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Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]

Titel: Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 1769-1843 Caroline Pichler , 1881-1925 Emil Karl Blümml
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An-standes, so wäre dies schon dankenswert. Aber sie hat unstreitig noch manchen andern Vorzug. Wer lange genug gelebt hat, um Vergleichungen mit unpar-teiischen Augen anstellen zu können, wird gestehen müssen, daß das häusliche Leben, die ehelichen Ver-hältnisse, die Kinderzucht, die Stellung der Kleinen gegen die Eltern viel besser und zweckmäßiger, sowie überhaupt der ganze gesellschaftliche Ton feiner und geschliffener ist, und selbst aus den untern Ständen und aus ihrem Umgange sich das allzu Rohe und Derbe ver-loren hat. Wohl hat die viel weiter verbreitete Bil-dung dies letztere bewirkt, und auch an den ersten Ver-besserungen ist ihr Anteil nicht zu verkennen. Indessen glaube ich doch, daß das Beispiel nicht bloß unseres, sondern der meisten europäischen Höfe, wo das Mai-tressenleben und die arge Zügellosigkeit des achtzehnten Jahrhunderts verschwunden sind, viel zu der Beobach-tung wenigstens des äußern Anstandes beigetragen hat.
    In jener Zeit hatte denn auch die Gärung in den poHtischen Ideen ihren höchsten Punkt erreicht. Die Revolution brach in Paris aus. Ihre Vorboten hatten sich schon früher in Lyon gezeigt, und eine achtbare Famihe, deren Haupt, Baron Geramb, eigentlich aus Ungarn stammte, und sich in Lyon, wo er geheiratet, niedergelassen hatte, war schon seit langer Zeit, unter dem Vorwand einer großen Reise, mit seiner Familie aus Frankreich weggezogen, um sich nach Osterreich zu retten, wo seine Kinder und Enkel noch jetzt ge-achtet und in Ansehen leben; der älteste Sohn aber, welcher der berühmte Trappistengeneral geworden, sich in Rom aufhält ^^'').

Auch bei uns in Österreich machten sich diese gei-stigen Erschütterungen und Umstaltungen fühlbar. Vieles gärte und glimmte im Verborgenen, und Oppo-sitionen, Reaktionen gegen das Bestehende, immer stärkerer Tadel der Maßregeln und Anordnungen des Monarchen sprachen sich überall laut aus. Während dieser unruhigen Stimmung hatte der Türkenkrieg in Ungarn mit sehr wechselndem Glücke fortgedauert. Kaiser Josef hatte ihn, wie man damals erzählte, aus einer Art von ritterlicher Galanterie gegen die geist-volle Herrscherin im Norden angefangen, der er vorher einen Besuch in ihrem Reiche abgestattet hatte, von welchem uns die Memoiren des Fürsten von Ligne und des Grafen von Segur d. Ä. interessante Notizen lie-fern ^^^. Er liebte den Soldatenstand, er trug stets die Uniform seines Regiments, und er wollte vielleicht in diesem Kriege, in welchem er einen untergeordneten Gegner und keinen Friedrich IL mit seinen Preußen vor sich hatte, seine militärischen Kenntnisse zeigen und auch diesen Lorbeer in seine Kronen flechten.
    •^-.-^, ^^

    Karoline v. Greiner Jugendbildnis — Quirin Mark, del et sc.
    Dr. August Heymann, Wien

    Aber der Erfolg entsprach keineswegs diesen stolzen Erwartungen. Schlachten wurden verloren, die Ein-schließung der festen Plätze mißlang, verderbliche Rückzüge schwächten das Heer, von dem ohnedies ein großer Teil, durch das ungesunde Klima erkrankt, in den Spitälern zugrunde gegangen war. Kurz, der Feld-zug von 1788 unter des Kaisers und Feldmarschalls Lascy^^^) Führung war ein durchaus mißglückter. Der Monarch kehrte im Winter nach Wien zurück und brachte leider einen Keim des Übels mit sich, das seinem Leben ein paar Jahre darauf, viel zu früh für seine Staaten und seine Entwürfe, ein Ende machte. Im Frühling 1789 ging Loudon^oo) ins Feld; — das Glück, der Sieg folgten überall seinen Spuren, und nach verschiedenen großen Vorteilen und ^ Eroberungen, welche diesen Feldzug bezeichneten, krönten, ihn am Schlüsse die Einnahme von Belgrad durch Loudoh^*^^) und der Sieg bei Martinjestie unter Prinz Koburg^^^). Fünfzig Jahre war Belgrad für Österreich verloren gewesen, London hatte es wieder erobert, und der Tag, an welchem der Kurier mit der Siegesnachricht ein-ritt (12. Oktober 1789), wird allen Wienern, die Zeu-gen dieses freudigen Ereignisses waren, unvergeßlich bleiben 203).
    Es war ein schöner, heiterer Herbstmorgen. Wien hatte sich auf die Straßen, an die Fenster ergossen, von denen man den ankommenden Siegesboten — Ge-neral Klebeck, einen Verwandten des großen Türken-besiegers — sehen konnte. Ich war wie natürlich auch an einem unserer Fenster, w^elche in die Kärnthner-straße, durch die er kommen mußte, gingen. Mein Herz schlug hoch; — kriegerischer Ruhm und der Glanz meines Vaterlandes hatten von jeher begeisternd
    auf mich gewirkt, jetzt vielleicht,

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