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Denk an unsere Liebe

Denk an unsere Liebe

Titel: Denk an unsere Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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sich bestimmt nicht.
    Die Gedanken bohrten und bohrten in ihr. War das alles wirklich nur ihre Schuld? Dachte Eivind nie daran, wie allein sie war mit ihrer Arbeit? Wenn einen etwas so ausfüllte, so, daß man davon reden mußte, war es da nicht das Nächstliegende auf der Welt, mit seinem Ehepartner darüber zu sprechen? Warum hatte Eivind nicht versucht, sich ein wenig in ihr Wirken hineinzuversetzen? Warum konnte er nicht sehen, wie interessant das war? Gab es denn etwas Interessanteres zu studieren als Menschenschicksale? Warum mußte sie immer das scheußliche Gefühl haben, daß sie ihn plagte, wenn sie ihm etwas von ihrer Arbeit erzählte?
    Toni warf sich hin und her in dem weißen Krankenhausbett.
    Dann stand sie schließlich auf und nahm zwei von den Schlaftabletten, die der Chefarzt ihr gegeben hatte. Und dann glückte es ihr endlich, in einen tiefen, bleischweren Schlaf zu fallen.
    Der Wecker riß sie am nächsten Morgen hoch. Sie mußte sich mit Mühe aus der Bewußtlosigkeit herausarbeiten. Sie kleidete sich an, kam todmüde zum Frühstückstisch und schleppte sich in ihr Büro. Ihr gesunder junger Organismus, gar nicht an Schlafmittel gewöhnt, reagierte viel stärker, als der Chefarzt geglaubt hatte. Sie fühlte sich wie erschlagen am ganzen Körper und sehnte sich nur ins Bett zurück. Es wurde elf Uhr. Da war die Arztvisite auf der medizinischen Station zu Ende, und Toni konnte ihre Runde beginnen. Danach ging sie auf die chirurgische Station. Sie ging von Zimmer zu Zimmer. Sie merkte, wie ihr freundliches Lächeln steif und aufgeklebt auf ihrem Mund saß, und sie wartete nur darauf, daß der Vormittag vorbei sein sollte.
    „Daliegt eine Frischoperierte auf Nummer 16, Frau Löngard, es lohnt sich nicht, daß Sie hineingehen“, sagte die Stationsschwester, die durch den Korridor ging.
    „Ach, das ist Fräulein Hallgren? Die mit den Mandeln? Ich war gestern bei ihr. Sie war so gräßlich nervös.“
    „Ja, das stimmt. Nichts als Einbildung, diese Nervosität. Gerade, als ob ein paar Mandeln etwas wären, um darüber nervös zu sein. Aber sie ist etwas schachmatt nach der Operation, also…“
    „Nein, natürlich. Danke, daß Sie es mir gesagt haben, Schwester Beate. Ich kann ja später kommen, wenn sie etwas von mir will.“
    Dann ging Toni in ihr Büro, in die erste Etage hinunter und trug die Ergebnisse des Tages in die Kartothek ein.
    Ihre Gedanken machten einen kleinen Abstecher in die Bank – jetzt wurde bald geschlossen, ob wohl Eivind in der Stadt speisen würde oder ob Berit daheim etwas Gutes für ihn gekocht hatte?
    Toni legte sich am Nachmittag zu Bett. Ihr Körper und ihr Kopf schmerzten vor Müdigkeit. Es dauerte eine Weile, ehe sie einschlief, aber zum Ausgleich schlief sie dann gut und fest. Abends gegen acht Uhr klopfte es an ihre Tür.
    „Ich soll fragen, ob Sie so gut sein wollen, in die Chirurgische hinunterzukommen. Alles steht köpf da unten, es wurden zwei Unglücksfälle auf einmal eingeliefert. Und mitten in all dem Trubel klingelt und klingelt Nummer 16 und will absolut mit Ihnen reden.“
    „Selbstverständlich komme ich“, sagte Toni. Sie zog ihren Kittel an und tappte schlaftrunken die Treppe hinunter.
    Alle bösen Geister schienen auf der Chirurgischen entfesselt zu sein. Der Operationssaal mußte blitzschnell bereitgemacht werden. Ein Mann war von der Straßenbahn überfahren worden und mußte eine Blutübertragung bekommen, bevor man sich mit seinen Verwundungen befassen konnte. Dann eiliges Umstellen von Betten und Umsiedeln anderer Patienten, um für einen anderen Verletzten Platz zu machen. Aus dem großen Saal klingelten zwei Patienten um die Wette, und die Nachtschwester flog umher wie mit der Peitsche im Nacken. Und auf der Nummerntafel leuchtete Nummer 16.
    Toni gähnte und ging zu Fräulein Hallgren hinein.
    „Nun, Fräulein Hallgren, wie geht es denn? Kann ich Ihnen mit etwas helfen?“
    Es zeigte sich, daß Fräulein Hallgren nervös und abgekämpft war, nach einer unangenehmen, aber ziemlich ungefährlichen Operation. Es tat ihr weh, mit ihrem wunden Hals zu sprechen, sie konnte aber doch Toni zuflüstern, daß sie so furchtbar gern ihrem – hm – guten Freund Bescheid geben wollte, daß die Operation gut verlaufen sei. Und – sie hatte ihre Familie nicht bitten können, diesen Bescheid zu geben, weil die nichts von dem Freund wußte und… es folgte nun eine lange, geflüsterte und ziemlich unverständliche Erklärung. Aber, ob Toni so gut sein

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