Denken Mit Dem Bauch
Seiten - mindestens.
Die jüngsten amerikanischen, biogenetischen und
neurobiologischen Forschungen zum Thema »Intuition« waren jedenfalls so ergiebig, dass es Grund zum Staunen gibt.
Wesentliches Ergebnis: Die Intuition sitzt im Bauch. Sozusagen in einem »Nylonstrumpf« (siehe Seite 55, 65 ff.). Und sie kommuniziert mit dem Gehirn. Was es mit dem so genannten
»Nylonstrumpf« auf sich hat, werden wir noch sehen.
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Der Bauch hat sein Programm
Eine ganz wesentliche Erkenntnis der neuen Int uitionsforschung ist, dass die Intuition nicht frei fliegen kann. Intuition ist nichts Beliebiges, nichts Endloses, nichts wirklich Phantasievolles. Sie ist in so genannten Programmen gefangen. Sie kann nicht einfach entscheiden, wie sie will, auch wenn das manchmal oberflächlich betrachtet so aussehen mag.
Sie ist also nicht frei, unsere Intuition. Sie kann also nicht beliebig entscheiden, die Dinge nicht einfach mal aus einer anderen Warte heraus sehen. Die menschliche Intuition würde vor Gericht wegen »Befangenheit« abgelehnt werden, sagte Boyd Friedman, US-Forscher und wesentlicher Bahnbrecher zu diesem neuen Thema.
Sie ist be- und gefangen durch unsere ganz persönlichen
»Programme«. Unter »Programm« versteht man allgemein eine Art von folgerichtigem Ablaufplan von irgendetwas. Computer arbeiten mit Programmen, also mit folgerichtigen Rechen-Operationen, die sich ewig wiederholen. Wenn solch ein Programm abstürzt, ist der Computer nicht mehr arbeitsfähig oder er »friert« ein. Dann bewegt sich nicht einmal mehr die Maus.
Auch an anderen Orten finden wir »Programme«:
Theaterprogramme, Veranstaltungsprogramme oder politische Programme zum Beispiel. Sie alle haben einen Zweck: Sie bringen Ordnung in etwas, machen dieses »Etwas«
berechenbarer, nachvollziehbarer oder überprüfbarer.
Und genau das meint Prof. Boyd Friedman, wenn er sagt, die Intuition sei befangen. Die Intuition eines Menschen sitzt in ihrem ganz persönlichen Ordnungssystem fest wie in einem Programmnetzwerk. Das heißt, sie kann nur in gewissen, vorbestimmten Bahnen intuitiv sein. Sie ist nur sehr begrenzt kreativ und manchmal ziemlich unmoralisch, sagen die
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Neuropsychologen.
So ist die Intuition eigentlich vergleichbar mit einem armen Kerl, der unschuldig im »Knast« sitzt, lebenslänglich. Der arme Kerl stößt ständig an Grenzen, kommt nicht raus und wird Tag für Tag in ein strenges Programm eingebunden, ob er das will oder nicht. Und er muss tun, was seine Wärter ihm auftragen.
Dass er unschuldig ist, interessiert niemanden. Das Urteil ist rechtskräftig. So ähnlich geht es der menschlichen Intuition auch. Sie ist eine Gefangene der genetischen Programme und kommt aus diesem Käfig nie heraus. Sie hat »lebenslänglich«.
Zu Hause, im Bauch, läuft dort das vorbestimmte Intuitions-Bio-Programm ab. Und es gibt keineswegs nur ein einziges. Wir Menschen verfügen über mehrere, unterschiedliche, sich fortwährend wiederholende Intuitionsprogramme. Manche
Menschen verfügen sogar über sich widersprechende
Programme, wie wir noch sehen werden.
Um einen komplizierten oder komplexen Zusammenhang
verständlicher zu machen, greifen Wissenschaftler häufig zu vereinfachten »Modellen«. Und Autoren, die für Märchen zuständig waren (wie Grimm, Andersen, Hauff & Co.) wählten dafür sehr oft »Fabeln« oder »Gleichnisse«. An einer solch uralten Fabel aus Spanien möchte ich das menschliche
»Intuitions-Programmphänomen« verdeutlichen.
Die Fabel: Der Frosch und der Skorpion
Es war an einem sonnigen Tag, irgendwo im schönen
Andalusien. Da kam ein kleiner Skorpion des Weges. Es war einer von der Art der eingewanderten, nordafrikanischen Skorpione, ziemlich giftig, aber ziemlich klein. Der Skorpion war guter Dinge, denn es war ein herrlicher Tag und die Grillen zirpten und die Käfer krabbelten umher. Manchmal sonnten die Käfer sich auf einem warmen Stein. Das gefiel dem Skorpion
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ganz besonders, denn so waren sie leichte Beute.
Der Skorpion krabbelte des Weges dahin und sah einen fetten Frosch am Rande eines Baches sitzen. Der Frosch lauerte auf Fliegen.
»Hallo, guten Tag, Frosch…«, sagte der Skorpion freundlich,
»Was machst du da…?«
»Ich lauere auf Fliegen, stör mich nicht…!«, quakte der Frosch und schnappte nach einer Fliege. Die Fliege war schneller und entwischte ihm. Der Frosch sah zum Skorpion hin.
Er war etwas böse wegen der verpassten Fliege und quakte den Skorpion an:
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