Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]
phil. Emil Karl Blümml
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ERSTES BUCH
1769—1798
iiiiiKHiiHuiniiiiiuiiiiiiriiii niiintiiiiiniiiiiiiiiiuiiiiiiiiiiuniiiMniii iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii
Dem Ende einer langen Reise nahe, deren letz-tes Ziel undurchdringliche Wolkenschleier noch vor dem Blicke verbergen, steht der Wanderer atem-holend still, überdenkt den weiten Raum, welchen er schon zurückgelegt, den kleinen Rest, welcher noch zu durchlaufen ist, erwartet diesen, er mag nun länger oder kürzer sein, vertrauensvoll aus Gottes Hand, und erlaubt sich, die einzelnen Punkte jener langen Bahn, vom Anfange her, so getreu es sein Gedächtnis ge-stattet, sich zurückzurufen. Manche Erinnerung wird ihn beschämen, einige werden ihn erfreuen, alle aber sollen dazu dienen, ihn zum Danke gegen die Vorsicht, die ihn mit väterlicher Huld geleitet, anzuregen, und dann den nächsten Lieben, welche er noch in Mitte ihrer Bahn zurückläßt, ein Andenken an den voraus-gegangenen Waller zu werden.
Erwarte ja niemand in diesen Blättern merkwürdige Vorfälle, sonderbare Schicksale, oder hervorragende Punkte der allgemeinen Geschichte des Vaterlandes zu finden, an welche das Leben der einzelnen sich oft kettet und, von jenen mächtigen Fittichen getragen, der Erinnerung ferner Zeiten zueilt. Mein Leben war höchst einfach, und Gellerts Vers:
— er ward geboren,
Er lebte, nahm ein Weib, und starb ^);
umschreibt im eigentlichsten Sinne den ganzen Kreis-lauf meiner Schicksale'. Diese Armut an jedem hoch-wichtigen Ereignisse, ani jeder bedeutenden äußeren Bewegung ist mir nie lästig oder als eine Ungunst des
Schicksals vorgekommen, vielmehr habe ich von jeher mein wahrstes Glück in der Stetigkeit und Gleich-förmigkeit meiner Verhältnisse gefunden.
Darum auch können diese Blätter nicht leicht durch den Druck bekannt gemacht werden, denn erstens würde die Lesewelt, welche Unterhaltung und Auf-regung sucht, von der Einfachheit der Erzählung er-müdet werden, und zweitens ist es der eigentliche Zweck dieser Schrift, wahr zu sein und meinen näch-sten Geliebten zu zeigen, wie ich das geworden, was ich war, durch welche Einwirkungen, Umgebungen, Belehrungen, Irrtümer und Hindernisse mein Geist und Gemüt die Richtung erhalten haben, die ihnen jetzt eigen ist. Bei diesen Auseinandersetzungen müssen Personen, Bücher, Zeitumstände und vor allem Zeitgeister geschildert und deutlich gemacht werden, von denen aufrichtig und nach gerechter Würdigung zu reden, jetzt nicht mehr erlaubt ist. Ein Büchelchen, das die Zeiten Kaiser Josefs II. und der Begriffe, welche in jenem merkwürdigen Dezennium in Osterreich gang und gäbe geworden sind, mit Wahrheit, wenn auch nicht mit durchgängiger Billigung erwähnen und die Wirkung schildern will, die jene Zeit auf ein junges, lebhaftes Gemüt ausübte, dessen geistige Entwicklung von IG bis 20 Jahren gerade in jene Periode fiel, ein solches Buch darf keine Hoffnung nähren, wie harmlos es übrigens sein möge, jetzt in Österreich gedruckt zu werden. Auch ist mein Selbstbekenntnis zunächst nur für meine Familie bestimmt. Sollten bis zu meinem Tode die Umstände im Vaterlande sich ändern und wieder einige Gedanken und Preßfreiheit bis dahin in Österreich möghch sein, so steht es der Willkür meiner hinterlassenen Lieben frei, welchen Gebrauch
sie von dieser Arbeit machen wollen, die ihnen gewid-met ist^).
Noch eine Absicht habe ich mit dieser Wiederholung meines Lebens. Sie soll mir, und wenn sie andere lesen, auch diesen dienen, den Gang zu beobachten, welchen die göttliche Gnade mit einem irrenden Ge-schöpf genommen, um es durch unmerkliche und un-zuberechnende Einwirkungen und Erleuchtungen all-mählich von den Pfaden der Welt und des beginnenden Unglaubens zum Heil zurückzuführen. Je mehr ich diesen Fügungen nachsinne, je mehr erfüllen sie mich mit-D.ank gegen Gott und mit Verwunderung, wie ein schwacher Glaubensfunke sich inmitten einer ganz irre-ligiösen Zeit und Umgebung in mir erhalten, nach und nach an geringen und scheinbar zufälligen Ereig-nissen verstärken, entzünden, und allmählich zü^inem wohltätigen Lichte erweitern konnte, welches nicht allein mein Inneres jetzt beglückend erleuchtet, son-dern mit Gottes Hilfe auch den Rest meines Lebens-weges erhellen und mir das dunkle Tal des Todes minder furchtbar machen soll.
Wenn je eine Art von
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