Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben
nicht mitbekommen.
Auch: Keine Frauen ins Bett gedichtet
Niemals rilkehaft abgesahnt
Freilich: Die also Verschonten
Haben ihr Glück nicht einmal geahnt.
Dann: Ziemlich viel Geld ausgeschlagen
Nicht peanuts – wirklich Summen
Hätte das vielleicht bekanntmachen sollen (…)
(Weiche Ziele, 1994)
Neinnein. Bzw. doch, Robert Gernhardt, wir haben’s schon mitbekommen. Wenigstens geahnt. Allermindestens gehofft. Wir wissen es zu würdigen – auch wenn bei Dir zu Recht die Betonung auf »manchmal« liegt. Anders als, bei dieser schönen Gelegenheit, bei mir, wo es heißen muß: »fast immer«.
Daß Du nun aber die späte und halbwegs elegante Gelegenheit abgewartet, ja weidlich abgelauert hast, von Deiner kleinen bis mittleren Verweigerung erst via Gedicht und nicht schon am Stammtisch Mitteilung zu machen, das bringt mich wiederum auf die nicht minder schöne und aber gleichfalls heikle Problemlösung, all dies hier kommentierend noch offener zu legen; um so den ja schon zermürbend kniffligen Zirkel zu schließen.
*
Die allfällige Frage nach dem Überleben des oder der Fittesten auch und zumal im eigenen poetisch-literarischen Genre der Vergangenheit und Gegenwart wird weniger von den Wissenschaftlern und sonstigen Evolutionssoziologen als vielmehr nicht gar zu selten von den causa pecuniae et gloriae Eigenbetroffenen nur allzu gern gestellt; meist in der einigermaßen bekümmerten Version, warum sie es gerade nicht sind, nämlich die Fittesten.
Leider werden dabei, vor der ragenden Gesamtfrage, die Voraussetzungen nur immer noch diffuser, von Tag zu Tag trüber und rechtschaffen trübsinniger. Das muß nicht wundernehmen vor dem Hintergrund, daß ja sowieso alles Leben und in Sonderheit die Kultur darinnen ganz offenbarlich insgesamt und mit Stumpf und Stiel entropisch aus dem Leim geht, und mit ihm auch harmvoll der Gesamtbestand der Kausalitäten. In meinem höchsteigenen Fall liegen die Dinge, schon um wie gewohnt notorisch das dümmliche Hauptschema zu unterlaufen, ganz offenbar so, daß meine Bücher, zumal in den siebziger Jahren, in der Blütezeit der Romantrilogie, eben deshalb zu den fittest-überlebensstärksten und aktuell auch auflagengewappeltsten zählten; obwohl diese Romane dafür eigentlich viel zu gut, viel zu diffizil waren, zu artifiziell auftraten. Ärgerlich. Eine echte Ränke, eine Ranküne der Kausalität wider die Empirie ihrer selbst.
Nicht sei hier allerdings über Gebühr gehadert. Denn offenbar noch weit außerhalb meiner sind auch andererseits bei den prima vista fittesten Autoren die fittesten Bücher keineswegs ihre stärksten, ihre kurz-, mittel- und langfristig überlebenskräftigsten. Bei den älteren sind die Gründe hierfür heute evident schon auch nicht mehr nachzuweisen und auszutüfteln, da spielt, ähnlich wie beim sogenannten Kanzlerbonus, der Codex des bereits Kanonisierten eo ipso und ex idiotia die Hauptrolle. Die Rolle des Verlags- und/oder Publikationszufalls ist dagegen bei wiederum den neueren Fitheiten kaum zu entschlüsseln oder gar säuberlich auseinanderzuklamüsern – anderes, noch Gravierenderes und noch Geheimnisvolleres tritt hinzu, ein Faktor X, dazu verdammt, ewig Faktor X zu bleiben. Warum also z.B. bei »Freund Hein« (Do. Sölle) Böll ein durchaus passabler Roman wie »Ende einer Dienstfahrt« stante pede, ja noch in statu nascendi in Vergessenheit versinkt, während vorher ein (aber mindestens!) dreifacher Stuß wie »Und sagte kein einziges Wort«, »Haus ohne Hüter« und »Das Brot der frühen Jahre« zur Freude des Sohnes René Böll sich für Jahrzehnte, wenn schon, so steht zu hoffen, nicht ganz für Jahrhunderte als tüchtig erweist (und bis tausend kann René eh noch nicht zählen): Manches erklärt sich bei H. Böll durch die offensichtlich blendend, fast genial gewählten Buchtitel, die in ihrer besonderen Nachkriegsedelkitschmelangenauratik vielfach redensartlich und vor allem für den Journaillebetrieb phrasenbildend hilfreich geworden sind; und wohl 51–67 Prozent (manche Gewährsleute schätzen sogar 76 Prozent) den ungeachtet aller Ungelesenheit dieser Bücher wunderbaren Selektionserfolg ausmachen oder partiell begründen helfen; ehe jene eines schönen und vielleicht schon nahen Tags dann doch noch klanglos in den Orkus donnernd zu verschwinden klaglos bestimmt sind. Klaglos jedenfalls von unserer Seite.
Wieder anders verhält es sich bei Martin Walser. Da ist sein zweitdickster Roman, »Lebenslauf der Liebe«,
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