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Den Toten dienen

Den Toten dienen

Titel: Den Toten dienen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Delrio
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jedweder Überraschung erholt. Er kam auf sie zu, beugte sich vor und packte Anastasia an den Hüftknochen, während ihre Hände beschäftigt und ihre Füße zu nahe beieinander waren. Sie senkte den Oberkörper und versuchte einen Kopfstoß - auch das war ein Ablenkungsmanöver, diesmal jedoch ein erfolgreiches, um zu verhindern, dass er bemerkte, wie sie einen Laufknoten in ein Ende des Seidenschals band.
    Sie warf ihm die Schlinge über den Kopf und hechtete über seine Schulter, rutschte über den Boden. Bevor er sich umdrehen konnte, stemmte sie einen Fuß in seinen Rücken und zog am Ende ihrer improvisierten Henkerschlinge. Dorn riss und zerrte an dem Seidenstrick, der sich in seinen Hals grub, aber ohne Erfolg.
    Es dauerte drei Minuten, bis Anastasias Gegner das Bewusstsein verlor. Ihr kam es vor wie drei Jahre. Endlich erstarrte Dorn, seine Gegenwehr erstarb, und er fiel - erst auf die Knie, dann nach hinten auf den Rücken, während sie den Druck der Schlinge aufrechterhielt.
    Er lag am Boden. Sein Gesicht war blau angelaufen. Anastasia machte sich nicht die Mühe nachzusehen, ob er noch Luft bekam. Stattdessen drehte sie sich zu den anderen Sterncolonels um, die den Kreis der Gleichen bildeten. Sie trat zum Rand des Kreises und pirschte sich an ihrer Reihe entlang, schaute jedem von ihnen in die Augen, bevor sie weiterging, die Zähne drohend gefletscht.
    »Es stinkt nach Korruption«, knurrte sie. »Ich fordere denjenigen heraus, der gute Offiziere zu unüberlegten Kämpfen anstachelt, die sie das Leben kosten. Wer auch immer die Verantwortung dafür trägt: Trete vor und stell dich zum Kampf. Immerhin bietet dir dies die Möglichkeit, mit ein paar Minuten harter Arbeit alles zu erreichen, worum es dir ging, ohne hinterher den armen Dorn umbringen zu müssen. Kämpf gegen mich.«
    »Wenn es denn sein muss...«
    Der Sprecher war Sterncolonel Marks. Er trat vor, und die anderen Sterncolonels schlossen die Lücke, die sich hinter ihm öffnete. Anastasia trat nach links, kreiste, suchte nach einer Öffnung. Marks gehörte nicht zu den besten Kämpfern dieser Runde. Er verließ sich auf seinen Kopf und seine Zunge, um zu erreichen, was er wollte. Doch er blieb ein Wolfs-clanner, und das bedeutete, gegen jeden anderen in der Milchstraße war er der Favorit.
    »Da du eine Waffe in diesen Kreis gebracht hast«, erklärte Marks, »beanspruche ich das Recht, es ebenfalls zu tun.« Er griff in seine Uniform und zog ein Messer heraus.
    Anastasia hörte gedämpftes Keuchen aus dem Kreis der Zuschauer. Ein seidenes Oberteil zur Schlinge umzufunktionieren, wie sie es getan hatte, war ein aufreizender Tanz auf der Messerschneide des Erlaubten. Aber eine Klinge war ein offener Verstoß gegen die Sitten.
    Schlimmer noch, Anastasia war bewusst, dass es keine sichere Verteidigung gegen jemanden mit einem Messer gab. Wenn ein Angreifer, der mit einem Messer bewaffnet war, auf drei Meter an sein Ziel herankam, war nicht einmal eine Schusswaffe ein sicherer Schutz. Sie drehte dem Sterncolonel die linke Seite zu. Wenn sie einen Treffer einstecken musste, würde sie ihn mit dem linken, schwächeren Arm abfangen. So viel konnte sie sich leisten, solange es ihr die Gelegenheit zum Gegenschlag lieferte.
    Und es würde ein entscheidender Gegenschlag sein müssen. Auf eine zweite Chance durfte sie nicht zählen.
    Der Sterncolonel warf das Messer von der rechten Hand in die linke. »Was denn, keine Lust mehr zu spielen?«, fragte er. »Komm schon, wo bleibt der Kerensky-Mut?«
    Er zweifelte vor Zeugen ihren Mut an - während sie ihm halb nackt und mit bloßen Händen gegenüberstand. Damit manövrierte er sich in ihrer Einschätzung noch ein Stück tiefer. Sie hatte schon weit größere Gegner als ihn getötet. Einer davon lag jetzt gerade hinter ihm auf dem Boden.
    Sterncolonel Marks hielt das Messer in der Linken. Er drehte sich nach rechts und schwang die Klinge gleichzeitig abwärts, sodass sie auf der dem Daumen gegenüberliegenden Seite aus seiner Faust ragte und am Unterarm anlag. Er griff nach Anastasia, packte mit der Rechten ihr linkes Handgelenk und zerrte sie abwärts und an sich heran.
    Sie drehte das Handgelenk und lockerte den Griff. Im selben Augenblick trat sie mit dem l ink en Fuß und zielte auf seine Kniescheibe.
    Marks wirbelte davon, gleichzeitig peitschte die Hand mit dem Messer vor. Anastasia riss den rechten Arm abwärts, um den Hieb abzuwehren. Zu spät, zu langsam. Die Messerspitze zog eine lodernde

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