Denk doch, was du willst
versuchte, sich zu verstecken. Genau in dem Moment, in dem er das Ufer erreichte, bog tatsächlich das Boot um die Ecke. Sein Eindruck war richtig gewesen, im Boot saßen die beiden Doktorandinnen. Also packte er so schnell wie er konnte sein Handtuch – und legte es sich über den Kopf! Ein schlauer Mann.
Paul Ekman ist einer der Pioniere, wenn es um die Erforschung unserer Mimik geht. Der Forscher konnte mitseinem Team nach jahrelangen Studien auf der ganzen Welt einen Gesichtsatlas erstellen, in dem er Tausende von Gesichtsausdrücken bestimmten Emotionen zuordnete. Er entwickelte ein System, mit dessen Hilfe man erkennen kann, welche Emotion sich in einem Gesicht gerade widerspiegelt. Vielleicht kennen Sie die Serie «Lie to me»? Das Vorbild für die Hauptperson der Serie ist Paul Ekman. Er stand auch als wissenschaftlicher Berater bei der Realisation zur Verfügung. Seine Erfindung nannte Paul Ekman FACS, Facial Action Coding System. Er hatte damit eine geniale Methode für die Entschlüsselung von Mimik entwickelt. Diese beruht auf der Tatsache, dass es sieben Basisemotionen gibt, die sich bei jedem von uns auf dieselbe Art und Weise zeigen, sobald in uns ein bestimmtes Gefühl aufkommt. Es sind folgende:
Überraschung,
Angst,
Trauer, Verzweiflung,
Wut und Ärger,
Ekel,
Verachtung sowie
Freude.
Natürlich gibt es weit mehr als diese sieben verschiedenartigen Gefühlsregungen. Diese sieben sind aber universell. Das bedeutet, dass sie gut zu unterscheiden sind, weil sie bei jedem Menschen gleich ausgedrückt werden.
Paul Ekman hat wissenschaftlich, das heißt systematisch, erforscht, wie sich jede dieser Emotionen in unserem Gesicht niederschlägt. Das bedeutet, wenn wir seine Systematikkennen, dann können wir im Gesicht des anderen lesen, was er gerade fühlt. Das ist, gelinde gesagt, der Oberhammer. Wenn Sie also wissen, worauf Sie im Gesicht Ihres Gegenübers achten müssen, dann sind Sie in der Lage, seine Gefühlsregungen richtig zu deuten. Das eröffnet uns unglaubliche Möglichkeiten.
Ekman geht noch einen Schritt weiter und behauptet: Es sind sogar Vorhersagen möglich. Wenn Sie Kinder haben, dann kennen Sie die Situation, in der Ihnen klarwird, dass Ihr Kind gleich anfangen wird zu weinen. Sie sehen es am zitternden Kinn und an der sich verfinsternden Augenpartie. Das funktioniert auch bei anderen Emotionen und bei Erwachsenen. Mit reichlich Übung und ausgeprägtem Feingefühl können Sie also erkennen, wie Ihr Gegenüber sich fühlt, und zwar bevor Ihr Gegenüber es selbst realisiert und sich eingesteht. Das nenne ich Gedankenlesen der hohen Schule. Und selbst wenn Ihr Gesprächspartner versucht, Ihnen etwas vorzuspielen, sobald Sie wissen, worauf Sie achten müssen, können Sie seine wahre Emotion erkennen.
Nach Paul Ekman gibt es mehrere Arten eines Gesichtsausdrucks: den referenziellen, den partiellen, den schwach ausgeprägten und den Mikroausdruck. Der referenzielle Gesichtsausdruck ist nur wenig ausgeprägt. Er verweist auf eine Emotion, die wir momentan nicht wirklich fühlen. Wenn Ihnen jemand eine Geschichte erzählt, die zeigt, dass er sich über etwas geärgert hat, dann kann es sein, dass Sie in Ihrem Gesicht das Gefühl von Ärger zeigen, um unbewusst Rapport aufzubauen. Sie drücken also Ärger aus, ohne ihn zu fühlen. Ekman erklärt, es sei so, als würden Sie das Wort «Ärger» mit Ihrem Gesicht sagen. Der Gesichtsausdruck wird dabei leicht modifiziert, damit Ihr Gegenüber erkennt,dass Sie seine Aussage zwar unterstützen, aber man darf nicht versehentlich denken, Sie würden sich über das Gesagte tatsächlich ärgern. Daher kommt beim referenziellen Ausdruck nur ein Teil der Mimik zum Einsatz. Bei solcher Art Ärger ziehen Sie vielleicht nur die Augenbrauen zusammen, oder Sie pressen die Lippen aufeinander. Sobald der Ausdruck zu stark wird, ist das für Ihr Gegenüber nicht nur irritierend, sondern es besteht zusätzlich die Gefahr, dass Sie sich wirklich zu ärgern beginnen. Schließlich folgt ja die Energie der Aufmerksamkeit. Gestik und Körperhaltung können somit auch die entsprechende Emotion auslösen.
Beim partiellen Gesichtsausdruck ist nur ein Teil des Gesichts beteiligt – im Gegensatz zur voll ausgeprägten Mimik, da zeigt sich die Emotion im gesamten Gesicht. Der partielle Gesichtsausdruck kann zwei Ursachen haben: Entweder die zugrundeliegende Regung soll nicht gezeigt werden, oder sie ist nur schwach ausgeprägt und entfaltet sich daher nicht über
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