Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben
Gegendarstellungssermon Unselds aus der Feder seines Kofferträgers Raim. Fellinger, vorgesehen zuerst und allzu unsinnig für die Frankfurter Rundschau, dann nach einigem Gerumpel doch auf der zweiten Feuilletonseite der FAZ placiert, entlarvte mich zügig als jenen Banausen und Geistfeind, den Hegel und Karl Kraus einst vorausgeahnt – bitter für mich, der sich bis dahin als einen sowohl Hegel-Kenner als auch Kraus-Erben erachtet hatte. Bei der FAZ soll man, laut Journal Frankfurt, ›Spaß mit Suhrkamp‹, glatt ›göttlich‹ gefunden haben. Der Suhrkamp Verlag selber? Aus ihm hörte man läuten, daß sich pro- und contra-Resonanzen ziemlich genau pari verhalten hätten, aber mindestens.
Andere, noch unverhofftere Resonanz und Post bzw. Faxkultur kam z.B. aus Marburg. In einem (damals ganz neuartig-chicen) Fax-Info-Brief-Mix an die Frankfurter Redaktionsleitung ließ es sich der Leiter der Klinik für Psychotherapie, Prof. Dr. M. Pohlen, im Namen seines ›Zentrums für Nervenheilkunde‹ nicht nehmen, sondern dahingehend vernehmen, ich, der Urheber der Antisuhrkamp-Kultur, gehörte als Wiederauflage des von ihm, Pohlen, eigentlich überwunden geglaubten ›Wörterbuchs des Ungeists‹ (sic) sowohl als auch des Prinzips des ›Faschistoiden‹ stracks aus dem Verkehr gezogen; und als der zuständige FAZ -Herausgeber Fest sich weigerte, den Fax-Brief in der geforderten vollen Länge zu drucken, bot Pohlen gegen ihn nun auch noch brieflich inständig auf bzw. rief tatsächlich als Schützenhilfe zu den Waffen, was er wohl für den für Germanien zuständigen Geist hält; nämlich, als hätte er mir als Satiriker draufhelfen wollen, nun wiederum keine anderen als Habermas, Reich-Ranicki und eben, logisch, Unseld. Erst im Frühjahr 1993 gab Pohlen, von Fest mehrfach brieflich in die Schranken gewiesen, ›mit der gebotenen Höflichkeit‹ wieder nach und allmählich eine Ruh. Für mich bleibend aber bis heute mein besorgter Gesamteindruck, wie er mir damals wirklich eiseskalt ans beklommene Herz griff: daß ich einem solch pathischen Psychotherapeuten als Patient ungern in die Finger gefallen wäre.«
Ergänzend und präzisierend (denn die Einzelheiten gefallen sehr) sei hier, fünf Jahre nach diesen Zeilen und fast zwanzig nach ihren Auslösern, noch mitgeteilt, daß dieser Fax-Brief am 7.9.1992 der Redaktion zugestellt wurde, versehen mit den Kürzeln »Prof. Poh-We«, unterzeichnet aber mit »Prof. Dr. M. Pohlen, Dr. M. Bautz-Holzherr«, und vorgetragen wurde die Klage natürlich nicht mir, dem Verursacher, sondern gerichtet war er schön autoritär mitten zu linken Uni-Hochkonjunkturzeiten »an die Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung«; die aber nicht recht spurten und nicht den Brief noch gleichen Tags dem Setzer weiterreichten; sondern wenige Tage später hatten die beiden Absender, die nun auf die genaueren Namen »Prof. Manfred Pohlen« und »Dr. Margarethe Bautz-Holzherr« hörten, Grund zur Fortsetzung der Korrespondenz, inzwischen nur mehr mit »Joachim Fest, Herausgeber« – und weil aber der erste (Fax) Brief im glanzvollen Ganzen wie im gleißenden Detail ein ganz glorreiches Prachtbeispiel für das ist, was ab da und viel später als Political Correctness aber noch viel gewaltiger wüten sollte, sei er doch hier verdientermaßen nochmals in voller Länge wiedergegeben; versehen mit allen Syntax- und Grammatik- und Interpunktionsdilemmata:
»›Spaß mit Suhrkamp‹: Die Sprache des Ungeistes oder von entsetzlicher Unkultur im Feuilleton der FAZ «
– und, ohne Anrede:
»Das ›Wörterbuch des Ungeistes‹ erschien kurz nach 1945 als Reflex auf die totalitäre Nivellierung und Aushöhlung der deutschen Sprache durch die Nationalsozialisten. Daß dieser Ungeist jetzt eine Stimme in der FAZ bekommen hat, dafür haben die Herausgeber und die Redaktion Rede und Antwort zu stehen.
›Spaß mit Suhrkamp‹, angekündigt auf der Titelseite der FAZ vom 02.09.1992 als ›Spaß an der Moderne‹, in der der ›Weltgeist‹ als Machwerk der Suhrkampkultur erscheint, die sein Fortsetzungsroman sein soll, ist eine entsetzliche Denunziation des Geistes: eine haßgetriebene Verfolgung, eine Geistfeindschaft, wie sie Erinnerungen weckt an die Verlautbarungen des ›gesunden Volksempfindens‹ einer Zeit, in der unter diesem Namen die ganze Vernichtungswut bornierter Kleinbürger gegen alles Geistige, ihm Fremde sich austobte, von den Bücherverbrennungen bis zur Liquidierung alles
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