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Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]

Titel: Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 1769-1843 Caroline Pichler , 1881-1925 Emil Karl Blümml
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Ahnenstolz nicht bloß erlaubt, sondern geziemend ist, so ist es der auf die Tugenden, die Rechtlichkeit und nützlichen Leistungen seiner Vor-eltern und Eltern, und in dieser Hinsicht wird man es mir zugute halten, wenn ich am Eingange meines eigenen Lebenslaufes etwas weitläufiger von meinen Eltern spreche. Da es ohnehin die Bestimmung dieser Blät-ter hauptsächlich ist, zu zeigen, wie ich durch Um-gebung, Umstände und eigene Anlagen die Bildung er-halten, die jetzt meinePersönlichkeit ausmacht, so stehen
    hier wie überall die Eltern billig obenan; denn ihre Denk- und ^Handlungsweise hat ja den ersten und blei-bendsten Einfluß auf alles, was Kinder sind und werden. Meines Vaters Eltern waren wohlhabende Personen des Mittelstandes. Der Großvater^), der ein kräftiger, kluger Mann gewesen sein muß, liebte die Kunst, und verwendete den Überschuß seiner Einkünfte und seiner Muße (er war Beamter des Stadtmagistrats) auf eine Sammlung von gar nicht unbedeutenden Gemälden, der er in seinem eigenen Hause ein geziemendes Lokal baute und einrichtete, und die ich noch wohl gekannt habe. Einige der besten Stücke wurden später in die k. k. Bildergallerie verkauft, wo sie noch zu sehen sind**). Dieser Großvater starb aber-in der Blüte seiner Jahre, als mein Vater ein halberwachsener Knabe war, und die Witwe^), eine rasche, tätige Frau, erzog den Sohn nun allein. Sie verstand Latein, und war überhaupt für jene Zeit gebildet genug, so daß auch des Sohnes vorzüglicher Geist sich unter ihrer Leitung glücklich entfalten konnte. Die Liebhaberei des Großvaters war in gewisser Hinsicht auf seinen Sohn übergegangen, nur daß sie bei dem lebhaften Gefühle meines Vaters sich noch reger und als ausübende Kunst entfaltete; denn er zeichnete und malte fast ohne alle Anleitung sehr artig. Zugleich erwachte der Geist der Poesie in ihm, und die Musik ward seine Lieblingsunterhaltung. So von allen schönen Künsten angezogen, mit ihren damaligen Leistungen vertraut, zeichnete er sich eben-falls in seinen Studien aus, und gern hätten die Patres der Jesuiten, unter denen er, wie damals alle jungen Leute, studierte, und welche ihre Zöglinge sehr wohl zu würdigen verstanden, ihn beredet, in ihren Orden zu treten. Dazu aber bezeigte mein Vater keine Lust,
    das Leben lächelte ihm zu freundlich im Geleite der Musen, und im Besitz eines unabhängigen, wenn auch nicht großen Vermögens. Er studierte die Rechte, und wurde bei der Böhmischen Höfstelle angestellt, deren Chef, der damalige Oberstkanzler Graf Rudolf von Chotek"), den eben so geschickten als sittlichen jungen Mann, den heitern, gebildeten Gesellschafter bald aus-zeichnete und mit vorzüglicher Achtung behandelte'). Von meiner Mutter Eltern weiß ich nur wenig. Ihr Vater®) war aus dem Hannoveranischen gebürtig und Oifizier im k. k. Regiment Wolfenbüttel. Wahr-scheinhch war seine Frau bei der Geburt dieses Kindes oder bald darnach gestorben. Meine Mutter hatte sie nie gesehen und erinnerte sich auch keine andern Geschwisters, Der Vater hatte das kleine, kaum fünf-jährige Mädchen bei sich, zog mit ihm und dem Regi-mente — mühsam genug, wie man denken kann — auf ungarischen Dörfern umher, und kam zuletzt, da das Regiment in Wien Garnisonsdienste tun sollte, mit demselben nach Wien^). Hier erkrankte er schwer und starb nach kurzer Zeit, das unmündige Kind unter lauter fremden Menschen, fremden Glaubens (denn mein Großvater war protestantisch), im fremden Lande zurücklassend. „Du" armes Kind, was wird aus dir werden!" waren seine letzten schmerzlichen Worte zu der kleinen Charlotte (so hieß meine Mutter) gewesen, die sich ihrem kindischen Gedächtnis unauslöschlich eingeprägt hatten. Aber die Vatersorge und des Vaters Gebet hatte seinen Weg zu Gottes Thron gefunden, und der allgemeine Vater unser aller bewies sich auch als solcher an der verlassenen Waise. Er bereitete ihr auf wunderbare Weise ein Los, wie sie es bei Lebzeiten ihrer Eltern kaum hätte hoffen dürfen.

Eine Kammerdienerin oder Kammerfrau der ver-storbenen, hochseligen Kaiserin Maria Theresia — Tochter Karls VI. — befand sich abends in einer Ge-sellschaft zu Wien, in welcher auch einer oder einige Offiziere des kürzlich eingerückten Infanterieregiments waren. Zufälligerweise kam die Rede auf dasselbe, und der eine Offizier sagte, daß sie bereits das Unglück gehabt, einen aus ihrer Zahl — den Oberleutnant Hieronymus ^") — zu verlieren, und daß er nichts als ein

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