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Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]

Titel: Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 1769-1843 Caroline Pichler , 1881-1925 Emil Karl Blümml
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Unglückliche sehr vermehrte. Die Anwesenheit der Feinde, die bäng-lichen äußern Verhältnisse machten es uns unmöglich, dem Verstorbenen die Ehre eines, seinem Range an-gemessenen Leichenzuges zu verschaffen, und er mußte in der Stille begraben werden, was uns alle, besonders in jenen betrübten Tagen, noch eine Vermehrung un-serer Leiden schien ^^).
    Indessen war Pfingsten herangekommen (die Fran-zosen waren am Christi Himmelfahrtstage eingerückt). Es war ein wunderschöner Frühlingssonntag (21. Mai), als plötzlich ferner und doch lauter Kanonendonner an unsre Ohren schlug — das Kanonieren dauerte fort, wurde immer stärker, häufiger — es war eine Schlacht — es war die unvergeßliche Schlacht von Aspern ^®^), in der unser Erzherzog Karl zuerst den bisher Unbesiegten zum Weichen zwang. Zwar wußten wir von nichts mit Zuverlässigkeit und alles, was man sich von Nachrichten zu verschaffen vermochte, bestand in der Bespähung jener Donaugegend, woher die Schüsse ertönten, nämlich bei der Insel Lobau, deren Namen man bei dieser Gelegenheit erst kennen lernte, von den Türmen der Stadt. Was uns aber noch mehr als der ununterbrochene Donner der Kanonen von der Wichtigkeit des Gefechtes, welches in unserer Nähe vorging, und dessen Entscheidung so viel Einfluß auf unser Schicksal haben konnte, überzeugte, waren die ungeheure Anzahl blessierter Franzosen, welche in den beiden Schlachttagen 21. und 22. Mai und noch mehrere
    Tage nachher zu Fuß oder auf Wagen durch die St.-Marxer-Linie und bei der Leopoldstadt herein kamen.
    Sie alle aber verrieten wenig oder gar nichts von dem, was jenseits der Brücken vorgegangen. Sei es, daß strenge Gebote ihrer Vorgesetzten, sei es, daß eigene Nationaleitelkeit sie an Bekanntmachung ihrer miß-lichen Lage hinderte.
    Den zweiten Tag dauerte die Schlacht fort bis gegen Abend, wo endhch das Geschütz verstummte; aber erst spät oder vielleicht (ich erinnere mich dessen nicht mehr) am andern Tage verbreitete sich heimhch und flüsternd das Gerücht von der Niederlage der Feinde, von der gesprengten Brücke, von dem zahl-reichen Korps der Franzosen, das auf der Lobau ab-geschnitten stand, von der heimlichen und einsamen Rückfahrt des mächtigen Heerführers in demselben Kahne mit einem unserer kriegsgefangenen Generale (Weber) ^^^) und nun erst wagte man, sich zu Hause und unbelauscht von seiner Einquartierung, angenehmen Hoffnungen und tröstlichen Erwartungen hinzugeben. Es ward uns mehr als wahrscheinlich, daß der Erz-herzog einen mehr als glänzenden Sieg über unsere Unterdrücker erfochten hatte, und was im seinsollen-den Spotte vom General Danube in den französischen Blättern stand, bestätigte eben, statt sie zu entkräften, unsere Vermutungen. Nun fingen wir an, auf nahe gänzliche Befreiung zu hoffen, und das Betragen der Feinde selbst half diese Hoffnungen vermehren. Ja man hat später erzählt, daß General Andreossy^^^), der Kommandant der Stadt (vorher hier Gesandter), schon Befehl hatte, mit aller Mannschaft, die hier lag, die Stadt zu räumen und den Rückweg nach Oberöster-reich anzutreten.
    Aber es verging ein Tag nach dem andern, und es geschah nichts. Noch immer Hegt ein undurchdring-Hches Dunkel über den wahren, aber geheimen Be-weggründen, welche damals den Erzherzog abhielten, seinen Sieg zu verfolgen, über die Donau zu setzen und unsere Peiniger aus Wien zu verjagen. Ebenso unaufgehellt sind auch die eigentHchen Ursachen des spätem Unglückes bei Wagram, und was die Ver-anlassung der nicht erfolgten Ankunft des Erzherzogs Johann mit seiner Armee aus Steiermark war. Doch hiervon an seinem Orte.
    Wir hatten indes unaufhörlich französische Ein-quartierung, die denn, wie das erstemal im Jahre 1805, mit uns wenigstens zu Mittag an einem Tische aß. Im ganzen durften wir uns nicht beschweren. Es waren meist artige, bescheidene Leute und manche darunter, wie z. B. ein sogenannter aide-major und Chirurg, Mercier geheißen, sehr gebildete Leute, mit denen man gan2; angenehm hätte umgehen können, wenn der Ge-danke, in welchen Verhältnissen sie zu uns standen, mich wenigstens nicht immer gewaltig von dem Franzosen, dem Feinde abgestoßen hätte. Zu unserer großen Er-leichterung wurde endlich die Sperre zwischen Ungarn und Österreich aufgehoben 5^). Es kamen wieder un-gehindert Lebensmittel nach Wien, die Not und das Gedränge an den Bäckerladen hörte auf, und unsere Lage war dadurch merklich gebessert. Übrigens gHch unsere Alservorstadt

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