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Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]

Titel: Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 1769-1843 Caroline Pichler , 1881-1925 Emil Karl Blümml
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Bedenken, ihre Tochter mit solchen Werken bekannt zu machen, und vor unsern Augen wandelten der lebenden Bei-spiele genug herum, deren regellose Aufführung zu be-kannt war, als daß irgend eine Mutter ihre Töchter in Unwissenheit darüber hätte erhalten können.
    Sehr viele, ja die meisten jungen, hübschen Frauen unter dem ersten und zweiten Adel hatten verliebte Verhältnisse mit andern Männern, oft mit solchen, die ihren eigenen Frauen untreu, aber dabei wohl über-zeugt waren, daß auch diese sich ihrerseits zu entschädi-gen nicht versäumten. Bei vielen war es Sache des Her-zens oder der Eitelkeit, der Mode, wenn man will, bei manchen lag eine niedrigere Absicht zugrunde und man nannte die Summen, für welche jene oder diese ihre Treue, ihre Ehre, ihr Bewußtsein an irgend einen reichen Wollüstling verkauft hatte. Bei manchen Ehen war der eigene Mann verworfen genug um den Handel selbst zu schließen, bei den meisten, wenn auch dies Ärgste nicht geschah, schloß er freiwillig die Augen vor dem Aufwand, der in seinem Hause herrschte und den seine Einkünfte zu beschaffen, nicht imstande waren, den er sich aber wohl gefallen ließ und mit-genoß i^*).
    In andern Ehen, wenn auch die Frauen ihre sittliche Würde behaupteten und ein geregeltes Leben führten, gingen die Männer ihren Abwegen außer dem Hause nach und tyrannisierten im Hause Frau, Kinder und Gesinde, Solche Männer wählten sich daher vorzugs-weise gern sehr beschränkte Frauen, deren Einsicht und Wissen sich nicht weiter als auf Küche und Haushalt erstreckte und diese Ehemänner, die keinen Begriff von haushoher Glück^lrgkeit un;d weibhcher Würde hatten, vielmehr dies alles verachteten und verlachten, wie sie Religion und Sitte verlachten, gehörten mei-stens zum Orden der Freimaurer i^^).
    Ein charakteristisches Merkmal jener Zeit unter Kaiser Josef waren die Bewegungen, welche durch die sogenannten geheimen Gesellscha;ften in der gesel-
    ligen Welt hervorgebracht wurden. Der Orden der Freimaurer trieb sein Wesen mit einer fast lächerhchen Öffenthchkeit und Ostentation. Freimaurerheder wur-den gedruckt, komponiert und allgemein gesungen. Man trug Freimaurerzeichen als joujoux an den Uhren, die Damen empfingen weiße Handschuhe von Lehr-lingen und Gesellen, und mehrere Modeartikel, wie die weißatlassenen Muffe mit dem blauumsäumten Über-schlage, der den Maurerschurz vorstellte, hießen ä la franc-magon. Viele Männer ließen sich aus Neugier aufnehmen, traten dann, wenn der frere terrible nicht gar zu arg mit ihnen umsprang, in den Orden, und ge-nossen wenigstens die Freuden der Tafellogen. An-dere hatten andere Absichten. Es war damals nicht un-nützlich, zu dieser Bruderschaft zu gehören, welche in allen Kollegien Mitglieder hatte, und überall den Vor-steher, Präsidenten, Gouverneur in ihren Schoß zu ziehen verstanden hatte. Da half denn ein Bruder dem andern; und wie man von dem würdig geheimnisvollen Orden der Pythagoräer erzählt, ging es hier auf unwür-digere und minder geheime Weise. Die Bruderschaft unterstützte sich überall; wer nicht dazu gehörte, fand oft Hindernisse, und dies lockte viele. Wieder andere, die ehrlicher oder beschränkter waren, suchten mit gläubigem Sinn höhere Geheimnisse, und glaubten Auf-schlüsse über geheime Wissenschaften, über den Stein der Weisen, über Umgang mit Geistern in dem Orden zu erhalten. Da gab es allerlei Arten und Abteilungen der Maurerei — Rosenkreuzer, Templer, Schottische Maurer usw., endlich sogar die Illuminaten, und es ward damit in den letzten Jahren der Regierung Kaiser Josefs großer Spektakel und wohl auch großer Unfug getrieben. Indessen wäre es undankbar, nicht
    auch das wenige Gute, das diesem an sich trüben Quell entfloß, zu erwähnen. Wohltätig waren die Freimaurer gewiß^^^). In ihren Versammlungen wurden sehr oft Kollekten für Arme oder Verunglückte gemacht; und Prinz Leopold von Braunschweig, der bei einer Wasser-not, als er den Bedrängten mit Lebensgefahr Hilfe brachte, selbst den Tod fand, war ein glänzendes Bei-spiel, mit dem der Orden sich sehr brüstete'-^®).
    Diese einzelnen Züge, welche die Zeit bezeichnen, wie sie damals war, werden dem Leser zeigen, daß, so rege auch das geistige Leben war, so viele Fortschritte die Bildung und Aufklärung damals machte, doch auch manches anders und leicht besser hätte sein können und wenn unsere jetzige Zeit nichts vor derselben vor-aus hätte als eine größere Beobachtung des äußern

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