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Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben

Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben

Titel: Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eckhard Henscheid
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hinausgekommen. Er sollte, in der Folge eines Kurzurlaubs 1983, im Nietzsche-Örtchen Sils Maria hoch droben im Engadin sich zutragen, in der dortigen Hotelpension »Chasté«, ermordet werden sollte die eindrucksvoll hochgewachsene blindeseherinhafte Hotelbesitzerin, der Hauptverdacht fiele auf die reichlich dicke, matronenwuchtige, äußerst zweischneidig sich führende und offenbar sehr geldgierige Hausdame, die ewige Zurückgesetzte und Verliererin, die da im Verein mit Nebenverdächtigen, etlichen schweizerischen und österreichischen Edelwanderern und Pseudonietzscheanern, bis hin zum Krimierzähler und seiner ehrgeizigen und also auch nicht ganz unverdächtigen Ehefrau Regina in diesem etwas sehr unheimlichen Betrieb, in dem einst, dem Gästebuch nach zu schließen, auch mehrere Selbstmörder von Paul Celan-Antschel bis zu Peter Szondi aufhältig gewesen waren und dort ja wohl schon gleichfalls usw. – Nichts wurde niedergeschrieben. Verwunderlich aber, daß die Pension Chasté in einem etwas späteren und recht komplexen Roman von Adolf Muschg, »Sutters Glück«, eine kleine und gleichfalls kriminahe Rolle spielt. Der Autor Muschg schien 2001 bei meiner Mitteilung dieses Zusammenhangs durchaus nachdenklich zu werden und ist es werweiß heute noch.
    Warum aber auch aus diesem Buch nichts wurde? Aus Faulheit vielleicht nicht einmal. Fast nehme ich an, daß mir damals gleichzeitig die Einsicht dämmerte, Ambler oder Highsmith und vor allem Margaret Millar könnten das doch besser.
    Sie sind halt auch einfach naturhaft blutrünstiger.
    *
    Im Spätherbst 1995 muß es gewesen sein, da betitelte mich, im Zusammenhang der Dignität von Parodien, der immer noch und allüberall meist sogenannte Literaturkritiker M. Reich-Ranicki, anstatt dankbar für meine schöne »Herrmann Burrrger«-Fastrealsatire von 1985 zu sein, als einen »Idioten, dessen Namen ich nicht nennen möchte«.
    Das war ein bißchen feig; etwas gar sichtbar feig hüllte sich Reich-R. in seinen Wintermantel, als er mir bald darauf samt seiner Frau beim Schneespaziergang am Niddaufer über den Weg lief; nachdem ich ihm, meinem Frankfurter Nachbarn, zwischenzeitlich für den Wiederholungsfall brieflich gerichtliche Schritte angedroht hatte oder ihm angeboten, ihn »wahlweise zu verhauen«.
    Ich will das später alles noch etwas genauer und umfänglicher darstellen und entfalten, der wohlgelungene Brief ist komplett auch im Lesebuch »Über Manches« sowie in der Werkausgabe, Abteilung »Literaturkritik«, enthalten.
    Schon in den Jahren vorher, ab 1987, war es beinahe zu einer Art kuriosen Nachbarschaftskameradschaft mit diesem meinem langgedienten Leibfeind gekommen, eine unio mystica, die der altbewährte Ganove bestimmt nur anzuzetteln getrachtet hatte mit dem abgefeimten Ansinnen, mich derart stramm hereinzulegen. Indem er beizeiten und nach Gelegenheit den Spieß einfach umdrehte und mir, der ihn zeitlebens tapfer bekämpft und gewürgt, elende Ranschleimerei nachredete. Nein, dieser Kelch von Freundschaft ging dann gottseidank an mir vorüber.
    Bereits um 1990 erzählte R.-Ranicki jedem, der es vielleicht gar nicht wissen wollte, mit einem gewissen Stolz, das letzte Wort Bölls an ihn sei ein ins Ohr geflüstertes »Arschloch!« gewesen. Das läßt sich kaum nachbessern. Höchstens mit den bedachten Worten von Max Frisch (zitiert nach Magenaus Walser-Biografie, S. 407) sanktionieren, ja kanonisieren: »Herr Reich-Ranickï, Sie sind ein Arschloch!«
    Und dies Wort kann man doppelt lassen stan.
    So rundet sich am Ende alles und jedes gegen Null hin, das »Arschige« (Goethe) der Zeit sowie aller Dinge festzuschreiben. Fast aller.
    *
    Daß der vorerwähnte sog. Kritiker damals, nachdem er mich zum »Idioten« ernannt hatte, mitten auf einem kleinen gemeinsamen Spaziergang in der Grillparzer-Presberstraße mich dahin anging, er könne »nur dann etwas für Sie tun, wenn Sie mich nicht dauernd als den dümmsten deutschen Kritiker bezeichnen«, dies sei ergänzend und der Ordnung halber festgehalten.
    Übrigens reagierte ich nach meiner Erinnerung auf diese gewissermaßen »Überfallfrage« (F.J. Strauß, 1971) zwar längst gegen sie gefeit, aber nur halbwegs heroisch. Sondern redete mich erst mal etwas kleinmütig drauf raus, meiner Meinung hätte ich ihn immer bloß als den »lautesten Kritiker« bezeichnet.
    Erst als Reich-Ranicki darauf bestand: »nicht nur der lauteste, auch der dümmste« hätte ich gesagt, erst da gab ich ein bißchen

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