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Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]

Titel: Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 1769-1843 Caroline Pichler , 1881-1925 Emil Karl Blümml
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und setzte sich dann in der Mitte eines Kabinetts nieder, in welchem Fenster und Türen geöffnet werden mußten, mit nichts als einem Mieder, Rock und Puder-mantel bekleidet, trank Limonade, aß Erdbeeren in Eis gekühlt und ließ sich von meiner Mutter die Haare auskämmen, die so naß waren, daß meine IVJutter mehr als einmal ihre Hände trocknen mußte. Das alles schadete der kräftigen, noch immer blühenden Frau nicht im geringsten, aber es machte auch, daß sie sehr wenig Rücksicht auf Bedürfnisse oder Wünsche solcher Art bei ihrer dienenden Umgebung nahm, und Ab-härtung, Nichtachtung seiner selbst und Unempfind-lichkeit gegen schädliche Einwirkungen, welche sie, die kaiserliche Frau, besaß, bei dem dienenden Per-sonale teils voraussetzte, teils forderte. Und so wie sie, hart gegen sich selbst, jede körperliche Verweich-lichung oder Schwächlichkeit haßte, war ihr auch jede sittliche Schwäche und übergroße Weichheit zuwider. Ihrer eigenen Kraft und so mancher Gelegenheit sich bewußt, wo sie durch diese und durch ihren Mut sich aus gefährlichen Lagen gerissen und schwere Leiden mit Selbstverleugnung getragen hatte, forderte sie Ähn-liches von ihren Umgebungen und mochte kein weiner-liches Wesen und keine zu große Empfindlichkeit um sich leiden.
    So bildete sich im steten Umgang mit dieser wahr-haft großen Frau, von ihrer Zufriedenheit oder ihrem Tadel geleitet, von ihrem Beispiele ermutigt, meiner Mutter von Natur kräftiger Geist und gesunder Kör-per auf eine Weise aus, der sie noch in ihren hohen Jahren zum Gegenstand der allgemeinen Achtung und des Erstaunens für viele machte. Bei einem schlanken.
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    zierlichen Körperbau, von mittelmäßiger Größe, besaß meine Mutter eine ungewöhnliche Fülle von Lebens-kraft und Gesundheit, welche wohl das Erzeugnis einer unverdorbenen Natur, einer abhärtenden Er-ziehung und ihrer eigenen Behutsamkeit und strengen Mäßigkeit war, so daß sie für den Einfluß der Witte-rung, der Zugluft, veränderter oder unverdaulicher Speise ganz und gar unempfindlich war, und bis in ein sehr hohes Alter, ihre Sehkraft ausgenommen, welche gegen das Ende ihres Lebens sehr schwach wurde, alle ihre geistigen und körperlichen Fähig-' keiten unvermindert erhielt.
    Maria Theresia forderte viel von ihren Dienerinnen; doch umgab sie sie dafür auch mit Glanz, Wohlstand und Ansehen, wodurch die einzelnen sich nicht bloß geehrt und nach Maßgabe ihrer Denkart auch beglückt fühlten, sondern wodurch ihnen auch ein Begriff ihrer eigenen Würde eingeflößt wurde, der vielleicht besser als die strengsten Verhaltungsbefehle dazu diente, sie vor fremder Zudringlichkeit und eigener Vernachlässigung zu bewahren. Sie standen unter einer Art von häuslicher, ja mütterlicher Aufsicht, mußten es melden, wenn sie ausgehen wollten und be-merken, wohin; dann wurde ihnen eine Hofequipage zu diesem Behuf angespannt oder irgendeine an-gesehene Frau, die aber dazu eigens bei der Monarchin die Erlaubnis nachsuchen mußte, durfte das Fräu-lein in ihrer eigenen Equipage abholen und mußte sie auch wieder ebenso zurückführen. Auf andere Art oder in einem Fiaker war durchaus den Kammer-dienerinnen nicht erlaubt, auf den Straßen zu erschei-
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    nen. In früherer Zeit wurden sie sogar mit sechs Pferden geführt, späterhin nur mit zweien. In Ge-sellschaften gebührte ihnen der Rang einer Hofrätin, und wenn keine solche gegenwärtig war, nahm das Fräulein vom Hofe vor den übrigen verheirateten Damen den Ehrenplatz auf dem Kanapee ein.
    Ihren Tisch hatten sie vom Hofe, ihre Besolduii"gen waren mäßig, aber die Freigebigkeit der Monarchin, die vielen Teilungen ihrer Garderobe ersetzten ihnen das reichlich, und sie fanden bei Ordnungsliebe und Sparsamkeit stets die Mittel, sehr geschmackvoll und glänzend angezogen zu sein und doch etwas zurück-zulegen. An den Tagen, an welchen sie den Dienst nicht hatten, war es ihnen auch vergönnt, auf ihren Zimmern Bekannte, selbst Männer, nicht bloß vom Hofe, sondern auch aus der Stadt, zu sehen, nur mußte die Kaiserin davon benachrichtigt und dies Personen von unbescholtenem Rufe sein.
    Auf diese Art entspannen sich denn manche Be-kanntschaften, und auch die mit meinem Vater. Es war in der traurigen Zeit des Siebenjährigen Krieges, als Schrecken, Angst und Siegesruhm so oft in Wien und in der kaiserHchen Burg wechselten. Wohl er-innere ich mich noch an ein paar Züge, welche meine Mutter mir aus jener Zeit erzählt hat. Als König

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