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Denk an unsere Liebe

Denk an unsere Liebe

Titel: Denk an unsere Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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abgelaufen.
    Toni fühlte sich beinahe glücklich.
    Und als Ingenieur Wolter aus der Narkose erwachte, stand ein schöner Blumenstrauß auf seinem Tisch.
    Es dauerte noch ein paar Stunden, ehe er seine Hände zu bewegen und seine Augen zu gebrauchen vermochte. Aber er brachte es schließlich fertig, die paar Worte zu lesen, die mit einer flotten, deutlichen Steilschrift auf der Karte standen, die mit dem Strauß kam:
    „Danke! – Fünkchen.“
    Es blieb nicht bei dem einen Buch. Toni wurde vom Lesehunger überfallen. Sie kaufte Bücher, sie lieh sich Bücher aus. Sie wurde ein Stammgast in der öffentlichen Bibliothek. Außerdem stand ihr die Krankenhausbibliothek zur Verfügung. Sie verschlang die Literatur mit ihrem ganzen aufgesparten Hunger. Und es wurde ihr erschreckend klar, wie zurückgeblieben sie war. Autoren wie Hemingway und Steinbeck waren unbekanntes Land für sie. Sie las im Laufe der Zeit norwegische und deutsche Bücher, Romane, Novellen und Reiseschilderungen, und es dämmerte ihr, wie Eivind allein gewesen und sich schrecklich einsam mit seinen Büchern gefühlt haben mußte, weil er nie mit ihr darüber sprechen konnte.
    Nun erlebte sie dasselbe. Wie gern hätte sie sich mit jemand über all das, was sie las, ausgesprochen.
    Endlich, jetzt, wo es zu spät war, begann sie Eivinds Wellenlänge zu finden. Jetzt, wo er sie nicht mehr brauchte. Jetzt, wo er Siv hatte…
    Dann kaufte sie sich einen kleinen Radioapparat und hörte sich systematisch alle guten Konzerte an. Sie war ja nicht unmusikalisch, im Gegenteil, sie liebte Musik, nur war sie völlig unwissend.
    Sie hörte Vorträge über Musik mit Demonstrationen, sie hörte Orchesterkonzerte und Kammermusik, aber am liebsten Klavierkonzerte.
    Und nun, da ihre Ohren aufgeschlossen und willig waren, nun, da sie alles andere abschaltete und sie sich bewußt dem Zuhören und Verstehen hingab, bedeutete die Musik ihr unendlich viel.
    Sie war nur so allein… so unendlich allein mit dem allem.
    Wenn sie den Abend bei einem guten Buch oder einem Radiokonzert verbracht hatte, fühlte sie sich am nächsten Morgen positiv aufgeladen für ihre Arbeit. Und nun versuchte sie, streng zu rationalisieren. Sie nahm sich stets Zeit für die Patienten, die sie wirklich brauchten. Sie hörte sie geduldig an, half ihnen handeln und denken, und sehr oft setzte sie sich mit den Familien in Verbindung und half taktvoll und freundlich bei den Problemen, mit denen sich die Patienten quälten und nicht fertig zu werden vermochten.
    Aber zu allererst versuchte sie, die Patienten zu bewegen, selbst zu handeln und zu denken.
    Sie freute sich jeden Tag auf ihren kurzen Besuch bei Ingenieur Wolter. Er erholte sich rasch, und sie hatte viele erfreuliche Unterhaltungen mit ihm.
    Sie räumte lächelnd ein, daß die Rollen nun vertauscht waren und er der Kurator war, mit all seiner nüchternen gesunden Lebensweisheit, und sie diejenige, die Hilfe brauchte.
    Aber an allen anderen Krankenbetten war sie der vollkommene Kurator, und sie fühlte selbst, daß sie jetzt bessere Arbeit leistete als je zuvor.
    Wie viele Probleme gab es doch im Grunde! Alle Menschen hatten sich mit etwas abzurackern. Unter einer glatten und lächelnden Oberfläche verbarg sich oft viel Schweres und sogar Böses.
    Glatt und lächelnd. -
    Sie dachte an Eivinds ruhiges Wesen und freundliches Lächeln. Er hatte doch immer – oder fast immer – vergnügt ausgesehen.
    Aber was verbarg sich wohl unter seinem ruhigen Äußeren? Was verbarg sich da an Verletztheit, Entbehrung und Einsamkeit? Wie nahm er es wohl auf, wenn seine Frau Erfolg hatte, bewundert und gefeiert wurde – wie damals auf der Gesellschaft beim Chefarzt –, während er, der tüchtige junge Abteilungsleiter, zurückgesetzt wurde als „Frau Löngards Mann“?
    Es stand mit einemmal klar vor Toni, wie falsch sie manches angestellt hatte. Sie, die ausgebildete Psychologin, hatte ihre erste und sonnenklare Pflicht versäumt: Ihrem Mann gegenüber ein wenig Kurator und Psychologin zu sein.
    Und nun war es zu spät…!
    „Du bist doch eine treulose Seele, Siv“, lächelte Eivind, als er nach Verabredung Siv an der Straßenbahn traf.
    „Nein – es ist doch erst vier Tage her, daß wir zusammen waren. Es ist schlimm, wie anspruchsvoll du geworden bist. Übrigens, vielen Dank für neulich. Ich freue mich schrecklich auf das Konzert.“
    „Ich auch.“
    Sie nahmen sich gut aus, Siv und Eivind, als sie in den Konzertsaal kamen. Er dunkel, sie ganz

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