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Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]

Titel: Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 1769-1843 Caroline Pichler , 1881-1925 Emil Karl Blümml
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lebhaftesten Sorge für die Gesundheit und das Leben der hohen Frau. Erst gegen Morgen, nach einer Aderlaß, welche der Arzt verordnete, brach ihr tiefer, großer Schmerz in erleichternde Tränen aus. — Eine ihrer ersten Handlungen aber war, meiner Mutter zu befehlen, daß sie ihr die Haare abschneide. — Von diesem Augenblicke an, als ihr Gemahl sich ihrer, trotz ihres reiferen Alters, noch immer großen Schönheit nicht mehr erfreuen konnte, freute auch sie sich ihrer Gestalt nicht mehr. Sie legte allen bunten Putz und alles Geschmeide ab, teilte ihre Garderobe unter ihre Frauen, ließ ihr Schlafzimmer mit grauer Seide aus-schlagen, ihr einsames Lager mit grauen Vorhängen umgeben und zeigte so auch in ihrem Äußern, daß das Leben und die Welt für sie ihren Reiz verloren haben ^'O-An jedem i8. des Augusts, dem Todestage ihres Gatten, besuchte sie seine Grabstätte^^), schloß sich dann in ihr Zimmer ein, beichtete, fastete und brachte den Tag in schmerzlichen Erinnerunge;a und frommen Gebeten zu. Rührend ist das GrabmVl, welches sie ihrem Gemahl nach seinem Tode und sich selbst im voraus in der kaiser-hchen Gruft bei den Kapuzinern errichten ließ, und wo sie mit dem ersten und einzigen Gegenstand ihrer Liebe, auf einer Art von Paradebette ruhend, vorgestellt ist^^). Die Wahrheit solcher Gefühle, welche allein ihren Wert ausmacht, zeigt sich am siegreichsten und überzeugend-sten vor den nächsten und beständigen Umgebungen. Sind diese von der Wirklichkeit und Tiefe des Schmerzes überzeugt, so ist wohl kaum mehr daran zu zweifeln.
    So steht Maria Theresia, welche als Regentin einen der ersten Plätze in der Reihe der großen Monarchen einnimmt, als Frau nicht miftder groß und erhaben vor uns. Schön, wie wenige ihres Geschlechts, Erbin großer Staaten, liebenswürdige Frau, mit tausend Talenten, unter andern auch mit einer wunderlieb-lichen Stimme begabt, die sie im Gesänge oft zur Freude des Hofes hören ließ*") — und dem ersten und einzigen Gegenstand ihrer jugendlichen Zärtlichkeit treu bis in den Tod. — Es war mir auch eine sehr werte und erfreuliche Erscheinung, diese Regentin von der Feder einer weiblichen und liebevollen Hand, der Mistreß Jameson^^) in ihrem Buche: The Female Sovereigns, ganz nach ihrem wahren Wert erkannt und geschildert zu sehen, so daß sich ihr Bild weit über Katharina H. und sogar über Elisabeth von England erhebt.
    Diese Treue und Liebe wird noch herrlicher, wenn man weiß, daß die erste bei weitem nicht in dem Maß vergolten wurde, in welchem sie es verdient hätte. Kaiser Franz hatte verschiedene Liebschaften, die man teils kannte, teils nicht. — Seine Gemahlin wußte wohl darum, sie zog die eine davon an ihren Spieltisch; — sie litt dadurch, aber sie liebte den Wankelmütigen nichtsdestoweniger mit gleicher Glut bis an seinen Tod*2). Ein Wort, das sie einst zu meiner Mutter sprach, mag wohl aus der tiefen, Innern Überzeugung entstanden sein, daß ihres Gemahls Standpunkt und Verhältnis zu ihr und seinen Staaten nicht das eigent-lich rechte und vielleicht die Quelle manches Miß-tones zwischen ihnen war. ,,Laß dich warnen," sagte sie einst, ,,und heirate ja nie einen Mann, der nichts zu tun hat"«).
    War, es, daß die Haare der Monarchin den Manen ihres Gemahls ^und ihrem Schmerz^ zum Opfer ge-fallen waren und ihre Toilette nicht mehr so viel Sorg-falt erforderte; war es die eigene Vereinsamung, die ihr Herz für das Traurige eines solchen Geschickes bei andern empfindHcher machte — kurz, noch während des Trauerjahres erhielt meine Mutter die Erlaubnis, mit ihrer Hand zu schalten, und mein Vater erreichte das Ziel seiner heißen und lange genährten Wünsche. Als meine Mutter ihren Bräutigam der Monarchin vorstellte, war diese erstaunt, in meinem Vater einen zwar noch jungen (er zählte 35 Jahre, meine Mutter 26)**), aber sehr gesetzten, einfachen und wahrhaft deutschen Mann zu finden. Ich glaubte immer, äußerte sie hernach zu meiner Mutter, du würdest dir so einen galanten Herrn, einen Chevalier aussuchen. — Demnach gewann dieser einfache Mann späterhin durch seine erkannte RechtHchkeit, seinen Diensteifer und seine vorzüglichen Geistesgaben die ausgezeichnete Huld seiner Monarchin, wovon diese Blätter unzweifel-hafte Proben aufzeigen werden.
    Die Heirat meiner Mutter war also beschlossen und wurde mit aller, damals am Hofe übhchen Feierhch-keit vollzogen. Die Verlöbnisse bestanden damals noch; — jenes meiner Mutter wurde acht Tage vor

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