Denk doch, was du willst
Reihenfolge hat nämlich – wie Sie sich denken können – erheblichen Einfluss auf den künftigen Zustand Ihres Gegenübers. Denken Sie kurz an die Commitment- und Konsistenzregel, bevor Sie antworten!
Vielleicht hilft Ihnen folgendes Beispiel auf die Sprünge: Robert B. Cialdini beschreibt es in einer Studie, die er 1978 mit John Cacioppo, Rod Basset und John Miller durchgeführt hatte. Es ging darum, dass Professoren versuchten, Studenten dazu zu bringen, um sieben Uhr in der Früh aufzustehen, um an einem Experiment über Denkprozesse teilzunehmen. Hier der Verlauf in Robert B. Cialdinis Worten: «Einen Teil der Studenten, die wir telefonisch kontaktierten, informierten wir sofort über den Zeitpunkt des Experiments. Von diesen sagten nur vierundzwanzig Prozent ihre Teilnahme zu. Bei einem anderen Teil der Stichprobe wendeten wir die Low-Ball-Taktik an: Wir fragten zuerst, ob sie an einer Studie über Denkprozesse teilnehmen wollten, und erst nachdem sie geantwortet hatten (56 Prozent mit Ja), erwähnten wir die Startzeit von sieben Uhr und räumten ihnen die Möglichkeit ein, ihre Zusagen jederzeit zurückzuziehen, was jedoch keiner der Studenten tat. Es geht noch weiter: Zu fünfundneunzig Prozent hielten sie ihre Zusage ein und erschienen, wie versprochen, um sieben Uhr früh im Psychologie-Gebäude der Universität» . (Robert B. Cialdini, 1997).
Low-Ball-Taktik bedeutet, dass man jemandem ein Geschäft anbietet oder um etwas bittet und erst nach der Zusage noch einen unangenehmen Aspekt hinzufügt. Durch das Konsistenzprinzip bleibt die betreffende Person trotzder Einschränkung höchstwahrscheinlich bei dem zugesagten Handel. Das ist Manipulation der hohen Schule. Die Konsequenz ist eindeutig: Nennen Sie die gute Nachricht immer, wirklich immer zuerst.
Um sich selbst gegen Angriffe dieser Art zu schützen, gibt es einen guten Trick: Denken Sie einfach mal nach! Wägen Sie alles wirklich gründlich ab, sobald sämtliche Fakten auf dem Tisch liegen: «Nachdem ich jetzt alles über diese Sache weiß, würde ich mich wieder genauso entscheiden, wie ich es ohne dieses Wissen getan hatte?» Nachdem ich also erkannt hatte, dass der vermeintlich arme ostdeutsche Zeitungsverkäufer eben nicht nur eine harmlose Umfrage machte, sondern mir ein Abonnement aufschwatzen wollte, würde ich mich wieder so entscheiden wie vorher? Nein. Ab dem Moment, ab dem die Katze aus dem Sack war, hätte ich durchaus Klartext reden und meine Meinung revidieren müssen: «Sie haben sich meine Zeit unter falschen Vorzeichen erschlichen. Sie machen keine Umfrage, sondern Sie verkaufen Illustrierte. Ihr Gespräch beginnen Sie mit einer Lüge. Mit Menschen wie Ihnen möchte ich keine Geschäfte machen. Auf Wiedersehen.» Mit achtzehn Jahren hätte ich mich das wahrscheinlich nicht getraut. Das ist heute anders. Und das Paradoxe daran: In dem Moment, in dem man einem Manipulator so entschlossen gegenübertritt, hat man seinen Respekt. In dem Augenblick, in dem man auf seine Masche reinfällt und macht, was er von uns will, hat man sämtlichen Respekt verloren.
Soziale Bewährtheit oder ewig grüßt das Murmeltier
Brian: «Ihr seid alle Individuen.» – Masse: «Ja, wir sind alle Individuen!» – Brian: «Und ihr seid alle völlig verschieden!» – Masse: «Ja, wir sind alle völlig verschieden!» – Einer: «Ich nicht!» Dieser Dialog stammt aus dem Film «Das Leben des Brian». Seine Aussage zielt darauf ab, dass wir uns bei einer Entscheidung häufig daran orientieren, was andere erwarten und für richtig halten. Frei nach dem Motto: So viele Menschen können sich ja nicht irren. Wenn alle etwas machen, dann muss da wohl was dran sein.
Ich konnte eines Abends bei einem meiner Lieblings-Homeshopping-Sender, bei «HSE 24», dieses Prinzip in der Praxis bewundern. Hier kann man alles Mögliche bestellen und sich nach Hause schicken lassen. Gerade wurde ein bahnbrechendes, absolut neuartiges Fitnessgerät angepriesen. Unter anderen kamen ständig Menschen zu Wort, die mit diesem Teil in kürzester Zeit etliche Kilos abgenommen hatten. Des Weiteren wurde immer wieder betont, wie viele Menschen – ich glaube, es waren Zehntausende – mit dieser Wundermaschine von der hässlichen Schwester von Mickey Rourke zur schönen Zwillingsschwester von Heidi Klum mutierten. All das natürlich innerhalb von ein paar Wochen und ganz ohne Anstrengung. Die Werbung nutzte also vorrangig die Annahme aus, dass wir denken, etwas wäre
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