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Denkanstöße 2013

Denkanstöße 2013

Titel: Denkanstöße 2013 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabella Nelte
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Sturm und Drang der Pubertät ein großes Mitteilungsbedürfnis haben. Überwältigende Gefühle und grandiose Ideen will der junge Mensch loswerden. Offenbar hat dies Rimbaud so gründlich in seinen Gedichten gemacht, dass er nach seinem 21. Geburtstag nichts mehr mitzuteilen hatte und – was ich durchaus bemerkenswert finde – auch dazu gestanden ist. Wenn sich die seelischen Stürme der Pubertät beruhigt haben, versiegen auch manche, wenn auch nicht alle dichterischen Quellen. Friedrich Schiller hat im Gegensatz zu Rimbaud nach den Räubern erst so richtig Schwung aufgenommen, um zu einem großen Dichter mit einem vielschichtigen Œuvre zu werden.
Wie sich die Sprachkompetenz verändert
    Kinder lernen Sprache gewissermaßen von selbst. Jugend liche und Erwachsene haben diese Fähigkeit weitgehend verloren. Sie müssen grammatikalische Regeln auswendig lernen und Vokabeln pauken. Hat das etwas mit dem pubertierenden Gehirn zu tun?
    Ja, durchaus. Die Pubertät schränkt den Spracherwerb tief greifend ein. Das Kind ist im Vergleich mit dem Jugendlichen und Erwachsenen diesbezüglich ein Lerngenie. Es pickt aus den langen Lautfolgen, die es hört, einzelne Wörter heraus und begreift ihre Bedeutung. Zwischen dem 2. und 5. Lebensjahr eignet sich ein Kind 1 bis 8 Worte pro Tag an. Sein Wortschatz wächst bis zum 5. Lebensjahr auf etwa 4000 Worte an. Zusätzlich macht sich das Kind mit den grammatikalischen Regeln der Wort- und Satzbildung vertraut. Es bildet mit etwa 2 Jahren Zwei-Wort-Sätze, mit 3 bis 4 Jahren Mehr-Wort-Sätze und kann sich im Alter von 5 Jahren in vollständigen Sätzen ausdrücken. Damit dieses Sprachwunder gelingen kann, braucht es zwei Grundvoraussetzungen. Die eine ist im Kind angelegt. Das Kind ist fähig, die Regeln der Sprache – oder die Tiefenstruktur, wie es der Linguist Noam Chomsky (1967) genannt hat – selbstständig abzuleiten. Das Kind eignet sich die phonologischen, syntaktischen und grammatikalischen Grundregeln der Erstsprache unbewusst an und erschließt sich mit seinen kognitiven Fähigkeiten den Sinn der Worte (Semantik). Es erfasst beispielsweise die Bedeutung der Präposition »in« zuerst in seinem Spiel. Es erkennt, dass ein Gegenstand in einem anderen Gegenstand enthalten sein kann. Diese räumliche Einsicht bringt es mit der Präposition »in« in Verbindung. Die Eltern kommentieren dabei laufend ihr Tun und benutzen immer wieder die Präposition »in«. Schließlich begreift das Kind, was das Wort »in« bedeutet, und wendet es einige Zeit später auch selber an.
    Und die zweite Voraussetzung?
    Zu der angeborenen Begabung benötigt das Kind in den ersten Lebensjahren einen intensiven sprachlichen Austausch mit den Eltern, anderen Bezugspersonen und vor allem mit Kindern. Dabei genügt es nicht, Sprache nur zu hören. Das Kind muss Sprache auch ausreichend erfahren. Das heißt, Sprache muss mit ganzheitlichem Erleben verknüpft sein. Nur wenn das Kind das Gehörte mit Handlungen und Situationen unmittelbar verbinden kann, lernt es, Sprache zu verstehen und schließlich auch zu sprechen. Die Sprache muss also in den Alltag des Kindes eingebettet sein und ständig in einem direkten Bezug zu seinen Erfahrungen stehen. Diese Voraussetzungen sind beispielsweise in einem Kindergarten erfüllt, wenn deutschsprachige Kinder von einer englischsprachigen Kindergärtnerin betreut werden. Nach einem Jahr werden die meisten Kinder recht gut Englisch verstehen und sprechen. Kinder eignen sich eine Fremdsprache also dann erfolgreich an, wenn sie jeden Tag einige Stunden in dieser Fremdsprache kommunizieren und die Sprache Teil ihres Alltag ist. Dieses sogenannte Immersionslernen ist deshalb so erfolgreich, weil es dem natürlichen Spracherwerb nachempfunden ist.
    Warum können Jugendliche und Erwachsene eine Sprache nicht mehr wie Kinder lernen?
    Die Art und Weise wie Kinder eine Sprache erlernen, bezeichnet man als sogenannten synthetischen Spracherwerb. Er ist in den ersten Lebensjahren am stärksten entwickelt und nimmt leider bis zur Pubertät immer mehr ab (Lenneberg 1967). Und so müssen die meisten Jugendlichen und Erwachsenen Fremdsprachen analytisch lernen. Sie können sich eine Sprache nur noch durch Auswendiglernen von Wörtern und formalen Elementen der Sprache wie Grammatik und Syntax aneignen. Dieses analytische

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