehen. Sie blieb ihrem Gefühl nach eine kleine Ewigkeit so stehen, schwer atmend, ein wenig schwankend. Niemand trat vor. Mit dem Teil ihres Geistes, der nicht fasziniert lauschte, wie ihr Blut auf den polierten Boden des Freizeitraums platschte, nahm sie wahr, dass der Kreis der Glei-chen sich auflöste und die Offiziere sich verteilten.
    Eine schattengleiche Gestalt näherte sich ihr von rechts. Trotz der Deckenbeleuchtung wurde der Raum erstaunlich düster. Sie konzentrierte sich, und der Schatten entpuppte sich als der Leibeigene Ian.
    »Sie können jetzt umfallen und mir erlauben, Sie zusammenzuflicken«, sagte er. Seine behandschuhten Hände zogen allerlei Dinge, die sie nicht erkannte, aus seiner Medikamententasche, und in seiner Stimme lag ein rauer Unterton, der sie sich benommen fragen ließ, ob der dumme Kerl tatsächlich geglaubt hatte, sie würde verlieren. »Ich würde sagen, die Jungs in Uniform haben die Botschaft verstanden.«
    Raumhafen Belgorod, Terra Präfektur X, Republik der Sphäre
    März 3134, Winter
    Jonah Levin

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