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Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]

Titel: Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 1769-1843 Caroline Pichler , 1881-1925 Emil Karl Blümml
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sehr gewöhn-liche Unterhaltung) bei uns zu geben, bekannt wurde, fand und sammelte sich bald ein sehr ansehnliches und in einigen Mitgliedern bedeutendes Personal um uns. Ein Herr von Kirchstettern^^^) gab die Rollen, welche man 8—lo Jahre vorher von dem großen Schröder hatte spielen sehen, mit einer für einen Dilettanten bewundernswürdigen Kunst und Kraft. An einem Herrn Eberl^^^), einem sehr artigen und gebildeten Mann, besaß unsere Truppe einen ersten Liebhaber, der dies schwere Fach auf, und auch wohl aiißer der Bühne mit seltenem Glücke übernahm, und dem eine
    auffallende Ähnlichkeit mit dem berühmten Schau-spieler Lange, der eben dies Rollenfach auf dem Hof-theater inne hatte, sehr zustatten kam. Wie Lange schmächtig, blond, zierlich und voll Anstand, hatte er auch die Ähnlichkeit mit ihm, daß seine im Grunde gar nicht hübschen Züge auf dem Theater und mit der Schminke beinahe schön erschienen. Überdies erbot sich der vieljährige, treue Freund meiner Eltern, Herr von Alxinger, mit Vergnügen zur Teilnahme an un-serm Projekte, und übernahm, nebst einer Art von Di-rektion, jene Rollen, die damals die Brockmannschen von diesem Schauspieler genannt wurden, junge Ehe-männer, launigte Charaktere, auch einige komische oder Charakterrollen, und führte sie, wenn es nur keinen Anstand oder tiefere Empfindung bedurfte, sehr gut aus^^^). Mein Bruder übernahm das Fach der komischen Bedienten, zweiten Liebhaber usw. Andere hübsche, junge Mädchen fanden sich zu zärtlichen oder ernsten Rollen, mein Fach war das der muntern jugendlichen Charaktere, schnippischer oder koketter Mädchen, wohl auch der Soubretten. Etwas Zärtliches oder Rührendes brachte ich durchaus nicht aus meinem Innern heraus; in jenen Rollen aber gefiel ich, und un-sere ganze Truppe erwarb sich Beifall.
    Ein Zyklus von geselligen Freuden bildete sich nun in unserm vielbesuchten Hause. Wenn wir vom Lande (einem hübschen Gartenhaus, das meine Eltern in der Nähe besaßen) im Herbst nach der Stadt zogen, wurde gleich das Theater aufgeschlagen und einige Stücke ge-geben: Minna von Barnhelm, die falschen Vertraulich-keiten, Maske für Maske, die unversehene Wette, der seltene Freier, die Glücksritter nebst vielen andern^^^). Wie der Advent heran kam, mußte das Theater fort,

    E. Henne sc. — k. k. Fidei-Commiß-Bibliothek, Wien
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    und die wöchentlichen Quartetten begannen, bei wel-chen ich jederzeit spielen mußte, und die von einer sehr zahlreichen und glänzenden Gesellschaft besucht wurden, nicht weil sie so vorzüglich waren, sondern weil es Mode war, unser Haus zu besuchen. Dann folg-ten im Fasching ebenso wöchentliche Picknicks, an de-nen aber nur, eben des Raumes wegen, ein kleiner, ge-wählter Kreis von bessern Bekannten Anteil nahm, und an deren zwanglose und lebhafte Freuden sich jetzt noch, nach viel mehr als dreißig Jahren, die wenigen Teilnehmer, die diesen Zeitraum überlebt haben, mit Vergnügen erinnern. Nach dem Fasching begannen die Quartetten abermals, und nach Ostern wurde das Theater aufgerichtet und die Komödien nahmen ihren Gang, bis wir aufs Land zogen, und einen Sommer spielten wir sogar in unserer Gartenwohnung, bis die Hitze dem Spaße ein Ende machte.
    Mein Geist und meine ganze Denkart hatten sich unter dem Einflüsse eines zerstreuten, vielbewegten Lebens und der allgemeinen Richtung des Zeitgeistes diesem in manchen Stücken gemäß, in manchen zu-wider ausgebildet. In meinem Innern hatte sich ein tiefer Grund von Religiosität erhalten, der den Einwirkungen freigeistischer oder sogenannter philo-sophischer Schriften widerstrebte. Dennoch ver-mochte mein Verstand nicht, den Behauptungen, Schlüssen und Spöttereien jener Schriften ganz zu widerstehen. Sie machten unwillkürlich Eindruck auf meinen Geist, und wenn hier der Witz, mit dem irgend-ein wirklicher Mißbrauch oder ein Aberglauben ver-spottet wurde, mich unterhielt, indem er mich ärgerte,
    so war ich nicht immer, ja leider nur selten imstande, das Sophistische, Seichte oder Falsche in dem gegen die Lehren des Christentums und dessen eigentliche Wesenheit gerichteten Angriffe ernsterer Bücher dieser Art zu erkennen und dadurch ^unschädlich für meine Überzeugung zu machen. Tief im Innersten erschüt-terte und empörte mich Schillers „Resignation"; aber ich wußte ihr nichts entgegen zu setzen, als mein Gefühl, daß dem nicht so sei, wie er behauptete2^®); Gar viele, und gewiß sehr gefährliche Bücher fielen in meine Hände,

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